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Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Titel: Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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Graumelierte sofort. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen ins
Wort falle, aber Sie wurden alle klar darauf hingewiesen, dass negative Fragen mit
›warum nicht‹ nicht gestattet sind. Noch jemand?«
    Ein Herr
aus der zweiten Reihe meldete sich: »Haben Sie Ihre Frau eigentlich geliebt?«
    »Gewiss«,
nickte der befragte Mann. »Auf eine gewisse Art und Weise habe ich sie immer geliebt.
Leider war ich verblendet. Verblendet durch eine Jüngere. Heute sehe ich die Dinge
wieder anders.«
    »War es
Ihr Plan, dass Ihr Freund sich in Ihre Frau verliebt?«, rief jemand nach vorn.
    »Nein, ich
wollte nur eine Scheidung zu meinen Gunsten. Aber vielleicht hätte ich mir denken
können, dass es zu Emotionen kommen würde.«
    Jetzt wurde
es ruhig, nur da und dort ein Hüsteln. »Wollen wir nun zur Abstimmung kommen«, kündigte
der Graumelierte an. »Wer der Meinung ist, dass unser Kandidat seine Sache gut gemacht
hat, der zeige mit dem Daumen nach oben. Wer glaubt, dass er noch einmal vor uns
treten muss, um seine Last loszuwerden … nun ja, den Daumen nach unten, bitte!«
    Nach einem
kurzen Innehalten, wobei niemand wirklich überlegte, welche Entscheidung er treffen
sollte, gingen sämtliche Daumen nach oben. Der Mann war überwältigt. »Danke«, flüsterte
er kaum hörbar, deutete noch einmal eine Verbeugung an und verließ den Saal durch
die Türe rechts von ihm.
    »Bitte warten
Sie noch einen Augenblick«, verkündete der Moderator. »Sobald das grüne Licht blinkt,
benutzen Sie bitte beide Ausgänge, und folgen Sie den Anweisungen unseres Personals,
was die Masken betrifft.«
    Schweigend
löste sich die Gruppe langsam auf. Die Veranstaltung war beendet.

5
     
    »Jetzt frag’ ich aber, zahlt
sich so ein Jux aus, wenn man ihn mit einer Furcht, mit drei Schrocken, fünf Verlegenheiten
und sieben Todesängsten erkauft?« (Nestroy: Einen Jux will er sich machen)
     
    Ein Jux – eine Teuxelei, ein Schelmenstück,
ein Spitzbubenstreich. Bei Nestroy der Entschluss eines Angestellten und eines Lehrbuben,
die Abwesenheit ihres Prinzipals zu einem Ausflug in die Stadt zu nützen, was zu
einer ganzen Reihe von Verwechslungen und Missverständnissen führt. Eine leichthin
herbeigeführte Pflichtvergessenheit, ein kurzes Infragestellen der Autoritätsverhältnisse,
eine Justament-Aktion sozusagen.
    Eine solche
Narretei sollte es auch bei den Mitgliedern des ›Hochlöblichen Floridsdorfer Welttheaters‹
werden. Noch verlief die Revolution aber still und gesetzt. Man saß im schattigen
Garten des Heurigen Krischan in Stammersdorf und hatte Schwierigkeiten, in die Gänge
zu kommen. Es wurde Small Talk betrieben, und der führte unweigerlich zu einigen
platten Anspielungen auf das Stück, die von Freddie Glomser bei allen passenden
oder unpassenden Gelegenheiten mit einem kräftigen »Das ist klassisch« kommentiert
wurden.
    Nur das
Auftauchen von Toni Haslinger hatte kurz Aufsehen erregt, denn sein Fehlen vom Vormittag
hatte sich schnell herumgesprochen. »He, Toni, hast du mit dem Jux schon heute in
der Früh angefangen?« – »Was macht man bei so einem schönen Wetter auch in der Schule!«
– »Deine Lehrer haben sich schon Sorgen um dich gemacht!« Solche und ähnliche Sachen
musste er sich anhören, zog es jedoch vor, dazu zu schweigen. Seine ganze Körpersprache
deutete an, dass man ihn gefälligst in Ruhe lassen sollte.
    Er suchte
einen Platz möglichst weit weg von Ilona Patzak und Thomas Korber, um nur ja nicht
gleich über sein Fernbleiben ausgefratschelt zu werden. Dabei kam er neben Elfriede
Bachmann zu sitzen. »Toni …«, sprach sie ihn nach einer Weile an.
    »Ja?«
    »Ein cooles
T-Shirt, das du da anhast. Habe ich dich noch nie tragen gesehen. Spitzenklasse!
Ist es neu?«
    »Einigermaßen«,
drückte Toni herum.
    »Komm, komm!
Nicht einigermaßen. Das ist sicher ganz neu. Selbst gekauft?«
    Toni gab
keine Antwort.
    »Du hast
das heute gekauft, heute Vormittag. Als du in der Schule sein hättest sollen. Hab
ich recht?«
    »Hör mal,
was geht dich das an? Es zerreißen sich ohnedies schon alle den Mund, weil ich gefehlt
habe. Die Stunden sind unentschuldigt, weil die Schule meine Eltern kalt erwischt
hat, okay? Und jetzt Schluss damit!«
    Elfriede
Bachmann fuhr verspielt mit dem Zeigefinger über den Rand ihres Weinglases. »Versteh
mich nicht falsch, Toni! Ich will dir nichts Böses«, beteuerte sie. »Kein Mensch
will dir Böses. Du siehst ja, was wir alles tun, damit du deine Rolle wiederbekommst.
Du hast das

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