Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste
Überraschung!«
»Annemarie - Margot - Vera...« das schwirrte nur so durcheinander. Küsse wurden ausgetauscht. Hände wurden beinahe aus dem Handgelenk geschüttelt. »Nein, ist das aber eine Freude! Den ganzen Tag war ich traurig, daß unser Pfingstbesuch uns dieses Jahr versetzt hat«, rief Ilse freudestrahlend. »Und nun werden wir dreifach entschädigt. Vera - seit deiner Hochzeit haben wir uns nicht gesehen.« Mit großen Augen blickten die drei Mädel von der Waterkant von der Mutter zu den beiden Fremden, die solche Freude verursachten. Tante Annemarie, die kannten sie, an der lustigen Tante hing jedes der Kinder besonders.
Aber daß da plötzlich zwei ganz unbekannte Damen auftauchten und sie mir nichts, dir nichts als ihr Patchen in die Arme schlossen, das war merkwürdig.
»Unsere Schulfreundinnen seligen Angedenkens fast vollzählig. Marianne hat wieder einmal gestreikt, wollte nicht mitkommen«, berichtete Annemarie.
»Also die Gänschen tagen diesmal auf grüner Weide. Aber Pfingstgänse sind's nicht mehr, schon eher Martinsgänse«, stellte Klaus übermütig fest.
Wie auf Verabredung gingen die Jugendfreundinnen auf den Spötter los, daß Ilse vor allem ihr Kleinchen in Sicherheit brachte. Da machten die Grotgenheider Mädel noch viel größere Augen. Niemals hatten sie Mutter und Tanten so ausgelassen gesehen. »Unsere Überraschung habt ihr uns gründlich verdorben«, schalt Annemarie. »Wir wollten eure alte Raubritterburg hinterrücks überfallen. Und ihr kommt uns zur feierlichen Begrüßung entgegen.«
»So kann ich euch noch eine halbe Stunde früher genießen. Hat dich dein Mann wirklich vom Ehebändel gelassen, Annemie? Warum ist er nicht mitgekommen?«
»Schwere Patienten. Ursel wird ihm haushalten, wenigstens in den Festtagen, wo sie nicht zur Bank muß.«
»Eure Jungen sind ja Prachtkerle geworden, Ilse. Sie sind mit Herbert und Waldemar den Waldweg gegangen.« Margot Thielen schwang das jauchzende Bübchen durch die Luft. »Das Dreimäderlhaus ist auch nicht zu verachten«, meinte Frau Vera. »Eins immer bezaubernder als das andere. Ich muß unbedingt eine Aufnahme von ihnen machen.« »Erst gib du uns mal Gelegenheit zur Aufnahme, Vera - du mußt mit nach Grotgenheide. Ich will auch meinen Teil an den Freundinnen haben«, schlug Marlene Frenssen vor. »Du hast doch Onkel Heinrich und Tante Kätchen -«
»Die heilige Dreizahl darf man doch nicht trennen«, pflichtete Klaus Braun seiner Frau bei, der sich nicht weniger über den hereingeschneiten Besuch freute als sie. »Na, ob eine olle Schwiegermutter für eine Jugendfreundin entschädigt, möchte ich doch dahingestellt sein lassen«, meinte Tante Kätchen humorvoll.
»Aber ich möchte jetzt endlich für meine Reiseanstrengungen mit einer anständigen Tasse Kaffee entschädigt werden«, polterte da der alte Herr los. »Das lange Weibergezottel macht ein ander Mal aus. So, Peter, fahr los!«
»Einen Augenblick verzeih noch, Vater. Ich habe nämlich noch eine Frau, die zu mir gehört. Steig ein, Marlene. Sie würden meiner Frau und mir eine große Freude machen, Vera, wenn wir Sie als Gast auf Grotgenheide begrüßen dürften«, sagte Peter Frenssen in seiner warmen Art.
Nur eine Sekunde zögerte Vera. Nein, den bittenden Augen Marlenes durfte sie es nicht abschlagen, wenn sie sich auch eigentlich das Zusammenhausen der Freundinnen besonders reizvoll gedacht hatte. Da schlang auch das kleinste der bildhübschen Mädchen die Arme um die neue Tante: »Du mußt mit uns fahren, Tante Vera. Ich bin ja dein Patchen und heiße nach dir.« Da gab's kein Überlegen mehr.
In Lüttgenheide wurde ein gemütliches Kaffeestündchen unter dem Nußbaum gehalten. Die Jungen, die inzwischen auch erschienen waren, hatten sich kaum Zeit zur Begrüßung und zum Kuchenessen genommen. Die steckten bereits, sechs an der Zahl, in den Ställen. Vom Felde rollten die Wagen heim. Der Gutsherr stampfte in seinen hohen Schaftstiefeln in den Wirtschaftshof hinüber. Die drei Freundinnen blieben allein. Ilse reichte den Freundinnen beide Hände hin. »Habt Dank - von ganzem Herzen nochmals Dank, daß ihr gekommen seid! Ihr wißt nicht, was ihr mir Gutes damit getan habt. Gerade in unserer Einsamkeit hier an der Waterkant, in dem gleichmäßigen Pflichtenkreis sind die Feiertage für uns das Bindeglied mit der Welt da draußen, die ein Mensch ja auf die Dauer doch nicht ganz entbehren kann. Und nun erzählt. Wie schaut's aus in eurem Sündenbabel
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