Netzwerk des Boesen
gefunden worden. Als Belov später im Leichen schauhaus stand und auf ihr schändlich zugerichtetes Ge sicht hinabstarrte, packten ihn eine solche Wut und ein kaltes Entsetzen, dass seine Seele zu Eis gefror und mit ihr all seine Menschlichkeit.
Er brauchte keine Polizei, keine Miliz. Mithilfe des lan gen, grausamen Arms des KGB fand er die beiden ver antwortlichen Männer und ließ sie sich vorführen. Als er in ihre betrunkenen, von Drogen zerstörten Gesichter schaute, wusste er, was er zu tun hatte.
Man hätte sie wegen diverser Verbrechen, einschließ lich des Mordes an Ruth vor Gericht stellen und später nach Lubianka schicken können, doch das hätte Verhand lungen, Papierkram und Aussagen vor Gericht bedeutet. Stattdessen ließ er nach einem jungen Leutnant schicken, den man ihm nach schwerer Verwundung in Afghanistan zugewiesen hatte.
Yuri Ashimov wurde in Sibirien geboren. Wie Belov hatte auch er seinen Weg in der Armee gemacht und war eben falls in Afghanistan gewesen, wo er sich einen Namen gemacht hatte. Er konnte sein Glück kaum fassen, als man ihn Belov, dem Chef von Sektion Drei zuwies, denn Belovs Heldentaten in Kabul hatten ihn zur Legende ge macht.
Als er vor Belovs Schreibtisch stand, spürte er dessen Schmerz, spürte ihn geradezu am eigenen Körper, so als ob dieser Mann sein Zwillingsbruder wäre.
»Major, was kann ich für Sie tun?«
»Ich werde eine Anweisung unterschreiben, wonach diese beiden Schweinehunde aus Lubianka entlassen wer den. Es wird keine Wachen geben, nur Handschellen. Dann werde ich an einem geeigneten Platz am Fluss auf sie warten. Ich werde sie persönlich hinrichten, Yuri. Was danach passiert, ist mir egal. Falls ich Konsequenzen zu tragen habe, dann soll es so sein.«
»Nun, das macht mir Sorge, Major. Bei allem Respekt, aber ich möchte nicht mit ansehen müssen, wie einem unserer größten Helden Übles geschieht. Überlassen Sie die Sache mir. Ich werde die Männer da rausholen, ohne dass Ihr Name irgendwo auftaucht.«
»Und wie wollen Sie das anstellen?«
»Ich verfüge über Kontakte, Major. Irgendwo am Fluss, sagten Sie? Ich werde sie zur Gorsky Bridge bringen, ih nen die Handschellen abnehmen, und dann können Sie nach Gutdünken mit ihnen verfahren.«
»Das würden Sie für mich tun?«
»Selbstverständlich, Major. Es wäre mir eine Ehre.«
Und so kam es, dass ihre Beziehung im Laufe der Jahre immer enger und intensiver wurde, und als 1992 die Re gierungstruppen in Afghanistan das Handtuch warfen, waren Belov, inzwischen im Rang eines Oberst, und As himov, zum Hauptmann avanciert, mit unter den Letz ten, die das Land verließen, begleitet von einem anderen KGB-Oberst namens Putin.
In jener Zeit überlappten sich etliche wichtige politi sche Ereignisse: Die tschetschenische Republik erklärte ihre Unabhängigkeit, es folgten das Gemetzel des Bürger kriegs, Gorbatschow, das Ende der UdSSR, der Fall der Berliner Mauer und dann die verrückten Blütejahre der Russischen Föderation und Jelzins; Jahre, die Josef Belov zu einem der größten Ölmagnaten der Welt und zum Gründer von Belov International machten.
Als Spezialist für subversive Aktivitäten in der westlichen Welt, für das Stiften von Chaos, Verunsicherung und Angst, hatten die Ereignisse von 1991 und der erste Golf krieg Belov ein ganz neues und weites Feld für diverse Ge schäfte eröffnet.
Belov war einige Jahre lang in Nordirland aktiv gewe sen, hatte die provisorische Irisch-Republikanische Ar mee mit Waffen beliefert und unter anderem diverse Re gimekritiker und anders denkende Elemente mit musli mischen Terrorgruppen im Nahen Osten zusammenge bracht. Dabei nutzte er die Tatsache, dass das Erlöschen des Kampfgeistes unter den Mitstreitern der IRA viele wü tende, frustrierte junge Männer zurückgelassen hatte. Wie es die Iren schon seit Jahrhunderten taten, verpflichteten sie sich als Söldner im Ausland, wo ihre Fähigkeiten ge fragt waren und gut bezahlt wurden. Und was wäre da nahe liegender gewesen als der Mittlere Osten, insbeson dere der Irak nach dem Ende des Kriegs? Und so florier ten Belovs Kontakte auf beiden Seiten.
Dann, nach den bewegten Jahren der Jelzin-Regierung, änderte sich plötzlich alles. Die Privatisierung eines be trächtlichen Teils der russischen Wirtschaftsunternehmen wurde zum Gebot der Stunde, und das behagte Belov ganz und gar nicht. Er
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