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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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unauffällig, mit einem schmalen Künstlerbärtchen.
Er wohnte nicht regelmäßig in dem Häuschen. Erst Mitte Januar 38 zog er
endgültig ein. Plötzlich dann, seit dem 22. Februar, war Tannier spurlos
verschwunden. Ich weiß nicht, wie und warum, aber ich stellte einen
Zusammenhang her zwischen seinem Verschwinden und der Verhaftung des
berühmtberüchtigten Gangsters, dessen Überfall auf den Goldzug die
Zeitungsspalten füllte. Auch fiel das Datum des Überfalls genau mit dem Tag
zusammen, an dem Tannier endgültig in mein Haus eingezogen war. Zufall? Ich
verglich Thévenons Foto aus der Zeitung mit dem Gesicht meines Mieters, nahm im
Geiste einige kleinere Veränderungen vor... und war mir ganz sicher, daß die
beiden Männer identisch waren. Allerdings hielt ich es nicht für angebracht,
meine Entdeckung der Polizei zu melden. Das Haus war schlecht zu vermieten, ich
sagte es schon. Wenn jetzt noch eine undurchsichtige Geschichte darüber durch
die Presse gegangen wäre, hätte ich’s gleich abreißen lassen können. Also hielt
ich den Mund. Schließlich war der Mann ja gefaßt worden!“
    „Ja, natürlich, das war die Hauptsache“, stimmte
ich ihm zu. „Und durch Ihr Schweigen hatten Sie volle Handlungsfreiheit...“
    „...um es gegebenenfalls sofort wieder vermieten
zu können“, ergänzte Jander.
    „Nein!“ widersprach ich. „Um die Goldbarren zu
suchen! Zu dem Zeitpunkt sprachen die Zeitungen von nichts anderem. Allgemein
wurde angenommen, daß die Barren dort sein mußten, wo Thévenon sich drei Wochen
lang versteckt gehalten hatte. Also wurden Sie zum Goldgräber. Alt genug sind
Sie dafür...“ Das war ein dicker Brocken für Jander, der ihm quer runterging.
Er schwieg eine Weile und fing dann an, seine Pfeife auseinanderzunehmen. Das
schien ihm wieder etwas Mut zu machen. Mit den hellblauen Augen eines Bürgers,
der immer pünktlich seine Steuern bezahlt, aber i. Klasse fährt mit einer
Fahrkarte 2. Klasse, sah er mich an.
    „Ja, das stimmt“, sagte er beinahe provozierend.
„Ich habe sofort mit der Suche begonnen. 1941 gab ich’s dann auf: Ich hatte
nichts gefunden. Also entschloß ich mich, den Kasten wieder zu vermieten.“
    Er setzte eine richtige Leichenbittermiene auf.
    „Und der Revolver?“ fragte ich.
    „Der war das einzige Ergebnis meiner
Anstrengungen.“
    „Wo haben Sie ihn gefunden?“
    „Dort, wo ich die Beute vermutet hatte.“
    „Erzählen Sie schon!“
    „Meine Suche konzentrierte sich vor allem auf
den Keller. Dort hatte nämlich der falsche Tannier einmal mit Zement
gearbeitet. Ich hatte gedacht, er wolle irgend etwas reparieren. Da ich kein
Interesse hatte, die Kosten dafür zu übernehmen, spielte ich den Ahnungslosen.
Als ich aber dann von den Goldbarren hörte, bekam das Ganze plötzlich eine
andere Bedeutung. Ich nahm an, er habe eine Art Tresor in die Wand eingebaut.
Und ich täuschte mich nicht... bis auf die Tatsache, daß dort.kein Gold
versteckt war! Der Tresor war leicht zu finden, aber was lag drin? Ein
Revolver! Die berühmte Tatwaffe, das gefährliche Beweisstück! Klar, daß
Thévenon die Waffe eingemauert hatte.“
    „Und Einmauern war sicherer, als sie in den Fluß
zu werfen“, brummte ich.
    Monsieur Jander hatte die Reinigung seiner
Pfeife beendet und stand auf, um Tabak zu holen.
    „Mit dem Revolver“, fuhr er im Ton eines
Generalstaatsanwaits fort, „besaß ich den eindeutigen Beweis für die Schuld des
Gangsters. Ich bin ein verantwortungsvoller Staatsbürger... Gerechtigkeit geht
über alles...“
    „Und dann war es ja auch sehr gefährlich, die
Waffe zu behalten“, bemerkte Marc Covet scheinheilig.
    „Genau... äh... Ich meine... nun ja...“
    „Und außerdem“, fügte ich hinzu, „waren Sie von
der erfolglosen Schatzsuche enttäuscht. Wie schön für Sie, daß sich eine
Gelegenheit bot, Thévenon eins auszuwischen. Denn daß Sie nichts gefunden
hatten, sahen Sie als persönlichen Affront an. Wenn die Tatwaffe nicht
aufgetaucht wäre, hätte der Täter seinen Kopf retten können! Ob dieser Kopf nun
hübsch war oder nicht: Meinen Sie, Sie, ein verantwortungsbewußter
Staatsbürger, der sich das Gold der Banque de France unter den Nagel
reißen wollte, ausgerechnet Sie wären der geeignete Mann gewesen, ihm die
Schlinge um den Hals zu legen?“
    „Ich habe nur meine Pflicht getan“, schnauzte
der verantwortungsvolle Monsieur Jander, dessen unbestreitbar sympathisches
Gesicht sich vor Wut häßlich verzerrte. (Und so was rauchte

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