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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Vorlage.«
    »Genau! Du bist besser als die anderen.«
    »Und alle haben gesagt, dass der Biskuitteig so trocken wie Sand war.«
    »Das stimmt.«
    »Sie sollte bei dem bleiben, was sie gut kann. Apfelkuchen für Beerdigungen.«
    »Genau, und ehrlich, Mam, es war nicht Mrs Kellys Schuld.«
    Es war wichtig, eine gute Verbindung zu Mrs Kelly herzustellen, denn ich konnte nicht noch einen Tag freinehmen. Francis und Frances – ja, F&F von F&F Dignan – hatten sich gefreut, als ich den Zuschlag für Davinias Hochzeit bekam, und sie hatten versprochen, wenn es ein Erfolg würde, könnte ich in Zukunft alle Hochzeiten machen. Doch wenn es schief ging … Tatsache war, dass ich in Angst und Schrecken vor Frances und Francis lebte, das ging uns allen so. Frances hatte einen eisengrauen Bubikopf, der ihre kräftigen Kiefer unterstrich. Obwohl sie in Wirklichkeit keine Zigarren rauchte, keine Männerhosen trug und beim Sitzen auch nicht die Beine spreizte, sah ich sie so vor mir, wenn ich die Augen schloss und an sie dachte – was nicht allzu oft geschah, und auch nicht freiwillig. Francis, ihr Partner, war wie ein Ei auf Beinen: Er bestand vor allem aus einem gewichtigen Torso, und seine Beine waren so dünn wie die von Kate Moss. Er hatte ein rundes Gesicht und keine Haare, außer zwei Haarbüscheln, die über seinen Ohren saßen, sodass er wie Yoda aussah. Wer ihn nicht besonders gut kannte, fand ihn zum Brüllen komisch. Und von Frances sagten sie: »Die hat die Hosen an.« Aber das stimmte nicht. Beide hatten die Hosen an.
    Wenn bei der Hochzeit etwas schief ging, dann würden sie mich mit in das fensterlose Zimmer nehmen (ihre Version einer Verhörkammer) und sagen, sie seien von mir enttäuscht. Und dann würden sie mich, fast ein bisschen nebenbei, feuern. Weil sie verheiratet sind, prahlen sie manchmal damit, dass ihre Firma fast so etwas wie eine Familie sei. Jedenfalls wissen sie, wie sie es anstellen müssen, dass ich mich wie ein schuldbewusstes Schulmädchen fühle, und sie ermutigen ihre Auftragsmanager (ich bin einer), in Konkurrenz zu ihren Kollegen zu treten, als eine Art – so habe ich es mir erklären lassen – Geschwisterkonkurrenz.
    Wie auch immer.
    »Soll ich also Mrs Kelly bitten vorbeizukommen?«
    Mam war ganz still.
    Sie machte den Mund auf. Eine Weile lang kam kein Ton heraus, aber ich wusste, dass etwas heraus wollte. Dann drang aus ihrem tiefsten Inneren ein langer, dünner Schmerzenston. Fast wie ein unhörbares Geräusch, aber mit einem leisen, rauen menschlichen Unterton. Es ging mir durch Mark und Bein. Lieber guckte ich beim Tellerzerschmeißen zu.
    Sie hörte auf, holte tief Luft und fing wieder an. Ich schüttelte sie am Arm und sagte: »Ma-am. Bitte, Mam!«
    »Noel ist weg. Noel ist weg.« Und damit hörte das lang gezogene Geräusch auf, und sie fing an zu weinen, wie sie am Morgen geweint hatte, als ich sie mit den Tabletten von Doktor Bailey beruhigt hatte. Jetzt hatten wir keine Tabletten mehr; ich hätte zur Apotheke gehen sollen, als ich die Möglichkeit hatte. Vielleicht gab es eine mit Nachtdienst?
    »Mam, ich hole jemanden, der bei dir bleibt, während ich zur Apotheke fahre.«
    Sie hörte mich gar nicht, und ich rannte zu Mrs Kelly, und als die sah, in welchem Zustand ich vor ihrer Tür stand, dachte sie sofort, dass die Zeit gekommen sei, mit dem Apfelkuchenbacken zu beginnen.
    Ich erklärte mein Anliegen, und sie konnte mir eine Apotheke nennen. »Sie machen um zehn zu.«
    Es war zehn vor zehn. Zeit, gegen das Gesetz zu verstoßen.
    Ich raste wie eine Gesengte und kam um eine Minute nach zehn bei der Apotheke an. Jemand war noch drinnen. Ich hämmerte an die Glastür, und ein Mann kam ruhig durch den Verkaufsraum und schloss mir auf.
    »Danke. Oh, Gott sei Dank.« Ich stolperte in den Raum.
    »Schön, wenn so viel Nachfrage besteht«, sagte er.
    Ich hielt ihm das zerknüllte Rezept unter die Nase. »Bitte sagen Sie, dass Sie das vorrätig haben. Es ist ein Notfall.«
    Er glättete das Papier und sagte: »Machen Sie sich keine Sorgen, wir haben das Medikament. Setzen Sie sich doch.«
    Er verschwand hinter einer weißen Trennwand, wo die Tabletten sind, und ich ließ mich auf den Stuhl sinken und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
    »So ist es richtig«, sagte er von der Stelle hinter der Trennwand. »Schön tief einatmen, Pause, ausatmen.«
    Er kam mit den Beruhigungstabletten wieder hervor und sagte freundlich: »Passen Sie gut auf sich auf. Und denken Sie dran:

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