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Netha-Chrome

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Titel: Netha-Chrome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janco Weiland
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Kleine lächelte mich an, während sie in einer gekonnten, grazilen Drehung eine Pille aus meiner Hand mopste und sich selbst in den Mund schob. Ich riss die Augen auf.
    „Hey!“, rief ich ihr nach, und tatsächlich blieb sie stehen und lachte mich an. Es war ein ehrliches Lachen. Sie lachte nicht, weil ich so ein Trottel war, der sich hatte bestehlen lassen. Sie lachte, weil sie fröhlich und unbeschwert war.
    Ich streckte meine Arme aus. „Du weißt schon, dass so ein Ding fünfhundert Kredite kostet?“ Normalerweise wäre ich stinksauer geworden, wenn jemand so etwas mit mir abgezogen hätte. Normalerweise. Aber bei diesem Mädel war das seltsamerweise nicht so. Ihre fröhliche Ausstrahlung brachte mich dazu, ihr nicht böse zu sein. Im Gegenteil. Fast war ich versucht, ebenfalls darüber zu lachen.
    Die Kleine tänzelte auf mich zu und warf ihren Arm um meine Schulter. Im Augenwinkel sah ich, wie sich Sydneys Miene verdüsterte, als sei sie gerade etwas eifersüchtig geworden.
    „Quatsch“, trällerte die Rothaarige. „Das da sind Knast-Pillen, die hast du für ein paar Naturalien bekommen.“ Ich runzelte die Stirn.
    „Woher willst du das denn wissen?“
    „Du bist doch Arkansas Johnston?“, beantwortete sie meine Frage mit einer Gegenfrage. „Ich weiß fast alles über dich. Aber auch wenn ich nicht wüsste, dass du frisch aus dem Knast kommst, weiß ich doch, dass Gefängnis-Vicodin scheiße schmeckt und die Pillen auf der Zunge zerkrümeln. Die stellen die Dinger da drin selber her, weißt du?“
    „Wer zum Henker bist du?“, fragte ich, während sich Sydney näher an mich heranschob. Fast dachte ich, sie wollte die kleine Rothaarige von mir wegschieben.
    „Ich bin Susan“, lachte die Kleine. „Susan Storm. Mein neuer Hacker-Name ist Alpha-Gamma Fünfzehn, falls dich das in irgendeiner Weise interessiert.“
    „Ehm, Susan Storm?“, fragte Sydney verblüfft. „Die Susan Storm? Die Hackerin, die für den Zwischenfall in den Devivox-Werken verantwortlich war?“ Die Kleine nickte frech.
    „Jep.“
    „Susan Storm ist aber auch nicht dein richtiger Name?“, vermutete ich.
    „Nein, du Genie“, kicherte sie. „Susan Storm ist eine terranische Comic-Figur. Aber spar dir die Luft, um mich nach meinem echten Namen zu fragen.“ Ich seufzte leise.
    „Das hätte ich ohnehin nicht getan“, sagte ich. „Ich kenne euch Hacker schließlich. Du schuldest mir trotzdem eine Vicodin, junges Fräulein.“ Susan neigte leicht den Kopf zur Seite.
    „Du nimmst das Zeug nicht, um dich vollzudröhnen“, stellte sie fest. „Es ist dein kybernetisches Implantat, das dir die Schmerzen bereitet.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Ist ja toll, dass du so viel über mich weißt“, knurrte ich leicht säuerlich.
    „Willst du die Schmerzen loswerden?“, fragte sie und langsam fühlte ich mich ein wenig verarscht.
    „Weißt du was Kleine? Ich…“, begann ich, aber Susan kam mir so nahe, dass mir ihre Nähe fast die Luft zum Atmen nahm. Aber es war nicht unangenehm. Ihre Ausstrahlung war faszinierend und vermittelte eine Wärme und eine Vertrautheit, als würde ich dieses flippige Mädchen schon mein halbes Leben kennen. Wie auch immer sie das anstellte, es funktionierte. Ich hätte ihr aus der Hand gefressen, hätte sie es von mir verlangt. Diese Susan hatte die gleiche seltsame Anziehungskraft wie Tijuana. Trotz dass sie weder Latina war noch über den umwerfend kurvigen Körper verfügte. Diese Susan war klein, zierlich und hellhäutig. Aber wie sie den Sirenen-Gesang aktivierte, um Männer in Trance zu versetzen, das wusste sie anscheinend nur zu gut. Vielleicht konnte man neuerdings den Östrogen-Ausstoß einer Frau ebenfalls durch ein Bio-Upgrade steigern?
    „Siehst du meine Augen?“, fragte sie. Ich schmunzelte.
    „Die sind nicht zu übersehen.“
    „Sieh genau hin. Du denkst, dass sei nur ein Bio-Upgrade?“ Ich sah genauer hin. Bio-Upgrades brachten menschliche Augen zum Leuchten und vermittelten ihnen eine Künstlichkeit, die sie sofort verrieten. Aber Susans Augen leuchteten irgendwie anders. Ich stutzte.
    „Das…ist kein Upgrade?“
    „Vollkommen Bio“, lachte sie.
    Das war ein Ding. Biologisch gezüchtete Augen wurden zwar sehr gerne in humanoiden KIs verwendet, doch nicht als Ersatz bei Menschen. Augen waren, neben dem Gehirn, die einzigen Körperteile, die einfach nicht verpflanzt wurden. Weil es nicht so funktionierte, wie es sollte. Zumindest hieß es so.
    Susan

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