Neue Schuhe zum Dessert
nicht Auto fahren und keine Maschinen bedienen, nachdem Sie sie genommen haben.«
»Ist gut, danke. Vielen herzlichen Dank.« Erst als ich wieder am Steuer saß, wurde mir bewusst, dass er dachte, die Pillen seien für mich.
5
Normalerweise lese ich keine Buchbesprechungen, deswegen brauchte ich eine Weile, bis ich die Seite in der Samstagszeitung gefunden hatte. Während ich die Kritiken zu Biografien obskurer englischer Generäle und zu einem Buch über den Burenkrieg überflog, kam mir der Verdacht, dass Cody sich ausnahmsweise geirrt haben könnte. Doch dann schlug mein Herz so heftig, dass es mir in der Brust wehtat. Cody hatte natürlich Recht gehabt. Es gab eine Besprechung. Er weiß alles.
MIMIS MEDIZIN , VON LILY WRIGHT. DALKIN EMERY. £ 6,99
Reizendes Debüt
Lily Wrights Debüt ist weniger ein Roman als vielmehr eine ausgedehnte Fabel – doch das tut dem Werk keinen Abbruch. Eine weiße Hexe, die titelgebende Mimi, kommt auf geheimnisvolle Weise in ein Dorf, das nicht näher beschrieben wird, und beginnt, ihre ganz eigene Art der Hexerei zu praktizieren. Ins Schlingern geratene Ehen werden gefestigt, auseinander gerissene Geliebte werden vereint. Klingt zu süßlich, um gesund zu sein? Entsagen Sie Ihrem Zynismus für eine Weile, und lassen Sie sich darauf ein. Mimis Medizin ist voller Zauber und taugt sowohl zur Sittenkomödie als auch zum trockenen Gesellschaftskommentar. So tröstlich wie heißer Toast mit Butter an einem kalten Abend und genauso suchterweckend.
Am ganzen Körper zitternd ließ ich die Zeitung sinken. Sah ganz so aus, als gefiele ihnen das Buch. Tief einatmen, halten, ausatmen, tief einatmen, halten, ausatmen. Mein Gott, ich war so neidisch. Ich war so neidisch, dass der Neid heiß und grün in meinen Adern floss.
Ich sah es genau vor mir: Lily Wright würde eine große Berühmtheit werden. Sie würde dauernd in der Zeitung stehen, und alle würden sie lieben. Trotz ihrer kahlen Stelle würde sie in Hello! abgebildet. Und sie würde in der Parkinson-Show auftreten. Vielleicht sogar bei David Letterman oder Oprah. Sie wäre stinkreich und könnte sich endlich die Haarimplantation à la Burt Reynolds leisten, und alle würden sie noch mehr lieben. Sie würde sich für wohltätige Zwecke engagieren und dafür ausgezeichnet werden. Sie würde eine große Limousine haben. Und ein riesengroßes Haus. Und jemanden, der ihr nachstellte. Einfach alles!
Ich nahm die Zeitung wieder hoch, las die Besprechung noch einmal und suchte nach einem – noch so winzigen – negativen Wörtchen. Es musste doch etwas Negatives geben. Aber wie ich mich auch bemühte, ich konnte nichts darin entdecken außer einer reinen Lobeshymne.
Ich warf die Zeitung unsanft zu Boden. Warum ist das Leben so gemein? Warum kriegen manche Menschen einfach alles? Lily Wright hat einen wunderbaren Mann – meinen Mann – und eine süße kleine Tochter – halb meine – und jetzt auch noch eine ruhmreiche Karriere. Es war einfach nicht fair.
Mein Handy klingelte, und ich klappte es auf. Cody. »Hast du es gelesen?«, fragte er.
»Ja. Und du?«
»Ja.« Schweigen. Dann: »Ist ja sehr freundlich.«
Cody bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Lily und mir. Er hatte sich geweigert, Partei zu ergreifen, als es zu dem großen Zerwürfnis kam, und er zog mit mir nicht über sie her, obwohl er unter normalen Umständen richtig vom Leder ziehen konnte. (Schade, dass es keine olympische Disziplin war!) Einmal hatte er sogar die Frechheit besessen zu sagen, dass es für Lily möglicherweise ebenso schmerzhaft gewesen war, mir Anton wegzunehmen, wie für mich, ihn weggenommen zu bekommen. Also wirklich! Theoretisch kann ich seine Position verstehen – Lily hatte ihm nichts getan –, aber manchmal, so wie heute, macht es mich stinksauer.
Es war Samstagmorgen, fünf Tage war Dad schon weg – fünf Tage –, und er war immer noch nicht zurückgekommen. Anfangs war ich mir sicher gewesen, dass er nach fünf Tagen wieder hier sein würde. Nur deswegen hatte ich durchgehalten, in der Gewissheit, dass die Situation zeitlich sehr, sehr begrenzt war. Dass er in eine Art emotionalen Rausch geraten war, wozu noch der Stress mit dem Tiramisu kam, aber dass er nach einer Weile wieder Vernunft annehmen würde.
Ich hatte gewartet, die ganze Zeit gewartet. Gewartet, dass sich sein Schlüssel im Schloss drehen würde, dass er ins Haus gestürzt kommen und lauthals verkünden würde, was für einen grässlichen
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