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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Ermittlungen über den Haufen. Denn
die stützen sich auf die Tatsache, daß niemand die Schüsse gehört hat. Also
wird angenommen, daß Barton während des Bombenangriffs erschossen wurde. Auch
ich habe mich mit dieser Version angefreundet... ohne an einen Schalldämpfer zu
denken! Für die Polizei gehören Schalldämpfer ins Reich der Phantasie, und
Phantasie haben die Flics nun mal nicht. Sie führen ihre Ermittlungen lieber
mit Hilfe von Spitzeln als mit Hilfe von Spitzfindigkeiten... Also, ich bin
davon überzeugt — noch nicht lange, aber das macht nichts — , daß der Mörder
einen Schalldämpfer benutzt hat. Und Schüsse aus einem derart ausgestatteten
Revolver gehen in den alltäglichen Geräuschen eines Mietshauses unter. Dazu
müssen nicht außerdem noch Bomben explodieren. Nun verrät der Gebrauch eines
Schalldämpfers eine ganz besondere... äh... Mentalität. Ich würde sogar sagen,
er gehört zur Personenbeschreibung. Ich glaube zum Beispiel nicht, daß Ihre
Schwester zu so einem Ding gegriffen hätte. Bei Leuten wie den beiden, die Sie
in Bois-le-Roi überfallen haben, wär ich mir da nicht so sicher.“
    „Sie meinen, diese... diese Männer...“
    „Irgendeinen Platz müssen wir ja schließlich in
dem Drehbuch für sie finden, oder?“ brummte ich.
    „Was... was wollten die beiden denn von mir?“
stotterte sie, nachträglich erschrocken.
    „Wenn ich das wüßte, säßen wir nicht hier“,
sagte ich und trank einen Schluck Rum. „Bartons Jacke lag über der Stuhllehne.
Ist Ihnen nichts Besonderes aufgefallen?“
    „Nein, ich war völlig durcheinander. Ich hab
überhaupt nichts bemerkt.“
    „Wirklich nicht?“
    „Ich schwör’s Ihnen. Was war an der Jacke denn
so außergewöhnlich?“
    „Nichts... Und auf dem Tisch?“
    „Auf dem Tisch?“
    „Ja! Haben Sie nichts auf dem Tisch liegen
sehen?“
    „Nein. Ich habe nichts gesehen... außer der...“
    „Zehntausend Francs lagen da auf dem Tisch, in
Hundertern und Fünfhundertern. Ich selbst hab die Scheine nicht gesehn, aber
die Flics haben’s mir erzählt. Sie haben das Geld nicht zufällig dort
liegenlassen?“
    „Nein. Außerdem... warum hätte ich soviel Geld
mitbringen sollen?“
    „Um Barton zur Vernunft zu bringen. Sie hatten
sich doch etwas ,zurechtgelegt’, wie Sie gesagt haben, damit er Ihre Schwester
in Ruhe ließ.“
    Lydia hatte sich wieder in den Sessel gesetzt.
Ich beugte mich zu ihr hinüber.
    „Übrigens... Ob Sie nun das Geld mitgebracht
haben oder nicht, ändert nichts. Es ist nur eine Frage der Offenheit zwischen
uns... Um die Auseinandersetzung mit Barton so kurz wie möglich zu halten,
kamen Sie mit den Scheinen in der Hand ins Zimmer. Denn es war ‘ne furchtbare
Aufgabe, sich mit diesem Kerl zu unterhalten, stimmt’s? Als sich Ihnen dann das
unerwartete Schauspiel bot, haben Sie vor Schreck das Geld auf den Tisch gelegt
und es hinterher vergessen. War’s nicht so, Lydia?“
    „Nein“, sagte sie entschieden.
    „Wirklich nicht?“
    „Ich hätte mich gehütet, solch einem Kerl soviel
Geld mitzubringen.“
    Schweigend sah ich sie an. Dann sagte ich:
    „Na schön... Ich bin fast sicher, daß jemand
anders das Geld auf den Tisch gelegt hat. Tja, wenn Sie meine Vermutung
bestätigt hätten...“
    „Dann war das also eine Falle?“
    „Sind Sie mir deswegen böse?“
    Lydia lächelte traurig.
    „Sie sind ‘n komischer Heiliger.“
    „Und Sie riechen verdammt gut.“ Das war bestimmt
nicht gelogen. Nur konnte ich leider wegen des Schnupfens nicht an ihr
schnuppern. „Was für ein Parfüm benutzen Sie?“
    „Ist das auch wieder eine Falle?“
    „Oh, Sie dürfen nicht hinter jedem Wort von mir
was Schlechtes vermuten... Natürlich sind Sie nicht verpflichtet, mir zu
antworten.“
    „Aber ich tu’s auch ohne Verpflichtung. Valence benutze ich, ein Lavendelparfüm von Charon ... falls Sie mir ein
Fläschchen schenken wollen!“
    „Warum nicht?“ sagte ich lächelnd.
    In dem Zimmer war es angenehm warm. Ich hatte
eine zweite Flasche Rum hervorgezaubert. In der Ferne schlug eine Turmuhr. Wir
hatten uns nichts Aufregendes mehr zu sagen.
    „Wenn Sie sich etwas hinlegen möchten, bis die
erste Metro fährt...“ sagte ich in die Stille hinein.
    „Danke. Ich fühle mich sehr wohl hier neben dem
Ofen.“
    Ich füllte unsere Gläser nach. Die Unterhaltung
plätscherte dahin. Wir vermieden es, noch einmal auf den Mordfall zu sprechen
zu kommen. Dennoch... Er spukte förmlich im Zimmer umher... und in

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