Netha-Chrome
mir dieses Ding einst hier auf dem Mars eingesetzt, direkt nachdem ich wegen des Verlusts meines biologischen Armes nach Hause geschickt worden war. Ich war in der besten Militärklinik behandelt worden, die es zu dieser Zeit gab. Und während und nach dem Krieg hatte es zahlreiche Kliniken dieser Art gegeben. Ich konnte nicht glauben, dass man mir dort terranische Kybernetik angedreht hatte.
„Sydney hat mir erzählt, dass Sie ein Duster waren und ihr Implantat von der Armee erhalten haben. Während des Krieges auf Terra und auch eine lange Zeit danach war es relativ üblich, Soldaten, die Gliedmaßen verloren hatten, mit terranischer Kybernetik zu behandeln. Terranische Bauteile waren damals schon sehr viel billiger als die marsianischen. Natürlich waren sie auch damals schon qualitativ minderwertiger. Terraner haben in Sachen Kybernetik nicht so den Dreh raus wie Marsianer. Dafür sind die Jungs auf der Erde in der Biomolekular-Medizin umso besser.“
„Und deshalb funktioniert der ganze Scheiß nicht so, wie er soll? Weil dieses terranische Scheißteil nicht mit meinen marsianischen Nano-Teilchen kompatibel ist?“
Derek nickte. „Jep, so sieht es aus. Mich würde es nicht wundern, wenn das Teil nicht gar Kriegsbeute der marsianischen Armee ist. Hat man auch gerne gemacht. Mit erbeuteter Kybernetik die eigenen Truppen behandelt.“
Ich presste meine Kiefer aufeinander und sog Luft durch meine Zähne. „Das kann ich schwer glauben.“
„Ich könnte Ihnen noch so manche Geschichten darüber erzählen, was die marsianische Armee noch für krumme Dinger angestellt hat. Aber das wollen Sie bestimmt nicht wissen. Sie interessieren sich nur für meine Diagnose, stimmt`s?“
Er pausierte kurz, um mir Zeit zum Antworten zu geben. Ich wusste nicht, woher dieser Kerl das alles wusste oder vorgab zu wissen. Doch ich glaubte ihm. Früher hätte ich jedem, der die Duster in ein so schlechtes Licht rückte, einen aufs Maul gegeben. Aber es hatte sich viel geändert. Ich wusste ja selbst inzwischen nicht mehr, in was für einem Licht ich die marsianische Armee sehen sollte.
„Stimmt, ich will es gar nicht wissen“, gab ich zurück und Derek nickte.
„Und ich habe nicht nur eine Diagnose, sondern sogar eine Lösung des Problems. Na, bin ich gut?“
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Wenn Sie wirklich eine Lösung haben, erkläre ich Sie ab sofort zu meinem Lieblingstechnikdealer, Derek.“
Der Terraner grinste breit und zog nun ein kleines weißes Plättchen aus seiner Jackentasche, nicht dicker als ein Stück Papier.
„Das will ich doch schwer hoffen“, sagte er und hielt die Scheibe in die Luft. In dem hellen Licht der Wohnzelle war es fast durchsichtig. „Das hier ist ein MPH, ein Multifunktionales Plaquelings-Habitat. Es wurde ursprünglich auf Terra entwickelt, um die Pettersson-Krankheit zu heilen. Allerdings kann man es mit ein paar Modifikationen für viele andere Dinge verwenden. Und genau das macht es zu einer Art Schweizer Taschenmesser der Biomolekular-Medizin.“
Ich neigte meinen Kopf und musterte das kleine Plättchen aufmerksam. In seinem Inneren glitzerte es leicht. Und das lag nicht am Lichteinfall.
„Und, ähm, wie funktioniert das Ding genau?“
„Ganz einfach“, antwortete Derek. „Man klebt das MPH auf die Haut. Dabei ist es egal, wo man es hin klebt. Hauptsache, es hat ständigen Kontakt zur Haut des Patienten, solange die enthaltenen Plaquelings ihre Aufgabe erfüllen.“
„Was zum Teufel sind Plaquelings?“, fragte ich und verzog das Gesicht. Irgendwie klang das widerlich.
„Mh“, machte der Dealer. „Wie soll ich das erklären? Plaquelings sind biologisch erzeugt, aber dennoch programmierbar wie Nano-Teilchen. Im Grund könnte man sie sogar mit Nano-Teilchen vergleichen, aber das würde den kleinen Kerlchen nicht gerecht. Denn Nano-Teilchen herzustellen ist simpel, Plaquelings zu züchten erfordert, neben viel Geduld, auch jahrelange Arbeit. Aber es lohnt sich wenn man weiß, wozu sie alles in der Lage sein können. Hochintelligente Bio-Helferlein, die man wie einen Computer programmieren kann, um ihnen jede nur erdenkliche Aufgabe zu geben, können für so gut wie alles eingesetzt werden. Und sie haben gegenüber den Nano-Teilchen noch einen alles entscheidenden Vorteil: Sie können direkt in menschliche Zellen eindringen, anstatt sich einfach nur außen an sie anzuheften. Es gibt eben Dinge, die man nicht durch Nano-Technologie regeln kann. Manchmal benötigt
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