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Netzwerk des Boesen

Netzwerk des Boesen

Titel: Netzwerk des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins , r
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alte Frau tötete. Jetzt fuhren auch die anderen Soldaten herum, und Belov feuerte wie­ der und wieder.
      Einige der Soldaten schossen zurück, doch nun kam der Unteroffizier mit dem schweren Maschinengewehr Belov zu Hilfe. Schließlich lagen die Männer kreuz und quer auf dem Gehsteig. Das Mädchen befand sich noch im Führerhaus, Belov sah sie ganz deutlich, und dann explodierte der Tank und verwandelte den Lastwagen in einen glühenden Feuerball. Belovs Fahrer legte sofort den Rückwärtsgang ein.
      Der Unteroffizier meinte: »Das war richtig von Ihnen, Oberst. Ich habe selbst zwei Töchter in Moskau.«
      »Ich nicht. Ich habe es getan, weil es vor den Augen Gottes passiert ist. Ein berühmter Mann namens Oliver Cromwell hat diesen Spruch geprägt. Ein General, der England zur ersten Republik Europas machte.« Belov zog sein Zigarettenetui hervor, nahm eine Zigarette heraus und bot auch seinen beiden Begleitern eine an. »Fahren wir weiter. Sie behaupten immer, dass es besser wird. Aber in diesem Fall … bezweifle ich das.«

    Josef Belov, 1943 in der Ukraine geboren, hatte seinen Va­ ter nie kennen gelernt, einen Bauern, der wie etliche Mil­ lionen anderer Sowjets in den Krieg gegen die NaziInvasion gezogen und nicht zurückgekehrt war.
      Die Großfamilie wurde von seiner Mutter zusammen­ gehalten. Sie bewirtschafteten gemeinsam ihr Land, bis eine Gruppe benachbarter Bauern, die beschlossen hat­ ten, sich den Deutschen anzuschließen, auftauchten, die Scheunen und Gebäude in Brand steckten, die alten Männer erschossen und sich an den Frauen vergingen.
      Belovs Mutter überlebte und schaffte es, sich nach Moskau durchzuschlagen, wo sie Verwandte hatte. Was Belov nach Abschluss der staatlichen Schule rettete, war die Einberufung. Bei der Roten Armee bemerkte man schnell, dass Belov Köpfchen besaß. Er wurde gefördert, auf verschiedensten Gebieten getestet und schließlich auf eine Offiziersanwärterschule geschickt. Anschließend be­ suchte er die Moskauer Universität, wo er im Fachbereich Sozialpsychologie seine Nische fand, der Wissenschaft, die sich mit dem Verhalten von Menschen in Gruppen beschäftigt. Kombiniert mit dem Nebenfach Moralphilo­ sophie und seiner Begabung für Fremdsprachen landete er nach Abschluss seines Studiums mehr oder minder zwangsläufig beim KGB.
      Nach 1979, als die Sowjets in Afghanistan einmarschiert waren, fand sich Belov mitten in diesem Kriegsgeschehen wieder, und viele Jahre lang stand er einem Feind gegen­ über, der, von den Taliban angespornt, ein Experte darin war, den jungen Wehrpflichtigen, die ihm in die Hände fielen, bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen. Das Entmannen war nur ein Nebenprodukt. Zumindest ver­ setzte ihn der Dienst in Afghanistan in die Lage, die arabi­ sche Sprache zu erlernen. Doch die Brutalität, die Grau­ samkeiten und die schiere Barbarei, die er dort erleben musste, hinterließen tiefe Spuren in seiner Seele, die sich nie mehr glätten ließen.
      Für eine Ehe und die Annehmlichkeiten des Lebens blieb keine Zeit. Er war immer beschäftigt – arbeitete für die Sektion Drei zum Beispiel in Nordirland, wo er den irischen Konflikt durch Waffenlieferungen an die IRA am Kochen hielt. Er baute dort nützliche Kontakte auf, be­ sonders in der Gegend um Drumore in Louth County, wo der örtliche IRA-Kommandeur, ein Mann namens Dermot Kelly, im Laufe der Jahre beinahe unentbehrlich wurde.
      Und dann, 1988, im Alter von fünfundvierzig Jahren und inzwischen zum Major aufgestiegen, begegnete er Ruth.

    Sie war zwanzig Jahre jünger als er und vom Naturell her das krasse Gegenteil: tief religiös, wie ihr biblischer Name bereits verhieß, Lehrerin und Sozialarbeiterin, der aus­ schließlich das Wohl anderer Menschen am Herzen lag. Belov, der knallharte Mann und Soldat, der getötet hatte, wenn es notwenig war, erlag ihrem Liebreiz, ihrer Ein­ fachheit und Freundlichkeit.
      Als sie feststellte, dass sie schwanger war, war er über­ glücklich gewesen, und dann passierte es. Eines Abends hatte sie einen Elternabend angesetzt. Sie hatten verabre­ det, dass er sie später von der Schule abholen wollte, doch ihm kam etwas dazwischen, eine KGB-Angelegenheit, die natürlich Vorrang hatte.
      Ruth hatte sich zu Fuß auf den Heimweg gemacht, im strömenden Regen, und irgendwo unterwegs war sie über­ fallen worden. Ihre halb nackte Leiche war am nächsten Morgen in einer kleinen Seitenstraße nahe dem Red Square

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