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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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bleiben...“
    Auf der Rückseite eines Leserbriefs tippte ich
mit Covets Maschine einen anonymen Liebesbrief an Faroux. Auf einen der gelben
Briefumschläge, die zu horrenden Preisen vor Metroeingängen verkauft werden,
schrieb ich: Inspektor Florimond Faroux, Brigade Martinot, 36, quai des
Orfèvres. Dann wischte ich mit meinem Taschentuch Umschlag und Brief ab,
zog Handschuhe an, um den einen in den andern zu stecken. Marc wollte sich
ausschütten vor Lachen. Man müsse immer auf der Hut sein, belehrte ich ihn,
selbst wenn der Erkennungsdienst keine Fingerabdrücke von einem habe.
Derjenige, der 1938 den Flics Thévenons Revolver zugeschickt habe, sei
jedenfalls todtraurig gewesen über seine Unvorsichtigkeit...
    „Stille Nacht, Heilige Nacht“, trällerte Marc
und sah mich bedeutungsvoll an. „Hab das Gefühl, daß der Baum der Erkenntnis
noch die eine oder andre Frucht für mich bereithält...“
    „Vorausgesetzt, Sie pflegen weiterhin guten
Kontakt mit Ihrem Informanten bei der Kripo! Ich brauche ein Foto des
Fingerabdrucks mit dem Andreaskreuz.“
    „Der Heilige Andreas ist doch schon längst tot!
Aber daran soll’s nicht scheitern... Ich hab ja meinen Aktenordner. Er ist so
vollständig wie der in der  Tour Pointue. Sogar ein Foto des besagten
Fingerabdrucks ist drin.“
    Vorsichtig holte ich meine Pfeife hervor und
hielt sie schräg gegen das Deckenlicht. Auf der glatten, polierten Fläche des
staubbedeckten Stierkopfs war der Abdruck eines Daumens zu sehen, verziert mit
einer kreuzförmigen Narbe.
    „Leck mich am Arsch!“ brüllte mein Freund, der
Journalist. „Den Abdruck würd ich unter Tausenden rauskennen. Kein Zweifel!
Aber woher...“
     
    * * *
     
    Gegen vier Uhr morgens verließ ich Covets
Privatwohnung. Es war wissenschaftlich bewiesen, daß der Abdruck auf meiner
Pfeife und der auf Thévenons Schußwaffe von demselben Finger stammten.
    Unterwegs warf ich die Nachricht für Faroux in
einen Briefkasten.
    Lydia schlief schon, unschuldig wie ein Engel,
das hübsche Gesicht im Kopfkissen vergraben. Angesichts dieser friedlichen
Szene fielen mir meine Sünden wieder ein. Ich leistete für so einiges Abbitte
bei dem Mädchen.
    Ich schnappte mir das Telefon und weckte Reboul.
Bartons Mörderin sowie den geheimnisvollen Absender des Pakets mit Thévenons
Revolver zu kennen, hieß nicht, die I.D.U.S.- Clique aus den Augen zu
verlieren.
    Mit belegter Stimme teilte mir mein Mitarbeiter
mit, er habe den Ohrenzeugen nicht auftreiben können. Eigentlich hatte ich
Reboul nur sagen wollen, daß ich die Verabredung morgen früh in meinem Büro
nicht einhalten würde.
    Ich hatte anderes zu tun.

17

Der Köder
     
    Um neun Uhr stand Marc Covet bei mir auf der
Matte. Seine Augenlider waren geschwollen und so rot wie seine Schnapsnase. Im
Gegensatz zu mir hatte er schlecht geschlafen. Als er Lydia bemerkte, zwinkerte
er mir zu und wünschte uns viele Kinder. Ich erwiderte, solche Prachtexemplare
wie er seien nicht grade dazu angetan, einen zu derartigen Projekten zu
ermuntern. Nach diesen geistreichen Reden gingen wir hinunter und setzten uns
in den Wagen, den der Journalist besorgt hatte. Während der gesamten Fahrt
wechselten wir keine drei Sätze. Die Farbe des Himmels war wieder zu Grautönen
übergegangen. Zwischendurch wurden wir von einem erstklassigen Regenschauer
überrascht. In Bois-le-Roi sah der Himmel dann allerdings wieder etwas weniger
düster aus.
    Ohne große Schwierigkeiten fand ich die Rue
Albert-Blain wieder. Madame Jander — oder wer immer sie sein mochte — öffnete
uns die Tür. Ich trug meine Bitte vor, ihren Mann sprechen zu dürfen.
    „Monsieur Jander ist soeben erst aufgestanden“,
sagte sie bedauernd. „Wenn Sie eventuell...“
    „Nein, wiederkommen... kommt nicht in Frage!“
erwiderte ich unhöflich und bestimmt. „Ich muß jetzt sofort mit Monsieur
sprechen. Kommen Sie, Marc.“
    Ich schob die Frau zur Seite und trat in die
Wohnung. Eine Tür wurde geöffnet. Es erschien der Hausherr in einem
fadenscheinigen Morgenmantel, auf dem Kopf das runde Käppi. Sein wütendes
Gesicht war weder rasiert noch gewaschen, aber in seinem Mund steckte eine
Pfeife.
    „Was soll...“ begann er zu schimpfen.
    „Ich gebe Ihnen einen guten Rat“, unterbrach ich
seinen Wutausbruch und drängte ihn in das Zimmer zurück, aus dem er gekommen
war. „Gehen Sie nicht unvorsichtig mit Dingen um, die Dritten gehören.“
    „Ich verstehe nicht...“ sagte er verwirrt.
    „Sie werden’s bald

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