Neue Schuhe zum Dessert
Produkt auf Jojos Schreibtisch.
Es gehörte zu den Büchern, die Jojo als Kategorie »Na, und?« führte: Es war nicht auffallend genug, um über eine spektakuläre Auktion verkauft zu werden, Jojo würde jeden Verlag individuell anschreiben müssen, und wenn das Buch abgelehnt würde, von neuem anfangen.
Die Heldin Izzy war der Star in einer Nullachtfünfzehn-Liebesgeschichte mit einer kleinen Überraschung. Ab Seite eins hatte es so ausgesehen, als ob sie den verschlossenen Emmet mit der Kerbe im Kinn – ein Held wie aus der Casting-Agentur – bekommen würde, doch stattdessen verliebt sie sich in den Apotheker, der auf verhaltene Weise sexy war und ihr immer die Glückspillen für ihre Mutter verkauft hatte. Die Entwicklung der Mutter stellte sich viel weniger glaubhaft dar. Sie war zweiundsechzig und so unfähig und unselbstständig, dass sie nicht Auto fahren konnte, aber auf Seite neunundsiebzig leitete sie ihr eigenes Unternehmen und importierte, zusammen mit ihrem Schweizer Lover, Schweizer Hautpflegeprodukte nach Irland.
Es war hirnrissig. Im wirklichen Leben gab es neben dieser einen Frau, die nach einer Trennung eine Auszeichung als Unternehmerin des Jahres bekam, tausende von anderen, die – verständlicherweise – nie wieder ihre Balance fanden. Zu welcher Gruppe würde Cassie gehören, fragte sich Jojo. Wenn, falls Mark und sie je … Jojo hoffte, Cassie würde es in die Gruppe der Unternehmerinnen schaffen.
Trotz der Mängel war das Buch ein vergnügliches Leseerlebnis und ließ sich wahrscheinlich gut verkaufen. Klar, die Kritik würde es gar nicht erst wahrnehmen; Bücher wie dieses – »Frauenliteratur« – flogen unterhalb der Radarsensoren. Gelegentlich, um ein Exempel zu statuieren, wurde eins herausgezogen und besprochen – obwohl die Besprechung meistens schon fertig vorlag, bevor der Kritiker das Buch überhaupt gelesen hatte – und mit Hohn überschüttet, mit der hässlichen Überheblichkeit des Ku-Klux-Klan, der gefesselte schwarze Kinder verspottet.
Es sähe natürlich ganz anders aus, wenn das Buch von einem Mann geschrieben worden wäre. Dann wäre plötzlich von »mutiger Zärtlichkeit« die Rede, von »der unerschrockenen Erforschung und genauen Beschreibung von Gefühlen«. Und Frauen, die sich normalerweise über Frauenliteratur lustig machten, würden das Buch stolz und in aller Öffentlichkeit lesen. Das war überhaupt eine Idee … Vielleicht bestand die Möglichkeit, Gemma Hogan zu überreden, sich als Mann auszugeben? Nicht als Mann aufzutreten, sondern unter einem Männernamen zu veröffentlichen, vielleicht Gerry Hogan. Wohl kaum! Wie die meisten anderen Autoren auch wollte Gemma in den Genuss kommen, ihr Bild in Hello! und ihren Namen in der Zeitung zu sehen.
Jojo hatte Gemma angerufen und gesagt, sie würde sie und ihr Buch vertreten, worauf Gemma leise lachte. »Innerlich schreie ich laut vor Freude, aber ich bin im Büro«, erklärte sie. »Hat es Ihnen denn gefallen?«
»Es hat mir umwerfend gut gefallen.« Also, es hatte ihr leidlich gefallen. »Ach ja, hat es schon einen Titel?«
»Natürlich. Habe ich den nicht drauf geschrieben? Die Sünden des Vaters .«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Entschuldigung?«
»Auf gar keinen Fall. Ändern Sie den Titel, möglichst noch gestern.«
»Aber es sagt etwas über das Buch aus.«
»Wir haben es mit einem leichten Liebesroman zu tun. Die Sünden des Vaters , das klingt nach Schwermut und Trauer, nach Sack und Asche: Pubertierendes Mädchen wird von Halbbrüdern mit der Reitpeitsche gefügig gemacht. Lahm.«
»Wer ist lahm, das Mädchen oder die Brüder?«
»Ich meinte die Brüder. Aber es könnte das Mädchen sein, wahrscheinlich beide. Was halten Sie von Kopfsturm ?«
»Das bedeutet doch gar nichts.«
»Gemma, hören Sie mir zu. Ich kann das Buch mit dem Titel nicht verkaufen. Finden Sie einen neuen Titel.«
Nach einer langen Pause sagte Gemma schmollend: »Vater entlaufen.«
»Nein.«
»Was anderes fällt mir nicht ein.«
»Gut, dann nehmen wir das vorläufig. Wir brauchen einen anderen Titel, aber ich schicke das Buch jetzt mal raus.«
»Sie brauchen es nicht an viele Verlage zu schicken. Ich möchte, dass es bei Lily Wrights Verlag, Dalkin Emery, erscheint.«
»Hoppla.« Für eine unveröffentlichte Autorin kannte Gemma sich erstaunlich gut mit Verlagen aus. Jojo dachte darüber nach – keine schlechte Idee. Dalkin Emery hatte ein gutes Programm mit Frauenliteratur: Nicht nur hatten sie
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