Nette Nachbarn
Tat niemals
unbelohnt bleiben würde«, sagte ich. »Ich fange langsam an, ihr zu glauben.«
EINUNDZWANZIGSTES
KAPITEL
KSUNs Studios befanden sich in einem
großen, weißen Gebäude, das einen Block an der Army Street im Industriegebiet
Bayshore District einnahm. Das Gebäude — eckig, klotzig, fensterlos — konnte
keine architektonischen Verdienste für sich beanspruchen und wäre völlig mit
den Lagerhäusern der Umgebung verschmolzen, wären da nicht die Sendeausstattung
und die Neonbuchstaben auf dem Dach gewesen. Um sieben Uhr an diesem Abend
blinkten die Buchstaben rot vor dem dunklen Himmel.
Ich parkte neben Dons Jaguar und ging
durch die Spiegelglas-Türen in die Eingangshalle. Ihre Wände waren mit
Gedenktafeln, gerahmten Auszeichnungen und Werbefotos der Discjockeys bedeckt.
Melissa, die Empfangsdame am Abend, saß am Schreibtisch und blätterte müde eine
Ausgabe der Variety durch. Als sie mich sah, deutete sie auf die Tür
hinter sich und sagte: »Don ist in Studio D. Ich lass’ dich rein.«
Ich war schon oft dagewesen, wußte
also, daß ich den Gang geradeaus gehen mußte, an einem großen schwarzen Brett
vorbei, das unter einer mehrschichtigen Vielzahl von Notizen,
Veranstaltungsplänen, Postern von Veranstaltungen, die KSUN gesponsort hatte,
Anzeigen für den An- und Verkauf von gebrauchten Gegenständen,
Wohnungsanfragen, Gitarrenunterricht, Fotolehrgängen und billiger
Psychotherapie fast verschwand. Eins von Dons Fotos hing immer noch da, und
irgend jemand hatte ihm Hörner und Fangzähne gemalt.
Am Ende des Ganges befand sich eine
Halle, von der ein paar Studios abgingen. Eine rote Warnlampe blinkte über der
Tür zum ersten, und durch sein Fenster konnte ich einen von Dons Kollegen
sehen, der eine Platte auflegte, während er ins Mikro sprach. Don und Carolyn
saßen auf der uralten Couch in der Halle und gingen eine maschinengeschriebene
Liste der Fragen durch.
Ich begrüßte sie, zog meine Jacke aus
und setzte mich in einen Lehnstuhl, der noch schlimmer aussah als der in meinem
Büro. Dann sah ich mich um und zog vor Abscheu die Nase kraus. Ich bin ein
ordentlicher Mensch, und vom ersten Augenblick an, in dem ich diese Halle
gesehen hatte, wollte ich ihr mit Besen und Lappen zu Leibe rücken. Die
schäbigen Möbel und der abgetretene Linoleumboden waren immer übersät mit
zerknüllten Seiten der Tageszeitung; auf dem niedrigen Tisch vor der Couch
stand ein Sammelsurium von leeren Dosen, Pappbechern, überquellenden
Aschenbechern, abgestellten, alten Essensbehältern und Papierschnitzeln. Jetzt
roch es entschieden nach Zigarre, und mitten in einem übervollen Aschenbecher
bräunte ein Apfelgehäuse vor sich hin.
»Okay«, sagte Don zu Carolyn, »das
reicht für deinen Teil an der Sendung.« Er wandte sich mir zu. »Bist du
nervös?«
»Ich?« Ich streckte die Hände aus, um
zu zeigen, daß sie ganz ruhig waren.
Don drückte eine und grinste, als er
merkte, daß sie eiskalt war. »Entspann dich«, sagte er. »Es wird prima gehen.
Wenn wir auf Sendung sind, vergißt du all die Leute da draußen und redest
einfach, als säßen da nur wir drei und würden uns unterhalten.«
»Klar doch.«
»Vertrau mir.«
Er zog das getippte Blatt zu Rate.
»Carolyn und ich haben darüber gesprochen, wie wir die Sendung aufziehen
sollten. Zuerst gebe ich eine kurze Einführung, stelle Carolyn ein paar
allgemeine Fragen und führe dann über zu deinem Fall. Du erklärst ihn, bittest
um Informationen über Duc, und während wir auf Anrufe warten, wird Carolyn vom
Center und seinen Aufgaben erzählen.«
Ich nickte. Mir gefiel es, daß ich mit
meinem Teil zuerst fertig sein sollte.
Don stand auf. »Dann wollen wir jetzt
mal ins Studio gehen, damit ihr euch damit vertraut machen könnt.«
Er führte uns in ein leeres Studio mit
einer U-förmigen Konsole, auf der Plattenspieler, Kassettenrecorder standen,
ein Paneel mit Dutzenden von Knöpfen und Schaltern und ein Telefon mit mehreren
Anschlüssen. Hinter der Konsole gab es Regale mit unzähligen Kassettenstapeln,
und auf einer Seite befand sich ein Wandpaneel mit Meßgeräten. Don führte
Carolyn herum und erklärte ihr alles, wie er es auch mit mir gemacht hatte, als
ich ihn das erste Mal im Studio besuchte.
Ich trat hinter die Konsole und setzte
mich auf den Stuhl. Mein Blick wanderte zum Oszilloskop — einem Bildschirm, der
aussah wie eine Zielscheibe mit wandernden grünen Linien. Don hatte mir
erklärt, daß er anzeigte, was das Sendesignal
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