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Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Titel: Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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wenn er sich allzu sehr in die Angelegenheit
einmischte. Das waren Schauspieler, denen man allesamt nicht über den Weg trauen
konnte. Wie sie sich gegenseitig austricksten, und wer von ihnen schließlich die
Oberhand behalten würde, konnte Leopold egal sein.

7
     
    »Er liegt von höh’rer Macht
gefesselt, und doch ist er frei und unabhängig, denn er ist Verweser seiner selbst
– er ist tot.« (Nestroy: Der Talisman)
     
    Herwig Walters erschien auch nicht
zur Probe am kommenden Montag. Er reagierte auf keinerlei Telefonanrufe, SMS oder
auf seine Box gesprochene Nachrichten. Die allgemeine Meinung ging dahin, dass ihn
die Arbeit mit Amateuren überfordert habe, ohne dass er es zugeben wolle. Angesichts
der für ihn unvorstellbaren disziplinären Schwierigkeiten habe er sich an einen
Ort zurückgezogen, wo er für einige Zeit unauffindbar bleiben wolle. Natürlich werde
er wieder aus dieser Versenkung auftauchen, aber wie und wann sei nicht vorherzusehen.
Als Künstler liebe er eben das Theatralische. Sei es nicht damals in den 80er Jahren
dasselbe gewesen? Man müsse nur einmal den Wondratschek fragen, meinte Glomser,
der könne darüber allerlei Geschichten erzählen.
    Und was
sollte mit der Theatertruppe und der Aufführung vom ›Jux‹ geschehen? Spielen musste
man wohl, denn eine Absage kostete Geld und Renommee. Nach kurzem Überlegen einigte
man sich, Glomser mit der Spielleitung zu betrauen. Er hatte den Job in den letzten
Jahren schließlich auch gemacht und kannte als Regieassistent schon die wesentlichen
Teile der Inszenierung. Außerdem durfte man nicht mehr unnötig Zeit verlieren, der
Tag der Premiere rückte näher und näher. Also hieß es, frisch ans Werk, selbstverständlich
mit Toni Haslinger, der noch verständigt werden musste, dass er ab sofort wieder
mitspielte.
    Marksteiner
zeigte sich über die Ereignisse verwundert, gab aber, der Not gehorchend, zu allem
seine Zustimmung. Toni Haslinger bockte zuerst ein bisschen – er ließ sich, mit
einem Wort, bitten – war dann jedoch sofort mit Begeisterung dabei. Schon bald kam
neuer Schwung in die Sache, und man konnte nicht leugnen, dass alle mehr Spaß bei
den Proben hatten als unter Walters. Glomser bewies zudem ein ›Handerl‹, nämlich
die Gabe, aus jedem seiner Persönlichkeit und seinem Talent entsprechend mehr herauszuholen,
als man zu hoffen gewagt hatte. Noch nie etwa hatte Ilona Patzak die Sentimentalität
des Fräulein Blumenblatt mit einer derartigen Souveränität gemeistert, noch nie
war die exakte Abfolge der turbulenten Gasthausszene so gut gelungen wie jetzt.
Man durfte zurecht auf eine gelungene Aufführung hoffen. Die gedämpfte Stimmung
unter dem launenhaften und herrschsüchtigen Walters war bald vergessen. Ja, der
ganze Herr Walters war nach kurzer Zeit vergessen.
    Niemand
fragte sich mehr, wo er tatsächlich abgeblieben war.
     
    *
     
    Die Woche blieb heiß. Von der möglichen
Gewitterzone, die im Wetterbericht zaghaft angedeutet wurde, war einstweilen nichts
zu merken. Wer nicht zu arbeiten hatte, legte sich untertags ans Wasser. Die Bäder
und Strände an der Alten Donau waren überfüllt. In den Zeitungen stand wieder viel
über den Klimawandel zu lesen.
    Nach Sonnenuntergang
wurden die Temperaturen erträglicher, und das Leben verlagerte sich überallhin,
wo man noch ein gutes Glas im Freien genießen konnte. Thomas Korber saß mit Simone
Biedermann im idyllischen Garten des Strandgasthauses Birner. Es war Donnerstagabend,
genau eine Woche, nachdem er sich von ihr die 50 Euro ausgeborgt hatte, und er hatte
sie, wie versprochen, zum Abendessen eingeladen. Leopolds Kommentar dazu war äußerst
knapp ausgefallen. »Eigentlich ist es egal, ob es heiß oder kalt ist, du machst
immer und überall denselben Blödsinn«, hatte er seinem Freund mitgeteilt.
    »Erstens
darf ich auch mit anderen Frauen außer Geli fortgehen, vor allem, wenn Geli in Salzburg
ist, und zweitens bin ich Simone dieses Essen schuldig. Es handelt sich um eine
reine Gefälligkeit«, hatte Korber ebenso knapp geantwortet. Nein, er hatte absolut
keine Schuldgefühle, im Gegenteil. Er hatte gut gespeist und genoss jetzt seinen
weißen Spritzer und Simones Gegenwart.
    »Schön ist
es hier«, schwärmte Simone. »Ich bin mit meiner Schwester ja im vierten Bezirk,
mitten unter Häusern, groß geworden. Der Park vom Belvedere war so ziemlich meine
einzige Begegnung mit der Natur. Ich habe nie das Gefühl gekannt, irgendwo ›draußen‹
zu sein, wenn du

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