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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Ihnen am Donnerstag recht sein, Herr Tavares?« wandte sie sich an den Brasilianer, der mit bittend fragenden Augen versucht hatte, der Verhandlung, von der er nur Bruchteile erhaschte, zu folgen. »Ich nicht haben versteht.« Er sah fragend von Frau Braun zu ihrer Enkelin. »Je veux donner des lecons de musique ä votre soeur.« Jetzt nahm Ursel selbst ihre Zuflucht zur französischen Verständigung.
    »Na, nu fängt die ooch noch an, brasilianisch zu quatschen, was unser Urselchen is«, legte da die Hanne los. »Wat zuville is, is zuville. Mit de Musike, da bin ich jar nich vor, Urselchen. Das überleg dir jefällig noch mal mit deine Herrn Eltern. Du bist Tippfräulein und keene Klaviermamsell nich.«
    Der Warnungsruf der treuen Hanne hatte auf Ursel gerade die entgegengesetzte Wirkung. Die junge Dame warf eigenwillig das Köpfchen zurück, und ihr Schwanken war im Augenblick entschieden. Sie reichte Margarida Tavares die Hand.
    »Je veux venir jeudi de six ä sept heures ä la lecon de musique.« Ihr Französisch hörte sich ungefähr so an, als wenn jemand Holz hackte.
    »Oh, je suis enchantee!« Ursel bedauerte lebhaft, daß sie sich auf das französische Glatteis gewagt hatte. Denn die junge Dame überschüttete sie mit ihren begeisterten Dankesbezeigungen.
    »In der Musikstunde wird aber deutsch gesprochen«, unterbrach Ursel das ihr ziemlich unbehagliche Französisch.
    »Oh, serr gutt, wir nehmen aussi lecon deutsch bei Sie. Wir werden sein Schüler serr brav.« Milton Tavares machte dazu ein reizendes Kleinjungengesicht. »Ich aber werde eine sehr strenge Lehrerin sein.« Im Nu hatte Ursel Großmamas große Hornbrille auf der Nase und legte das Gesicht in würdige Falten.
    Jetzt lachten die andern. Nur Hanne knurrte: »Die reinen Jören - und von's Berappen reden se ieberhaupt nich. Das is Nebensache.«
    Die Brasilianer schienen sich in der übermütigen, jugendlichen Gesellschaft recht wohl zu fühlen. Sie dachten nicht daran, ihre Zimmer aufzusuchen. Obwohl die Großmama ihr Urselchen recht gern noch ein wenig für sich genossen hätte, tat es ihr leid, dem munteren Beieinander der Jugend ein Ende zu machen. Die jungen Menschen unterhielten sich, so gut es ging, und wenn es nicht ging, was öfters der Fall war, wurde die mangelnde Verständigung durch Lachen ersetzt.
    Hanne war weniger zartfühlend als Frau Braun. »Urselchen, Kind, bleibste zu's Abendbrot da?« erkundigte sie sich.
    Eigentlich hatte Ursel die größte Lust dazu. Aber nein, es würde nicht gehen. Sie war heute den ganzen Tag fortgewesen. Die Eltern wollten schließlich doch auch noch etwas von ihrer Tochter haben.
    »Na, denn könntest du dir aber auch 'n bißchen mehr um deine Frau Omama kümmern und dir nich bloß in einsweg mit die Brasilianer abjeben«, begann Hanne ihrem Ingrimm Luft zu machen.
    Das war Wasser auf Ursels Mühle. So erreichte man nichts bei dem Heißsporn. »Ich weiß, was ich zu tun habe, Hanne«, sagte sie abweisend. Trotzdem fühlte sie, daß Hanne im Grunde recht hatte, daß sie sich wirklich mehr der Großmama, der ihr Besuch doch in erster Linie galt, hätte widmen müssen. Den Fremden gegenüber war ihr Hannes Abkanzlung doppelt unangenehm. Wenn sie hoffentlich auch nicht alles verstanden hatten, daß der Ton eine Zurechtweisung in sich barg, hörte man doch heraus. Milton Tavares meinte bedauernd: »Oh, Madame Hanne, ist Sie zornig?« Denn die Alte machte ein so bärbeißiges Gesicht wie ein Wachtmeister.
    Da aber tat der Ursel ihre hochmütige Aufwallung so schnell, wie sie gekommen war, auch schon wieder leid. Da hatte sie die Hanne beim Wickel und gab ihr, unbekümmert um das Publikum, einen herzhaften Kuß.
    »Nicht verknurrt sein, Hanne, ich bin doch nun mal solch ein greuliches Ding und sprudele alles heraus, was mir gerade über die Leber läuft. Deshalb haben wir uns ja doch lieb, nicht wahr?«
    Das runzlige Gesicht der alten Hanne verklärte sich.
    »I, deshalb keine Feindschaft nich, Kindchen. Aber denk dran, die alte Hanne meint's jut mir dir. Jewöhne dir deinen Hitzkopp ab, sonst kommt das Leben und jibt dir 'n kalten Wasserstrahl drauf.«
    »Hanne ist unter die Philosophen gegangen«, lachte die unverbesserliche Ursel sie schon wieder aus.
    Frau Braun drohte lächelnd: »Dein Glück, Urselchen, daß du abgebeten hast. Hanne ist mehr Respektsperson als ich. Wenn du dich gegen meine alte treue Hanne ungebührlich benimmst, das nehme ich dir mehr übel, als wenn es mir selbst gilt.«
    Die

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