Nette Nachbarn
war einfach nur
Professionalismus, das war alles.
Don ließ uns am Tisch Platz nehmen und
die Kopfhörer aufsetzen. Er selbst ging zur Konsole zurück, stülpte sich seine
eigenen Kopfhörer über, und dann übten wir die Unterhaltung, benutzten die
Mikros, nahmen Telefonate entgegen. Ein Techniker, das lange Haar zum
Pferdeschwanz gebunden, tauchte auf — war er derjenige, der die Leute mit
geistverändernden Substanzen fütterte? Bald waren es nur noch Minuten bis zur
Sendezeit.
Ich warf einen nervösen Blick auf
Carolyn, und sie tätschelte mir den Arm und sah so elend aus, wie ich mich
fühlte. Meine Ohren unter dem schweren Kopfhörer fingen an zu schwitzen, und
die Kabine war schon jetzt heiß und stickig. Als das Licht anging, das anzeigte,
daß wir auf Sendung waren, unterdrückte ich den Drang, aus dem Studio zu rasen.
Don fing mit seiner Einführung in die
Sendung an — kühl und lässig, viel ruhiger, als er sich anhörte, wenn er das
machte, was er sein ›tägliches Gekreisch und Gebrüll‹ nannte.
»Willkommen bei Dons Forum. Bei denen
von euch, die sich auf etwas Wildes und Wunderbares gefreut haben, muß ich mich
entschuldigen. Wir haben erst letzte Woche ein ernstes Thema gehabt. Ja, ihr
erinnert euch doch noch an die Sendung über den Golden Gate Park und die
steigenden Kosten, die es verursacht, ihn grün zu halten. Klar tut ihr das.
Nicht? Nun, jedenfalls habe ich euch letzte Woche versprochen, daß wir heute
abend heulen würden. Richtig heulen mit den Jungs von der Big Money Band, die
zur Christmas Show im Cow Palace hier in der Stadt sind. Ja, das sind schon
Kerle!«
An dieser Stelle blickte er auf und
zwinkerte mir zu. Das waren wirklich Kerle — besonders, wenn sie aus dem
Stegreif beschlossen, im Pool des Blue Lagoon zu schwimmen. Ich lächelte
zurück, dachte dabei, wie verändert er im Radio war, selbst bei dieser leisen
Sendung. Der Don, den ich kannte, war ein Mann, der mit Worten sparsam umging;
ohne Mikrofon würde er niemals so plappern.
»Wirklich toll«, sagte er wieder. »Und
um das zu beweisen, haben sie heute abend auf ihre Sendezeit verzichtet. Nicht
für immer, o nein! Aber für heute abend. Weil wir heute abend nämlich zwei
Ladies hier haben, die ein echtes Problem haben. Und sie möchten darüber zu
euch sprechen. Sie glauben, daß ihr vielleicht eine Lösung für sie habt. Und
ich sage euch, es ist sogar möglich, daß ihr ein Leben retten könnt. Also
bleibt am Radio, und nach der Werbung erfahrt ihr mehr.«
Er drückte auf den Knopf eines der
Kassettenrecorder, und ein Werbespot wurde gesendet. Durch meine Kopfhörer
hörte ich ihn sagen: »Seht ihr? Ganz einfach. Wenn das vorbei ist, stelle ich
dich vor, Carolyn.«
Carolyn nickte und schaute zu mir
herüber. Ihr Gesicht war angespannt. Meine Ohren schwitzten so sehr, daß ich
ein Tempo aus meiner Handtasche holte.
Der Werbespot war vorbei, und Don
sagte: »Okay, da sind wir wieder. Heute abend bei uns — und ihr Leute da
draußen solltet lieber auch bei uns eingeschaltet bleiben — ist Carolyn Bui vom
Refugee Assistance Center. Carolyn — machen wir es ein bißchen weniger formell,
die Leute da draußen sind auch nicht so formell, aber es sind gute Kerle, sie
alle, dafür lege ich meine Hand ins Feuer — Carolyn, erzählen Sie uns, was das
Center tut?«
Carolyn warf mir einen panikerfüllten
Blick zu und fing dann an, ins Mikro zu sprechen. Ihre Stimme war so kühl und
beherrscht wie Dons. Sie erklärte kurz, was der Zustrom von Flüchtlingen aus
Südostasien bedeutete, erzählte von ihrem Bedarf an Nahrungsmitteln, Wohnraum
und Arbeit und von der Rolle, die das Center dabei spielte, ihnen zu helfen.
»Aber wir haben bei unserer Arbeit eine
Menge Probleme, Don«, sagte sie. »Es ist schwer, für die Leute etwas zu finden.
Sie haben nicht viel Geld, und sie brauchen ein anständiges Heim, in dem sie
ihre Kinder erziehen können.«
»Ihr bringt sie also in Gegenden unter,
wo die Mieten niedrig sind?«
»Ja.«
»Und eines dieser Gebiete ist das
Tenderloin?«
»Richtig. Und alles in allem ist das
toll gewesen. Die Leute in der Nachbarschaft haben uns sehr unterstützt. Ich
glaube, daß viele von ihnen — vor allem die älteren Menschen, die ihre eigenen
Familien gehabt haben und sie jetzt vermissen — die Kinder willkommen heißen.
Die Kinder haben Leben in eine tote Gegend gebracht. Sie lachen, sie spielen...
Na ja, Sie wissen ja, wie es ist, wenn man glückliche Kinder spielen hört.«
»Und ob«,
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