Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
schwimmen.
»Vielleicht
wollte er so wie wir ein nächtliches Bad nehmen und ist dabei ertrunken«, überlegte
Korber.
»Mir egal.
Ich zittere am ganzen Körper. Jeden Augenblick glaube ich, ich drehe durch, und
du redest nur dummes Zeug«, ärgerte sich Simone.
Korber ärgerte
sich auch. Anstatt sich mit Simone auf angenehme Art und Weise zu vergnügen, würde
er sie beruhigen und die Polizei verständigen müssen. Die Lustbarkeiten, die so
nahe schienen, waren in weite Ferne gerückt. Vielmehr würde er den unendlichen Fragereien
der Beamten ausgesetzt sein und sich vielleicht sogar für sein kleines Abenteuer
rechtfertigen müssen. Keine verlockenden Aussichten.
Er hatte
Simone eingeholt. Beide waren nicht mehr weit vom Ufer entfernt. Da vermeinte er,
in der Nähe ihrer Habseligkeiten eine dunkle Gestalt auszumachen. War sie es gewesen,
die ihn schon vorhin irritiert hatte? Vielleicht. Jedenfalls fiel sie diesmal auch
Simone auf. »Auch das noch! Da ist wirklich so ein Scherzbold«, schluchzte sie.
»Wir müssen
trotzdem aus dem Wasser«, raunte Korber ihr zu. »Aber keine Sorge! Wenn das ein
Spechtler ist, bekommt er es mit mir zu tun.«
Vorsichtig
stiegen sie ans Ufer. Jetzt schien der Fremde wieder weg zu sein. Aber Korber traute
dem Frieden nicht. Während Simone mit der Decke verschwand und sich in sicherer
Entfernung anzog, prüfte er den Strauch und seine nähere Umgebung.
»Rühren
Sie sich nicht, junger Mann«, hörte er da plötzlich eine männliche Stimme hinter
sich. Er dreht sich um und zuckte zusammen. Das musste die unheimliche Gestalt sein,
die ihn verfolgte: schwarzes Hemd, schwarze Hose, schwarze, tief ins Gesicht gezogene
Stirnkappe.
Als er genauer
hinschaute, war er erleichtert: Es war Leopold.
Trotzdem
sah man Korber den Schrecken noch an. »Was machst du denn hier? Hast du mir etwa
nachspioniert?«, wollte er wissen.
»Man kann
dich einfach nicht aus den Augen lassen«, erwiderte Leopold. »Das ist es offenbar,
was herauskommt, wenn du aus reiner Gefälligkeit mit einer Dame essen gehst. Nur
dass ihr so schnell aus euren Kleidern heraus seid, hätte ich nicht vermutet.«
»Du warst
also die ganze Zeit über da. Schämst du dich nicht? Einfach umherzuschleichen wie
so ein perverses Ekel. Was soll überhaupt dieser Aufzug?«
»Gefällt
er dir? Ich habe eine kleine Anleihe bei euch Schauspielern gemacht. Verkleidung
›Tarnanzug‹ sozusagen. Nicht schlecht, was? Ihr habt zwar einen Verdacht gehabt,
aber entdeckt habt ihr mich nicht. Ich habe euch beim Birner herausgehen sehen und
war eben neugierig, was man an einem förmlichen Abend so alles treibt.«
»Weißt du,
was du bist, Leopold? Du …«
»Psst, nicht
so laut. Wir wollen die Dame nicht erschrecken«, säuselte Leopold. »So, und bevor
sie zurückkommt, erzählst du mir noch schnell, was draußen los war.«
»Was gibt’s
da viel zu erzählen? Auf einmal machte es schwupp, und die Leiche ist neben uns
aus dem Wasser aufgetaucht.«
»Ja, ja,
gerade als ihr es euch so richtig gemütlich machen wolltet. Hast du sie dir angesehen,
Thomas?«
»Es ist
ein Mann, und er ist nackt. Genügt dir das?«
»Wer es
ist, hast du nicht erkannt?«
»Wie denn?
Der Leichnam war fünf bis zehn Meter von uns entfernt. Glaubst du, es ist Walters?«
»Möglich«,
mutmaßte Leopold. »Aber alleine werden wir das nicht herausfinden. Hinausschwimmen
will von uns wohl keiner mehr. Also muss der Tote aus dem Wasser geholt werden.
Von Fachleuten. Ich werde einmal meinen Freund, Oberinspektor Juricek, anrufen.«
*
Mitternacht war bereits vorüber.
Trotz der fortgeschrittenen Stunde hatten sich zahlreiche Schaulustige jenseits
der polizeilichen Absperrung eingefunden. Simone Bachmann war nach Hause entlassen
worden, nachdem sie ihre Aussage gemacht hatte. Leopold und Korber warteten neben
Oberinspektor Juricek und Inspektor Bollek darauf, dass der Tote ans Ufer gebracht
wurde.
Endlich
war es soweit. »Ich kann euch den unangenehmen Anblick nicht ersparen«, bereitete
Juricek beide vor. »Ihr müsst jetzt versuchen, den Leichnam zu identifizieren.«
Korber blickte
kurz in das aufgedunsene, bereits entstellte Gesicht, ehe er sich mit Schaudern
abwandte. »Nein, den … den kenne ich nicht, denke ich«, beteuerte er.
»Es handelt
sich also nicht um Herwig Walters?«, wollte Bollek wissen.
»Nein, der
sah irgendwie anders aus. Vor allem hatte er rote Haare, keine Glatze.«
»Und was
meinst du, Leopold?«, fragte Juricek.
»Ich habe
Herrn
Weitere Kostenlose Bücher