Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
hab’s«,
sagte auf einmal Elfriede Bachmann, die ältere der Schwestern. »Ich weiß, wie wir
dem Ekel einen Denkzettel verpassen können. Wir halten uns einfach an Nestroy und
an unser Stück und machen uns morgen einen Jux! Keiner kommt zur Probe, stattdessen
treffen wir uns alle und gehen feiern!«
Einen Augenblick
war es still, dann schwappte die Begeisterung über: »Jawohl, so machen wir ihn fertig!«
– »Soll er uns doch gleich alle wegen Nichteinhaltung des Probentermins ausschließen.«
– »Das schaue ich mir an, da bekommt er nämlich Schwierigkeiten mit Marksteiner.«
– »Das blöde Gesicht vom Walters möchte ich morgen sehen!«
Nur Fritz
Stössl gab mit erhobenem Zeigefinger zu bedenken: »Gefährlich ist’s, den Leu zu
wecken«, wurde dafür aber allseits mit dem schon zur Gewohnheit gewordenen »Stössl!!!«
bedacht. Die Stimmung war im Steigen begriffen.
»Weißt du
was, Stössl«, schlug Korber vor. »Anstatt uns mit deinen Zitaten zu quälen, machst
du endlich einmal etwas Vernünftiges: Du hältst morgen die Stellung in der Schule
und lässt Walters in den Probenraum ein, als ob alles ganz normal wäre. Wenn er
dir Fragen stellt, weißt du von nichts. Sobald er in seiner Verzweiflung gegangen
ist, stößt du zu uns und schilderst ausführlich, wie dumm er dreingeschaut hat.«
»Und der
Walters blicket stumm in dem Probenraum herum«, nickte Stössl.
»Genau!
Das wird ein Jux und eine echte Gaudi!« Korber rieb sich die Hände. »Ich schlage
vor, wir treffen uns zunächst um fünf in Stammersdorf beim Heurigen – der Krischan
hat zum Beispiel offen. Später übersiedeln wir dann hierher ins Heller, hören uns
den Bericht vom Stössl an und lassen noch einmal so richtig die Sau raus. Na, was
meint ihr?«
Toni Haslinger
machte einen ziemlichen Schluck von seinem Glas, das offenbar wieder nachgefüllt
worden war. »Und was ist mit Anette und mir?«, fragte er vorsichtig. Korber wollte
etwas sagen, aber Simone Bachmann war schneller. »Natürlich müssen alle dabei
sein, sonst ist es ja kein Jux«, verkündete sie feierlich.
Nun ging
man daran, die Details zu besprechen. Leopold sah die Zeit des Abkassierens gekommen.
Bei Schauspielern wusste man nie, da musste man rechtzeitig einschreiten, damit
sie einen nicht um die Zeche prellten. »Gestatten der Herr, 9 Euro 50 macht’s aus.
Ergebensten Dank, beehren Sie uns bald wieder. Was haben wir gehabt, Gnädigste?
Eine Melange und einen Apfelstrudel? Macht 6 Euro 80. Wenn Sie’s kleiner hätten,
wär’ mir sehr geholfen.« So schaute er, dass das Aufbegehren der Truppe gegen ihren
Regisseur auch für das Kaffeehaus und ihn den entsprechenden Teil abwarf. Und alle
waren ausnehmend brav beim Bezahlen, gaben sogar ordentlich Trinkgeld, sodass er
schon an seiner vorgefassten Meinung zu zweifeln begann.
Nur Thomas
Korber fischte nervös in seinen Taschen herum. »Zu blöd! Jetzt habe ich doch glatt
meine Geldbörse in der Schule liegen lassen«, brummte er missvergnügt. »Ich glaube,
ich muss heute bei dir anschreiben lassen, Leopold.« Es war ihm sichtlich unangenehm,
vor seinen Kollegen derart blank dazustehen.
»Nein, das
kommt gar nicht in Frage«, sprang sofort Simone Bachmann ein. »Hier hast du 50 Euro,
Thomas. Sonst kannst du dir heute ja gar nichts mehr gönnen.«
»Lass das
bitte! Ich laufe schnell mit Stössl zurück zur Schule«, meinte Korber.
»Ausgeschlossen,
das ist ja lächerlich! Ich bestehe darauf, dass du das Geld nimmst« beharrte Simone.
»Morgen beim Jux gibst du es mir dann zurück. Und deiner Brieftasche wird in der
Zwischenzeit schon nichts passieren.«
»Da muss
ich mich demnächst revanchieren!«
»Gar nichts
musst du! Aber wenn du willst, kannst du mich ja einmal auf ein Getränk einladen.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Wollten wir nicht schon immer einen gemütlichen Abend zu
zweit verbringen?«
»Ja, ich
glaube, das wollten wir«, beeilte Korber sich zu sagen.
*
Sonja Friedl ging eilenden Schrittes
in Richtung Floridsdorfer Bahnhof, Sven Biedermann hastete hinterher. »So warte
doch«, rief er.
Sie drehte
sich um und fragte: »Wo sind die anderen?«
»Weg. Es
ist keiner mehr da.«
Sie verlangsamte
ihr Tempo und ließ ihn zu sich aufschließen. »Was ist denn? An sich haben wir beschlossen,
dass …«
»Ich weiß,
Sonja«, unterbrach er sie. »Aber ich möchte dir etwas sagen, was mich schon die
ganze Zeit beschäftigt. Ich muss es einfach loswerden.«
Sie blieb
nun stehen und blickte ihn
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