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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Freunde besuchen zu können. Kurz nach meiner Rückkehr nach London hatte Gemma Anton kennen gelernt, und obwohl Gemma mich gelegentlich besuchte, war Anton zu arm, um sie zu begleiten.
    Ich lernte ihn also erst kennen, nachdem er sich von Gemma getrennt und sie mit gebrochenem Herzen in Dublin zurückgelassen hatte. Er kam nach London, um eine unabhängige Medienproduktionsfirma aufzubauen. (Er und sein Partner Mikey hatten die Nase voll von langweiligen Infomercials über Sicherheit am Arbeitsplatz und wollten ins Fernsehgeschäft einsteigen, und das würde ihnen in London eher gelingen als in Dublin, so dachten sie.)
    Laut Anton war seine einjährige Beziehung mit Gemma beendet, während sie daran festhielt, sie würden sich nur eine Auszeit gönnen, nur er hätte das noch nicht begriffen. Sie weinte leise am Telefon und sagte: »Ich lasse ihm zwei Monate Zeit, dann wird er einsehen, dass er mich noch liebt, und zu mir zurückkommen.«
    Jedoch befürchtete sie, dass er von den hübschen Frauen in London abgelenkt werden könnte, aber zum Glück war ich an Ort und Stelle und in der idealen Position, Gemmas »Mann vor Ort« zu sein. Ich wurde beauftragt, mich mit Anton anzufreunden und in seiner Nähe zu bleiben, und wenn er eine andere auch nur ansah, sollte ich »ihm ordentlich auf die Finger klopfen« oder »der Frau Säure ins Gesicht schütten«. Ich versprach es ihr, aber zu meiner ewigen Schande habe ich weder das eine noch das andere getan. Ich liebte Gemma, sie hatte mir Anton anvertraut, ihren Schatz, und ich dankte es ihr, indem ich sie hinterging.
    Fast mochte es scheinen, als hätte Gemma eine Vorahnung gehabt. Halb entschuldigend sagte sie einmal in einem Telefongespräch: »Ich weiß, ich bin eine neurotische, eifersüchtige Verrückte, aber du sollst ihn nicht zu nett finden. Du siehst nämlich gut aus.«
    »Wenn man auf Frauen steht, denen die Haare ausgehen.« (Meine Haare sind so fein, dass meine Kopfhaut manchmal rosa durchscheint. Andere Frauen würden sich die Brüste vergrößern oder den Po liften lassen, wenn sie im Lotto gewinnen würden, aber ich würde mir eine Haartransplantation machen lassen, obwohl die Gefahr der Entzündung besteht, wie es anscheinend bei Burt Reynolds der Fall war.)
    »Man weiß nie, vielleicht mag er Frauen mit Glatze. Ich kann es mir vorstellen, du und er, ihr tut euch zusammen, geht inlineskaten, lasst euch am Trafalgar Square fotografieren, oder am Big Ben, am Buckingham Palace …« Gemma verstummte.
    »Oder Carnaby Street«, half ich ihr aus. »Wir können mit einem roten Doppeldecker dahin fahren.«
    »Ja, genau, danke. Und das macht ihr alles und amüsiert euch platonisch, und eines Tages hast du eine Wimper im Auge, und er hilft dir, sie rauszumachen, und schon ist es geschehen! Ihr steht eng voreinander, so eng, dass ihr euch küssen könntet, und dann merkst du, dass das Feuer schon die ganze Zeit lodert und ihr seit langem ineinander verliebt seid.«
    Ich versprach Gemma, dass sie sich keine Sorgen machen müsse, und in gewisser Weise habe ich mein Wort gehalten. Es gab kein langsam loderndes Feuer und keine Wimper im Auge. Stattdessen verliebte ich mich in Anton bei unserer ersten Begegnung. Na, Gemma hatte ihn auch als »den Einen« beschrieben. Anscheinend war das eine seiner Gewohnheiten.
    Aber das lag noch alles vor mir, und ich hatte keine Ahnung, was passieren würde, als ich Anton zwei Tage nach seiner Ankunft in London in seiner Wohnung in Vauxhall anrief. Ich hatte schließlich einen Auftrag, aber wie sollte ich auf ihn aufpassen? Ich konnte vor seiner Wohnung in einem Auto auf ihn warten und ihm folgen. Aber dazu hatte ich keine Lust. Ein Treffen bei einem Drink zum Kennenlernen, das wäre eher was, fand ich. Je nachdem, wie das verlief, konnte ich ihn mit anderen bekannt machen, die mit mir auf ihn aufpassen würden. Wir verabredeten uns an einem Dienstagabend um sieben vor dem U-Bahnhof Haverstock Hill. Ich wohnte damals in einem gemieteten Loch in Gospel Oak – was zu Fuß zu erreichen war.
    Als ich den Hügel zum U-Bahnhof raufkam, war die Luft rein, wie geputzt, und roch nach frischem Gras. Die kühle Frische des Herbstes war da. Die gleißende Augusthitze war einem klaren, funkelnden Licht gewichen; es stank nicht mehr nach gärendem Abfall, stattdessen hing der Geruch von goldenen Blättern in der Luft, und ein Schauer hatte den Sommerstaub fortgewaschen. Jetzt, da der Herbst da war, wurde ich ruhiger. Ich konnte wieder atmen.
    Bis

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