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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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auf ungeahnten Widerstand beim Großvater. Der Geheimrat fand es durchaus nicht notwendig, daß seine Enkelinnen ritten. War das in Amerika Mode - nun schön, hier war man in Deutschland. Und hier ritten im allgemeinen die jungen Mädchen nicht. »Lernen sollen sie was, das Mariele und das Annele, halt fleißig lernen in der Schule und im Haushalt. Das ist notwendiger fürs Leben, als auf Pferden zu galoppieren.« »Wir sind Amerikanerinnen«, trumpfte Anita auf. »In Amerika man reitet. Wir werden gehen und kaufen Pferde.«
    »Ohne Erlaubnis nimmer, mein Kind.« Die Ruhe des Großvaters bedeutete Ruhe vor dem Sturm. Die Großmama kannte ihren Mann. Sie warf ihm beschwichtigende Blicke zu. »Wir sind erlaubt zu reiten, wir haben gereitet jeden Tag in Sao Paulo«, rief Anita in ungezogenem Ton.
    »Oh yes, they are allowed«, bekräftigte die Miß.
    Des Geheimrats Ärger stieg dadurch noch. »Annele, ich erwarte von dir Gehorsam.« »Ich heiße Anita!« Die unbeliebte Anrede nahm dem verwöhnten Mädchen den Rest ihrer Selbstbeherrschung. »Und ich bin eine Tavares, keine Diener, das muß sein gehorsam.« Die Ader auf des Geheimrats Stirn schwoll an. Großmama gewahrte es mit Schrecken. »Wir werden an die Eltern schreiben und anfragen, ob ihr reiten sollt«, wandte sie schnell vermittelnd ein.
    »Wir können schicken Telegramm, geht schneller.« Marietta war während des unliebsamen Disputs ganz blaß geworden. »Aber wenn der Großpapa nicht wünscht uns zu reiten, wir nicht werden, nicht wahr, Nita?« Zärtlich bittend hingen die schwarzen Mädchenaugen an den blauen.
    »Ich werde reiten - du kannst sein artig Kind und gehorsam wie Diener«, sagte Anita mit verächtlich aufgeworfener Lippe.
    »Gehorsam wie jedes Enkelkind seinen Großeltern zu sein hat, Anita, besonders wenn es in deren Hause lebt«, sagte jetzt die Großmama in ihrem bestimmten Ton. »Du bist ein recht unreifes Mädchen, daß du uns die gemeinsame Mahlzeit so verdirbst.«
    »Werde ich nicht mehr verderben, werde ich befehlen, zu servieren Dinner in mein Zimmer.« Damit war das ungezogene Mädchen zur Tür hinaus. Sie hörte gar nicht mehr der Großmama Worte: »Bei uns wird weder befohlen noch doppelt serviert, mein Kind.« Marietta saß wie auf Kohlen. Sollte sie nicht Anita folgen? Aber ein Blick auf die Großeltern hielt sie an ihrem Platze. Des Großpapas sonst so freundliches Gesicht zeigte eine gefurchte Stirn. Und die Großmama sah so traurig aus - so traurig. Nein, das konnte Marietta nicht ertragen.
    »Nita nicht es meint so schlimm. Sie ist nur heftig schnell, aber schnell wieder gut«, versuchte sie die Schwester in Schutz zu nehmen und den Kummer der Großeltern zu zerstreuen.
    »Anita ist alt genug, um zu wissen, wie sich ein großes Mädchen zu benehmen hat. Der Großpapa braucht nach seiner anstrengenden Arbeit Behaglichkeit und eine angenehme Häuslichkeit. Ich selbst bin nicht mehr jung genug, um das ungebärdige Mädchen zu zügeln«, sagte die Großmama mit Nachdruck.
    »Wenn ihr nicht unsern Wünschen nachkommt, können wir euch nicht behalten!«
    »Sollen wir werden geschickt zurück nach Sao Paulo?« Marietta stockte der Atem vor Schreck.
    »Nun, es gibt ja auch noch Mädchenpensionate hier in Deutschland, in denen Anita sich vielleicht eher fügen lernt als bei den Großeltern«, überlegte Frau Annemarie allen Ernstes. »Dann ich muß gehen mit Anita, wir sind Zwillings. Ich liebe zu bleiben viel mehr hier bei der lieben Großmama, als zu gehen in fremde Pensionat. Anita wird sein brav, wird nicht mehr machen traurig den Großpapa und die liebe Großmama«, versprach Marietta eifrig. »Du bist ein gutes Kind, Jetta. Ich wünschte, Anita wäre wie du.«
    Die Furchen auf des Großvaters Stirn wollten selbst bei der Abendzigarre nicht weichen. Es war nicht nur der Ärger über das ungehörige Benehmen Anitas daran schuld. Der alte Herr wußte nicht, ob er mit seinem Reitverbot recht gehandelt hatte. Dieselbe Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, die er von andern verlangte, übte er auch sich selber gegenüber. Die Kinder waren an das tägliche Reiten gewöhnt - er hätte doch vielleicht den Bogen nicht so straff spannen sollen. »Wenn du wieder an Ursel schreibst, meine gute Alte, kannst ja halt mal anfragen, wie die Eltern darüber denken«, lenkte er ein. Frau Annemarie lächelte still vor sich hin; das hatte sie sich schon sowieso vorgenommen.
    Auch droben im Mädchenstübchen glätteten sich die Wogen der Erregung. Miß Smith

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