Neu-Erscheinung
bis 16 : 40 , danach unter 0181 – 333666777 bis ca. 22 : 50 , danach kein Rückruf!
Kaffee holen!!!
Wo waren die erfreulichen Notizen? Das Sinnstiftende? Das Motivierende? Siggis Krankheit war in der Flut der Informationen noch die angenehmste Erscheinung, abgesehen von Frau Löfflers Kaffee-Memo, das sich auf diesem Zettel wahrscheinlich nur verirrt hatte.
»Sag mal, was hast du eigentlich immer mit Masuch?«
Erst jetzt bemerkte ich Ansgar, der noch immer hinter mir stand und den Anblick des Zettels die ganze Zeit mit mir geteilt hatte.
»Wieso?«
»Na ja, so oft wart ihr noch nie in Kontakt, und dass er jetzt selber seine Praktikanten bringt, schon komisch, oder?«
»Keine Ahnung.«
Seit meiner Einschulung hatte ich nicht so oft gelogen und getrickst wie in letzter Zeit. Nietzsche hätte seine wahre Freude an mir gehabt: Wer nicht lügen kann, weiß nicht, was Wahrheit ist. In seinem Sinne war ich perfekt organisiert. Obwohl mir Nietzsches Meinung ansonsten in den allermeisten Fällen ziemlich egal war.
Ansgar ließ sich durch meine knapp artikulierte Ahnungslosigkeit beruhigen und steuerte auf seinen Arbeitsplatz zu, den Rumpf gebeugt wie ein alter Mann.
»Ansgar? Alles in Ordnung?«
Er drehte sich um, mit der Schwerfälligkeit eines Öltankers.
»Keine Ahnung.«
Ich ging auf ihn zu. Dann brach es aus ihm heraus.
»Um ehrlich zu sein: Nein. Nichts in Ordnung.«
»Carola?«
»Genau.«
»Oh je.«
»Tssst.«
Ich schloss die Tür zu unserem Vorzimmer, um Ansgar vor den neugierigen Augen und Ohren Frau Löfflers zu schützen, die irgendwie vergessen haben musste, warum sie eine Kaffeekanne voller Wasser in der einen und ein Paket Kaffee in der anderen Hand hielt. Ihre Ausgrenzung traf sie wie ein Hammer, ihr Seufzen drang selbst durch die geschlossene Tür.
»Siehst ganz schön mitgenommen aus.«
»Wir haben die halbe Nacht diskutiert. Gestern haben sie Carola nahegelegt, ihren Jahresurlaub zu nehmen. In ihren Augen ist das natürlich eine Suspendierung.«
»War mit zu rechnen«, kommentierte ich wenig hilfreich.
»Den Leserbrief hat sie natürlich in Kopie an den halben Verwaltungsrat geschickt und natürlich auch an die Rahm-Röntropp.«
»Gut, das macht ja Sinn, sie ist die Frauenbeauftragte.«
»Sie ist eine böse Waffe, und das weißt du!«
»Ja, weiß ich.«
»Sie ist gefährlich.«
»Ja, vielleicht ...«
»Vielleicht? Das Einzige, was bei der harmlos ist, ist der Bindestrich in ihrem bescheuerten Doppelnamen. Hast du vergessen, dass sie sogar schon mal prozessiert hat, nur weil es bei Westfalia Hantrup keine Platzwartin gibt?«
»Hab ich nicht vergessen, aber es gibt ja auch immer noch keine Platzwartin. Scheint also nicht so erfolgreich zu sein, die gute Frau.«
»Eine Frau, die keinen Erfolg hat, wird nicht ruhiger, sondern nur noch gefährlicher.«
»Den Jungs bei Westfalia ist das bis heute schnurzegal, da kam sie jedenfalls nicht durch mit ihrer Quotennummer.«
»Weil es keine Bewerberin gab. Und glaub mir, sobald die erste Frau diesen Scheißjob will, kriegt sie den auf Lebenszeit. Aber was ist so ’ne Platzwartattacke gegen diese Chefarztdiskussion? Die Rahm-Röntropp hat doch auf so eine Steilvorlage nur gewartet. Und dann auch noch gegen die Kirche. Westfalia war ein kleines harmloses Scharmützel, die Kirche ist Krieg.«
»Ist die eigentlich ...?«
»Was?«
»Du weißt schon.«
»Lesbisch?«
»Nee, verheiratet, netter Mann. Du musst mal an deinen Klischees arbeiten.«
»Stimmt.«
Ich nickte bestätigend.
»Carola ist völlig fertig.«
»Will sie einlenken?«
»Carola? Eher tritt der Papst zum Islam über. Das ist doch gerade die Scheiße. Carola will weitermachen, und sie will, dass ich sie dabei unterstütze.«
»Oh«, kommentierte ich phantasievoll. »Wie soll das aussehen?«
»Keine Ahnung.«
»Du könntest ja mal mit Mindis sprechen.«
»Ich? Was soll ich ihm denn sagen? Dass er kündigen soll, damit wieder Frieden ist, oder was? Ich könnte ihm natürlich auch sagen, dass meine Frau völlig recht hat, wenn sie ihn einen untalentierten Kameltreiber nennt, so etwa in die Richtung?«
»War ja nur eine Idee.«
»Ja, aber keine gute.«
Ansgar atmete schwer. Und er tat mir leid. Zum ersten Mal seit langer Zeit begriff ich, dass wir nicht nur Kollegen waren, sondern Freunde, die sich in Momenten wie diesem helfen mussten.
»Kann ich dir helfen?«
»Du?«
»Ja, ich.«
»Wie willst du mir denn helfen, willst du auch einen Leserbrief schreiben?«
Ich
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