Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
›Friedelchen‹ gerufen hat.
Walters kommt die Idee, einmal Simone Bachmann und einmal Sven Biedermann zu sich
zu zitieren. Er tut recht geheimnisvoll. Er habe ihnen etwas Wichtiges zu sagen,
das sie einer bestimmten Person mitteilen mögen, aber erst, nachdem das Stück aufgeführt
worden sei und er mit der Truppe nichts mehr zu tun habe. Und dann sagt er so etwas
Ähnliches wie: ›Die Riedl wird viel Geld bekommen, wenn ich einmal tot bin.‹ Er
sagt Riedl , aber er ist Schauspieler und spricht das Wort so aus, dass es
wie Friedl klingt, etwa, indem er nuschelt oder den Anlaut kurz behaucht.
Alles läuft so ab, wie er sich das vorstellt. Weder Sven Biedermann noch Simone
halten sich an die Abmachung und erzählen die Geschichte brühwarm an die ihnen nahestehenden
Personen weiter: an Sonja Friedl und Elfriede Bachmann.
Damit geht
sein Jux auf. Elfriede lässt Walters natürlich weiter an sich heran, weil sie glaubt,
dass sie dadurch das große Glück machen wird, und Sonja Friedl ist heillos verwirrt
und verunsichert. Aber er bleibt launisch, und nachts zerfrisst ihn immer mehr der
Alkohol. Eines Abends nach einer Zechtour erzählt er Elfriede, dass sie sich geirrt
habe, wenn sie glauben würde, sie bekäme sein Geld. Wahrscheinlich tut er es auf
eine entsprechend provokante und entwürdigende Weise. Elfriede lädt ihn kurz entschlossen
zu einem erotischen Bad in der Alten Donau ein – die Bachmann-Schwestern scheinen
ja eine besondere Vorliebe für nächtliche Wasserspiele zu haben. Der Rest ist klar:
Aufgrund seines angetrunkenen Zustandes ist es für Elfriede ein Leichtes, ihn zu
beseitigen.«
Leopold
blickte erwartungsvoll in die Runde. »Klingt durchaus einleuchtend«, nickte Juricek
anerkennend. »Es deckt sich auch mit dem, was ich soeben von Elfriede Bachmann gehört
habe und hat geholfen, einige Lücken bei mir zu schließen. Wie du wirklich hinter
das alles gekommen bist, darüber breiten wir am besten den Mantel des Schweigens.
Schwamm drüber.«
»Und warum
wollte sie Anette umbringen? War es wirklich nur der Neid?«, versuchte Korber, seine
letzten Lücken im Ablauf der Ereignisse zu schließen.
»Ja, selbstverständlich«,
antwortete Leopold. »Elfriede konnte es schon nicht verkraften, dass sich ihre Million,
von der sie geträumt hatte, sozusagen in Luft aufgelöst hatte. Wie konnte sie es
da zulassen, dass ausgerechnet die junge, naive, rechthaberische Anette auf einmal
glückliche Nutznießerin ihrer Tat wurde?«
»Elfriede
Bachmann hat die Sache ja äußerst schlau eingefädelt«, ergänzte Juricek. »Sie hat
Anette angerufen und die Stimme dabei so verstellt, dass sie für einen Mann gehalten
werden musste. Damit hat sie sie zu der Tankstelle gelockt, gerade zur richtigen
Uhrzeit nach Sonnenuntergang. Der Park, um diese Zeit ein idealer Ort für einen
Anschlag, war nicht weit entfernt. Da Anette ja auf einen Mann wartete, war es zunächst
unverdächtig, dass plötzlich sie auftauchte. Und wenn wir nach dem Mord in
der Tankstelle nachgeforscht hätten, hätten wir erfahren, dass Anette einen Herrn
Alfred gesucht hatte – ein Hinweis auf Freddie Glomser, den Elfriede schon bei ihrem
verkleideten Auftritt hier im Heller belastet hatte.«
»Dabei hat
sie Anette vorher schon ein-, zweimal erfolglos aufgelauert. Und ich habe geglaubt,
das arme Kind ist überspannt«, rekapitulierte Korber. »Hat eigentlich Simone ihrer
Schwester irgendwie geholfen?«, schoss ihm dann ein.
»Im Gegenteil,
ich kann dich beruhigen«, versicherte Leopold ihm. »Die hat nichts gewusst und ihre
Schwester auch nie verdächtigt. Wäre sie sonst mit dir genau dort baden gegangen,
wo Walters eine Woche zuvor ertränkt worden ist? Nein, nein, es ist schon alles
so gewesen, wie wir es uns gerade ausgemalt haben – und Nestroy es prophezeit hat!«
»Du immer
mit deinem Nestroy«, wunderte sich Korber. »Möchte wissen, wo du das herhast.«
Juricek
ging nach vor zu Frau Heller, um seinen Kaffee zu bezahlen. »Scheint im Augenblick
eine fixe Idee von ihm zu sein, das mit dem Nestroy«, raunte er ihr dabei zu.
»Was heißt
fixe Idee?«, erklärte sie ihm. »Der Mann ist durch seine ständigen G’schaftlhubereien
einfach überfordert. Glauben Sie mir, die paar Wochen Urlaub im August werden ihm
äußerst gut tun!«
*
An diesem Abend gelang es Leopold
zunächst nicht einzuschlafen. Die Eindrücke des Tages, die zuletzt sich überstürzenden
Ereignisse wirkten noch lang auf ihn ein. Und im Unterbewusstsein
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