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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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deutsche Land? Bei uns man reitet jeden Tag. Oh, es ist herrlich auf Pferd.«
    »Auch in Deutschland wird geritten, Marietta. Aber nicht so allgemein wie bei euch in Amerika. Auf dem Lande reitet man viel. Auch reiche Leute, denen es ihre Zeit erlaubt, reiten bei uns im Tiergarten.«
    »Werden wir reiten auch. Werden wir kaufen Pferde. Anita und mich wird gehen morgen zu kaufen«, überlegte Marietta.
    »Kindchen, man kauft sich hier nicht so rasch ein Pferd wie ein Paar Handschuhe. Solch ein Kauf will reiflich überlegt sein. Wo sollen wir denn überhaupt die Pferde unterstellen?«
    »In Ziegenstall man kann tun sie. Nita hat gesagt, sie muß reiten. Sie nicht kann länger warten.« Was Anita sagte, daran war für Marietta nicht zu rühren.
    »Ich werd's mit dem Großpapa besprechen.« Die brasilianischen Kinder waren von klein auf an reiten gewöhnt. Man durfte ihnen diesen Wunsch nicht rundweg abschlagen. Jeder Sport war der Gesundheit zuträglich - trotz ihrer Jahre war Frau Annemarie eine durchaus zeitgemäß denkende Frau. Aber es ging unmöglich an, die beiden jungen Mädchen hier in der Großstadt allein ausreiten zu lassen. Die Großmama sprach ihre Bedenken aus.
    »Oh, ist da Homer, kann reiten sehr gut. Soll haben Pferd auch«, beruhigte die Enkelin sie. »Nein, mein Herzchen, Homer ist mir nicht genügend Schutz für euch. Reitet Miß Smith nicht?«
    »Die Miß?« Wie ein Silberglöckchen klang Mariettas Lachen. »Oh, die Miß ist steif, sehr steif, kommt nicht auf Pferd.« Der Gedanke kam ihr zu drollig vor.
    »Aber die alte Großmama, die soll noch aufs Pferd«, stimmte Frau Annemarie in das junge
    Lachen ein.«Nun, wir haben ja noch Zeit, uns die Sache zu überlegen.«
    »Nicht legen über. Kaufen Pferde und reiten aus jeden Morgen«, schlug Manetta bittend vor.
    »Kindchen, habt ihr denn so viel Geld mitgebracht, um Pferde zu kaufen? Großvater und ich, wir sind nicht reich genug dazu.«
    »Nicht reich - oh, liebe Großmama ist arm? Hat kein Geld?« Marietta empfand tiefes Mitleid mit der armen Großmama.
    »Nun, mein Mädel, so schlimm ist es ja nicht. Was wir brauchen, haben wir stets noch gehabt«, beruhigte sie die Großmama lächelnd.
    »Keine Pferde - Großmama hat kein Geld, zu kaufen Pferde. Aber Nita und Jetta hat Geld. Viel Geld. Papa hat gegeben Anweisung für Dollars an deutsche Bank. Können wir kaufen, was wir wollen. Werden wir schenken viel Geld liebe Großmama und alle arme Leute in deutsche Land, daß sie können kaufen Pferde.«
    Frau Annemarie belustigte sich köstlich. »Jetta, du bist ein liebes Mädel. Aber Pferde brauchen die armen Leute hier in Deutschland nicht. Die brauchen Brot, damit sie nicht hungern.«
    »Werden wir kaufen Brot; weißes Brot für arme Menschen. Liebe Großmama soll nicht mehr essen schlechtes, schwarzes Brot.« Schwarzbrot gehörte zu den Dingen in Europa, die den jungen Brasilianerinnen unbekannt waren. In Brasilien aß man nur Weißbrot. »Laß mir nur mein Schwarzbrot, Jetta, Das geb' ich um das schönste Weißbrot nicht her. So, und nun wollen wir ein wenig im Schatten rasten. Hier ist gerade ein so hübsches, einladendes Moosplätzchen.« Frau Annemarie ließ sich unter einer breitzweigigen Kiefer nieder, an der der Weg vorüberführte.
    »Nicht in Gras legen, nicht in Wald in Gras legen, liebe Großmama!« rief ihre junge Begleiterin erschreckt. »Kommt Klapperschlange ist giftig, muß man sterben.« Das Lachen der Großmama mischte sich mit dem Schmettern des gefiederten kleinen Volkes in den Baumzweigen. »Jetta, du brauchst keine Angst zu haben. In unserem harmlosen Grunewald gibt es keine Klapperschlangen wie im brasilianischen Urwald.« »Ist das deutsche Wald?« Marietta blickte nicht gerade begeistert in dem Kieferngehölz umher.
    »Das ist nur der Anfang - der richtige Wald ist das nicht«, beruhigte sie die Großmama. Nun war es nicht mehr weit bis zu dem Hause des Onkels. Ein allerliebstes Landhäuschen bewohnte Hans Hartenstein mit seiner Familie. Es lag auf einer kleinen Anhöhe und schaute wie aus einem großen Blumenbeet heraus.
    »Hier ist sehr schön«, sagte Marietta. »Onkel Juan ist reich. Er hat gewiß Auto und Pferde.« »Nein, mein Kind, der Onkel Hans besitzt weder Auto noch Pferde. Aber es ist nicht hübsch, daß du immer danach fragst, ob einer reich oder arm ist. Bei uns kommt es nur auf den Menschen selbst an, nicht auf das, was er besitzt.« Obwohl die Großmama wußte, daß man der jungen Amerikanerin keinen Vorwurf aus

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