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Neu-Erscheinung

Neu-Erscheinung

Titel: Neu-Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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nicht weniger richtig machte.
    »Paul, diese ganze Arie mit Lesnik, meinst du, das lässt mich kalt?«
    »Bettina, glaub mir, ich weiß genau, was du da durchmachst.«
    »Nein, das weißt du anscheinend nicht.«
    »Doch. Glaub mir!«
    »Wie denn?
    »Wie, wie denn?«
    »Wie soll ich dir glauben, Paul?«
    Mir fehlte die passende Antwort. Der Weltbankpräsident badete mittlerweile vollständig in Kiwi-Aprikose.
    »Ich habe mir seit Jahren den Arsch aufgerissen. Ich bin überqualifiziert bis zum Gehtnichtmehr. Ich hab mein Privatleben geopfert, um auf jede noch so bescheuerte Fortbildung zu gehen. Ich hab sogar für die letzte Weihnachtsfeier Plätzchen gebacken! Ich, Plätzchen! Und wofür?«
    »Dass ein anderer deinen Job bekommt.«
    »Ja, genau. Dieser beschissene ... verlogene ... intrigante ... –«
    »Arschloch-Lesnik!«
    Bettina musste grinsen.
    »Ja, Arschloch-Lesnik!«
    Wir lächelten uns an. Und es war gut. Es war sehr gut. Ganz vorsichtig schob ich meine Hand in Richtung Marmelade. Nicht um den Weltbankpräsidenten zu retten, sondern um Bettinas Hand zu berühren.
    Sie nahm sie nicht zurück, sondern duldete meine zärtliche Annäherung. Sie reagierte sogar und legte ihre freie Hand auf die meinige. Ein emotionales Sandwich. Wir spürten uns. Und jetzt war es fast schon perfekt.
    »Und sie ist wirklich nur eine Praktikantin?«
    »Ja, wirklich.«
    »Frech.«
    »Ja.«
    »Wenn da was läuft, kannst du einpacken.«
    »Ich weiß.«
    »Dann ist ja gut.«
    Nach all den Dramen der letzten Zeit schien dies der letzte Akt der Tragödie zu sein.
    Bettina stand auf und hatte jetzt diesen ganz besonderen Glanz in ihren Augen. So wie damals.
    An diesem Morgen kam ich etwas später in die Redaktion.

Ich und es hört nicht auf
    Ansgar machte den Eindruck eines Mannes, der mit allem beschäftigt war, nur nicht mit seiner Arbeit. Er starrte auf den weißen Bildschirm seines Computers, als würde er hoffen, dass sich der Artikel über die Studienfahrt des Muendener Kunstvereins nach Leipzig von ganz alleine schreibt. Er hoffte vergeblich, natürlich. Die Welt von Tim Eitel, Henriette Grahnert, Ulf Puder und all den anderen malenden Leinwandpopstars aus der Kaderschmiede der modernen deutschen Malerei musste von ihm allein in ein Korsett aus 120 Zeilen, dreispaltig mit Foto gepresst werden.
    Da ich nahezu sorgenfrei meine Arbeit erledigen konnte, bot ich Ansgar meine Hilfe an.
    »Immer noch Carola?«
    Ansgar nickte.
    »Aber so langsam müssten sich doch mal die Wogen glätten?«
    Ansgar stöhnte.
    »Wer macht denn jetzt noch Stress, Doktor Mindis?«
    Ansgar stöhnte und nickte.
    »Oh Mann, ich konnte den noch nie leiden.«
    »Na ja, Mindis ist nicht das Problem. Carola ist das Problem.«
    »Nur weil sie ihn einen Kameltreiber genannt hat?«
    »Pah, wenn’s nur das wäre. Carola ist im Krieg. Die führt einen Feldzug. Sie verlangt jetzt eine Anhörung im Kirchenkreis.«
    »Wieso das denn?«
    »Wegen der Trägerschaft!«
    »Das ist mir klar, aber was soll das bringen?«
    Ansgar verzog das Gesicht. Diese Frage hatte er seiner Frau offensichtlich selber oft genug gestellt.
    »Die werden nicht begeistert sein.«
    »Nein, Paul, das werden sie nicht.«
    »Obwohl, im Ernst, Kameltreiber, gut, das ist nicht nett, aber was soll passieren. Die werden sie schon nicht exkommunizieren, mal abgesehen davon, dass sie das auch gar nicht könnten?«
    »Carola rechnet mit einer Beförderung!«
    »Wegen einer Beleidigung? Wenn das klappt, sollte sie sich die Nummer patentieren lassen.«
    »Paul, im Ernst, du kannst dir das nicht vorstellen, sie will jetzt die ganze Beförderungskiste nochmal aufrollen, die hat eine ganze Kladde voller Argumente. Und das Schlimmste ist, zu Hause geht der Mist weiter. Ein falsches Wort von mir, und PENG , knallt die Tüte!«
    »Die Tüte?«
    »Ja, oder, was weiß ich ... wir haben jeden Tag Stress, und das Dollste ist, die ganze Scheiße hat angefangen, als deine und meine Frau sich über ...«
    Bitte sag es nicht. Er sagte es.
    » ... die
Messias
unterhalten haben. Ich begreife es nicht, wie kann so eine Geschichte so einen Wirbel veranstalten? Ich begreife es nicht!«
    Ich begriff schon, aber das hätte Ansgar ganz bestimmt nicht weitergeholfen.
    »Es ist doch nur eine verdammte Geschichte, dafür riskiert man doch nicht seinen Job.«
    »Vielleicht hat sich Carola da irgendwie ... gesehen?«
    »Meine Frau sieht sich in einem Fortsetzungsroman?«
    Ich zuckte unbeholfen mit den Schultern.
    »Wenn die sich da sieht,

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