Netzwerk des Boesen
Mensch, dieser Dr. Selim, der uns so viel geholfen hat, vor allem meinem Henry und mir, dass wir unseren Glauben für uns entdecken konnten.«
Hannah kam sich schrecklich niederträchtig vor. »Das tut Ihnen gewiss sehr gut.«
»Ja, er hat schon zwei- oder dreimal angerufen, seit Henry mit seinem Freund unterwegs ist.«
Es entstand eine Pause. Sie atmete schwer. In das Schweigen hinein fragte Dillon: »Und wer ist das?«
»An den Namen kann ich mich leider nicht mehr erin nern. Irgendetwas Russisches, glaube ich. Der arme Mann hatte eine schreckliche Narbe, die von seinem Auge bis hinunter zum Mundwinkel reichte.«
Daraufhin sagte Dillon auf Arabisch und mit strenger Stimme: »Hast du mir alles erzählt, alte Frau? Schwörst du es, so wie Allah es befiehlt?«
Sie machte ein ängstliches Gesicht und antwortete eben falls auf Arabisch: »Mehr weiß ich nicht. Ich kenne seinen Namen nicht. Mein Sohn sagte, er sei ein russischer Freund. Das ist alles.«
Dillon lächelte, sah plötzlich hinreißend charmant aus und küsste die alte Mrs. Morgan auf die Stirn. »Auf Wie dersehen, meine Liebe.« Damit drehte er sich um und ging Hannah voraus zur Tür.
Draußen fauchte Hannah ihn an: »Was bist du nur für ein Mistkerl! Was hast du zu ihr gesagt?«
»Wollte nur sichergehen, dass sie die Wahrheit sagt.«
»Okay, lass uns gehen.«
»Ich bin noch nicht fertig, Hannah.« Er nickte mit dem
Kinn in Richtung des kleinen Ladens an der Ecke. »Komm, wir hören uns dort mal um. Dieser russische Wohltäter mit der Narbe interessiert mich. Vielleicht kennt man ihn dort ja.«
Während sie die Straße entlang zu dem kleinen Ge schäft gingen, wendete Greta hinter ihnen ihren Wagen und fuhr davon.
Auf dem Türschild stand M. PATEL. Dillon nickte zu frieden. »Inder, das ist gut.«
»Warum ist das gut?«, wollte Hannah wissen.
»Weil die schlau sind und sich zu benehmen wissen. Sie wollen Geld verdienen und nicht auffallen. Mal sehen, was dieser Mr. Patel zu sagen hat. Und zeig ihm deinen Ausweis.«
Der Laden war sauber und ordentlich, und es gab von allem ein bisschen. Der Inder hinter der Theke, hemds ärmelig und um die fünfzig, las den Evening Standard. Er sah hoch, lächelte, betrachtete die beiden Fremden ge nauer und knipste das Lächeln wieder aus.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Hannah zog ihren Ausweis hervor. »Detective Superin tendent Bernstein, Staatssicherheitspolizei. Mr. Dillon hier ist mein Kollege. Wir sind mit Ermittlungen beschäf tigt, die eine gewisse Mrs. Morgan einschließen, die hier in dieser Straße wohnt. Kennen Sie sie?«
»Selbstverständlich.«
»Ihr Sohn ist im Moment auf Reisen«, sagte Dillon. »In New York, richtig?«
»Ja, das hat sie mir erzählt. Aber was ist denn passiert?«
»Kein Grund zur Sorge, Mr. Patel, es ist alles in bester
Ordnung. Mrs. Morgan ist mit einem Dr. Ali Selim be freundet. Wissen Sie, wer das ist?«
Schlagartig veränderte sich Patels Miene. »Ja.«
»Und Sie mögen ihn nicht.« Dillon lächelte. »Die alte Hindu-Moslem-Geschichte, nicht wahr? Na, ist auch egal. Manchmal hat er einen Freund dabei, wenn er Mrs. Mor gan besucht. Der hat eine hässliche Narbe im Gesicht, vom Auge bis zum Mundwinkel. Sie glaubt, dass er Russe ist.«
»Da hat sie Recht. Er ist Russe. Hat mitunter hier bei mir Zigaretten gekauft. Selim, der Araber, nennt ihn Yuri. Die beiden waren erst gestern hier.«
Hannah warf einen Blick hinauf zu der Videokamera. »War die eingeschaltet?«
Patel nickte. »Ich hatte viel zu tun. Als das Band zu Ende war, habe ich es nicht zurückgespult, sondern die Kassette herausgenommen und eine neue eingelegt.«
»Gut«, meinte Dillon. »Ich bin sicher, Sie haben einen Fernseher im Hinterzimmer stehen. Geben Sie uns das Band, dann lassen wir es mal zurücklaufen.«
Patel zeigte sich kooperationsbereit, schloss seinen La den für eine Weile und ließ das Band für die beiden durchlaufen. An einer Stelle hielt er es an.
»Da sind sie.«
Hannah und Dillon sahen genauer hin. »Das ist er al so«, murmelte Dillon. »Der Russe.«
»Ja. Und mir fällt gerade noch etwas ein«, sagte Patel eif rig. »Eines Tages kam er allein in mein Geschäft, und da klingelte sein Handy. Er hat sich mit ›Ashimov‹ gemel det.«
»Sind Sie sich da ganz sicher?«, erkundigte sich Hannah.
»So hat es sich jedenfalls
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