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Nett ist die kleine Schwester von Scheiße

Nett ist die kleine Schwester von Scheiße

Titel: Nett ist die kleine Schwester von Scheiße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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Rollen in unserem Gesellschaftsspiel sind:
Der Dramatiker
     
    Die Rolle und ihr Gegenspieler: Den Dramatiker muss man als Dramatiker übertreffen.
     
    Dramatiker lieben, wie man sich denken kann, das Drama. Gibt es gerade keines, wird eines erfunden – auf Kosten der Mitmenschen. Gerade noch war die Stimmung unbeschwert, da haben wir sie durch eine unachtsame Bemerkung zerstört. Ein harmloser Einkaufsbummel endet in einer Katastrophe, weil man den teuren Alpaka-Mantel mit einer belanglosen Bemerkung über die aktuelle Finanzlage unseres Dramatikers zurückgehängt hat. Der Dramatiker oder die Dramatikerin bricht zusammen mit den Worten: »Willst du sagen, dass ich keinen Alpaka-Mantel verdient habe?«
    Nun entschuldigt man sich, beteuert, so habe man es nicht gemeint, und verstrickt sich immer mehr. Und das genau will der Dramatiker, denn unsere Entschuldigungen bestätigen ihm, dass er im Recht ist:
     
    Er ist voller Sehnsucht – wir treten seine Gefühle mit Füßen.
    Er liebt (mal uns, dann wieder jemand anderen) – wir sind stumpf und uneinfühlsam.
    Er hat widerstreitende Gefühle, aber wir sollen immer eindeutig sein.
    Er ist seinen Ängsten schutzlos ausgeliefert, aber das können wir ja nicht verstehen.
     
    Mit Dramen sollen wir in Schach gehalten werden. Diesen Plan müssen wir hintertreiben, indem wir ebenfalls Szenen hinlegen; also auf der Straße weinen und schreien, Restaurants Türen knallend verlassen und Telefonate aus nichtigen Gründen abrupt beenden. Kurz: Wir foltern zurück. Allerdings sollten wir dabei den Dramatiker übertreffen. Er wird erst irritiert sein, aber da er Aufregung schätzt, wird er uns selbst die absurdesten Aktionen verzeihen.
Der Komplizierte
     
    Die Rolle und ihr Gegenspieler: Auf den Komplizierten reagiert man kompliziert, wichtigste Zusatzregel: niemals entschuldigen!
     
    Komplizierte verstricken uns in ihr unordentliches Leben ohne Rücksicht auf unsere Zeit und unsere Gefühle. Hat man sich einmal breitschlagen lassen, ihnen bei irgendeiner Sache zu helfen, wird es damit enden, dass sie unzufrieden mit uns sind.
    Immer haben sie Streit mit irgendjemandem, können also bei dem Y nicht zum Abendessen erscheinen, wenn die Freundin vom Soundso kommt und müssen lange Telefonate führen, damit sie ausgeladen wird. Laden sie selbst ein, muss ebenfalls viel telefoniert werden, weil der X nicht kommen darf.
    Bei Komplizierten passiert immer etwas, und immer haben die anderen Schuld. Deswegen darf man sich bei ihnen niemals entschuldigen, denn das spielt ihnen unnötig in die Hände. Auch den Komplizierten schlägt man am besten mit seinen eigenen Waffen. Halten Sie also den Komplizierten in Schach mit unerwarteten Wendungen und ausgefallenen Problemen.
Der Weinerliche
     
    Die Rolle und ihr Gegenspieler: Dem Weinerlichen kommt man mit Befehlen bei.
     
     
    Ihre Kollegin hat Asthma, natürlich wird im Büro nicht geraucht, aber sie bekommt schon einen Hustenanfall, wenn der Zigarettenrauch durch die offene Terrassentür an ihrem Schreibtisch vorbeizieht. Werden Sie ihr gegenüber ungehalten, hält Sie Ihnen eine Rede über Rücksichtnahme und Respekt, und am nächsten Tag ist sie krank, und Sie dürfen ihre Arbeit mitmachen. Irgendwie fühlen Sie, dass da etwas nicht stimmt, denn die Kollegin kann auf Partys durchaus neben einem Raucher sitzen. Den Terror der Weinerlichen können Sie ganz einfach beenden, und zwar mit einem klaren Befehl. In diesem Beispiel lautet er:
    »Übrigens, Ilona, in meinem Büro hast du kein Asthma.«
    Befehle sind ein klares Signal an den Weinerlichen und haben eine erstaunlich heilende Wirkung.
    Zeigen Sie durch klare Ansagen, dass die Opfer, Hypochonder und notorischen Verlierer bei Ihnen kein Verständnis erwarten können und dass sie sich die Aufmerksamkeit für ihre Ticks und Krankheiten woanders holen müssen.
Der Gute
     
    Die Rolle und ihr Gegenspieler: Den Guten muss man als Dramatiker verwirren.
     
    Ein Gutmensch macht jeden Witz kaputt, weil er alles zu ernst nimmt, über nichts darf man sich lustig machen, schon gar nicht über Schwache und Frauen. In seiner Gegenwart kämpft man permanent gegen den ausgesprochenen oder unausgesprochenen Vorwurf, ein Rassist, Sexist, Reaktionär oder ein Egoist zu sein. So sehr wir uns auch bemühen, ein Gutmensch ist immer besser als wir.
    Da hilft nur eins – zuerst beleidigt sein! Wie das geht, haben wir vom Dramatiker gelernt: Um beleidigt zu sein, genügt uns der kleinste Anlass,

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