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Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Titel: Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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verstehst, was ich meine. Ich war eben ein richtiges Stadtkind.«
    »Wärst du
in deiner Kindheit lieber hier an der Peripherie gewesen?«, fragte Korber und nippte
an seinem Glas. Nur nicht betrunken werden, dachte er.
    »Eigentlich
schon«, meinte Simone nachdenklich. »Ich wäre mir wahrscheinlich viel freier vorgekommen.
Bist du hier in Floridsdorf aufgewachsen?«
    »Ich lebe
in Floridsdorf, seit ich denken kann«, erzählte Korber. »Meine Mutter lebt heute
zwar in Niederösterreich, aber als Kind bin ich im Sommer immer mit ihr hier am
Ufer gelegen. Oft hat sie mich von der Schule abgeholt, und dann habe ich ihre guten
Marillenknödel zu essen bekommen. Ich habe so viele in mich hineingemampft, dass
sie mich über eine Stunde lang nicht ins Wasser gelassen hat, aus Angst, ich könnte
ertrinken.«
    »Schaut
nicht so aus, als ob du ertrunken wärst«, lachte Simone.
    »Ich habe
früh schwimmen gelernt, wie viele der Kinder hier. Früher einmal war ich eine richtige
Wasserratte, die gar nicht aus dem kühlen Nass herauswollte. Heute bin ich faul
geworden und liege, wenn es heiß ist, lieber irgendwo im Schatten.«
    Es war mittlerweile
dunkel geworden, und auch die letzten Badegäste und Bootsfahrer hatten den Heimweg
angetreten. Simone rauchte genüsslich eine Zigarette. »Das Wasser liegt so ruhig
und romantisch da. Direkt einladend«, überlegte sie. »Was hältst du davon, wenn
wir hineinhüpfen und ein wenig hinausschwimmen?«
    »Ich weiß
nicht …«, zögerte Korber.
    »Jetzt zier
dich nicht so! Ihr seid als Kinder sicher auch einmal nackt geschwommen, wenn ihr
grade keine Badesachen dabeihattet.«
    Natürlich
hatte Korber das, und es war immer ein Riesenspaß gewesen. Wenn sie in einer lauen
Nacht von irgendwo dahergekommen waren, von ihren ersten Partys oder vom Lernen,
und sie hatten sich klebrig und verschwitzt gefühlt, waren sie rasch aus ihren paar
Kleidungsstücken geschlüpft und ins Wasser gesprungen. Alles war ganz unbeschwert
vor sich gegangen.
    Diese Unbeschwertheit
fehlte Korber jetzt. Damals waren keine Mädchen dabei gewesen, schon gar keine Simone
Bachmann, in die er gerade im Begriff war, sich zu verlieben. Schon viel zu oft
hatte er sich ihren nackten Körper in Gedanken ausgemalt, als dass es ihm leicht
fallen würde, sich mit ihr gemeinsam zu entkleiden. »Du brauchst keine Angst zu
haben, ich bin nicht prüde«, hörte er Simone sagen. »Du kannst herschauen oder weggucken,
das ist mir ganz egal. Und sonst sieht um diese Zeit sicher niemand zu. Außerdem
bin ich bei so etwas immer recht schnell. Im Auto habe ich eine alte Decke, mit
der können wir uns nachher abtrocknen. Na, was meinst du? Das wäre doch ein toller
Abschluss des heutigen Abends.«
    »Klingt
verlockend«, gab Korber zu. »Aber ob ich das in meinem Alter noch einmal probieren
soll?«
    »Komm schon,
alter Mann«, munterte sie ihn auf und nahm ihn dabei kurz bei der Hand. »Da ist
doch nichts dabei. Oder genierst du dich etwa?«
    »Nein, nein«,
versicherte Korber eilig. Eigentlich war ihm die ganze Sache jedoch äußerst unangenehm.
So wenig er in jeder anderen Situation gegen ein gemeinsames Ausziehen gehabt hätte,
so sehr störte ihn im konkreten Fall die Aussicht auf kameradschaftliche Nacktheit.
    Trotzdem
stand er, nachdem er gezahlt hatte, auf und folgte Simone, die vorausging, zum nahen
Ufer.
     
    *
     
    Wie ausgestorben, dachte Leopold.
Wiederum war das Café Heller knapp nach Sonnenuntergang beinahe leer. Ein einsamer
Mann stand am ersten Billardtisch und übte sich im Stellungsspiel, zwei junge Mädchen
plauderten etwas gelangweilt und rauchten Unmengen an Zigaretten, ein schwarzhaariger
Mittvierziger schlürfte seinen Kaffee an der Theke, das war’s.
    Es gab nicht
viel zu tun und wenig Trinkgeld. Unerfreulich, aber eben der Jahreszeit entsprechend.
Immerhin hatte Leopold seine gewohnte Beschäftigung. Aber was würde er tun, wenn
das Kaffeehaus wirklich für einen Monat seine Pforten schloss? Daran wollte er gar
nicht denken. Es war eine Situation, die in seinem langen Leben als Oberkellner
praktisch noch nie vorgekommen war, eine Situation, die in ihm die schlimmsten Vorahnungen
aufsteigen ließ. Gründlich ausrasten sollte er sich, hatte Frau Heller gesagt, und
es sich so richtig gut gehen lassen. Sie hatte offenbar keine Ahnung, wie schwierig
das war.
    Der Herr
an der Theke bestellte noch einen großen Braunen. Während er an der Kaffeemaschine
herumhantierte, überlegte Leopold, ob es nicht tatsächlich

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