Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Netha-Chrome

Netha-Chrome

Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
Vom Netzwerk:
realen Traum, hatte sie sich in ihrem Zimmer umgeschaut und sich gefragt, ob sie gerade aus einem Traum erwacht war, oder ob der Traum ihre reale Welt darstellte. Und ob sie nur träumte, dass sie gerade auf ihrem Bett sitzt. Erzählen wollte sie niemandem davon, denn niemand hätte sie verstanden oder nur ansatzweise für voll genommen, denn verstehen konnte sie es selber kaum. Sie wusste nur eines. Diese Träume machten ihr eine Heidenangst. Und nach der fünften Albtraumnacht in Folge fühlte sie sich am nächsten Morgen hundsmiserabel, als habe sie die Nacht überhaupt nicht geschlafen, sondern sei tatsächlich die ganze Zeit durch irgendwelche dunklen Labyrinthe gelaufen und vor lebendigen Masken geflohen. Und das wiederum führte dazu, dass sie den Schlaf, den sie zu Hause anscheinend nicht in ausreichendem Maße bekommen konnte, woanders nachholte….

    „Jules? Jules! Fräulein del Ruiz!“ Diese Stimme! Wieso weckt mich diese Stimme? Diese Stimme gehört meiner Geschichtslehrerin. Was macht Frau Keller in meinem Schlafzimmer? Oh Shit…
    Sie zuckte zusammen und blinzelte, dann begriff sie erst wo sie war. Und das war nicht ihr Schlafzimmer, denn da befand sie sich schon seit drei Stunden nicht mehr. Ihre rechte Wange war eine klebrige Verbindung mit dem Display ihres Tablet-PC`s eingegangen. Nun lösten sich beide mit einem satten Schmatzer voneinander, als sie erschrocken den Kopf hob. Nochmals blinzelte sie und als sie nun vollendend begriffen hatte, wo sie sich befand, spürte Jules, wie warmes Blut in ihren Kopf schoss, der zu leuchten begann wie eine Verkehrsampel.
    „Ähm, ja Frau Keller. Ich…äh…hab nicht geschlafen. Ich leide an, äh, chronischer Muskeldystrophie im Nackenbereich.“ Sie rang sich ein breites Grinsen ab und fügte hinzu: „So was ist erblich.“ Leises Kichern aus den Sitzreihen hinter ihr und ungläubiges Anstarren der Streber aus den ersten Reihen folgten ihrem, gelinde ausgedrückt, unorthodoxen Entschuldigungsversuch. Frau Keller setzte einen Blick auf, der die härtesten Jungs auf der Schule in weinerliche Waschlappen verwandelt hätte. Blitzende, rehbraune Augen durchbohrten Jules. Blicke, die jeden auf der Stelle töten wollten, der es wagte, in ihrem Unterricht einzuschlafen. Was nicht allzu oft vorkam.
    „So“, begann Frau Keller mit sanfter, aber überaus strenger Stimme. „Dann erklär deiner Geschichtslehrerin, die übrigens auch den Bio-LK leitet, seit wann eine Erschlaffung der Nackenmuskulatur eine Erberkrankung ist. Und wieso dieses Symptom bei dir nur in meinem Unterricht auftritt.“ Jules schluckte. Die Keller war nicht nur für eine sehr hübsche Frau, nein, diese Frau war auch noch klug wie ein Fuchs. Beziehungsweise wie eine Füchsin. Eine Füchsin mit einem liebenswerten Gesicht, einem strahlenden Lächeln, naturrotem welligen Haar und blutroten Lippen. Eine Füchsin, auf der sämtliche Jungs in ihrer Klasse abgefahren wären, wöge sie nicht geschätzte hundertsiebzig Kilo. Auf einer ungefähren Größe von einem Meter siebzig, wohlgemerkt. Ja, die Frau hatte nicht nur ein Gewichtsproblem, sie hatte ein massives Gewichtsproblem. Der Mathe-Leistungskurs hatte bereits verlautbart, dass das Gesamtgewicht der Keller nur in Bruttoregistertonnen anzugeben sei. Die Germanisten dichteten ihren Namen in Lagerhalle um und der Dämonologie-Kurs sprach ihr gar die Menschlichkeit ab, denn kein normaler Mensch könne ja so fett werden. Jules musste zugeben, dass sie gelacht hatte, als diese Gerüchte aufgekommen waren. Doch danach fühlte sie sich schlecht, denn sie mochte die Keller wirklich. Nie zuvor hatte sie eine so sympathische Lehrerin gehabt wie diese. Und dennoch war es tödlich, in einem ihrer Kurse einzuschlafen.
    „Ich…sage am besten gar nichts mehr ohne meinen Anwalt.“ Frau Kellers Miene verdüsterte sich zusehends und sie nickte Jules zustimmend zu.
    „Ja, dass wäre wohl besser. Du weißt, was zu tun ist, Jules.“ Sie zeigte mit einem Finger zur Tür. Ihre rotlackierten Fingernägel glänzten dabei, als seien sie gerade frisch manikürt worden. Jules nickte reuig und verließ unter Getuschel und Gekicher das Klassenzimmer. Du weißt, was zu tun ist! Ja, wusste sie. Frische Luft auf dem Hof schnappen und sich dabei die Lunge mit dem Gift aus einem Glimmstängel malträtieren. Manchmal war eine außerplanmäßige Pause gar nicht so schlecht.
    Bis zum Schulhof wartete sie aber gar nicht erst, sondern schnippte bereits im Schulflur ihr silbernes

Weitere Kostenlose Bücher