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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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darauf, daß sein Bruder aussah wie ein Zuhälter in einem Gangsterfilm, denn so sah Frank das, er sieht aus wie ein Zuhälter in einem Gangsterfilm, dachte er, nicht daß er nicht der Meinung gewesen wäre, daß sein Bruder sich anziehen konnte, wie er wollte, er ist mein Bruder, scheißegal, wie er sich anzieht, dachte Frank, jeder Mensch kann anziehen, was er will, schärfte er sich ein, aber wie soll man sich anständig freuen, seinen Bruder wiederzusehen, wenn er aussieht wie ein Zuhälter in einem Gangsterfilm, dachte Frank, das ist alles höchst beunruhigend, sehr gewöhnungsbedürftig, dachte er, aber viel Zeit zur Gewöhnung wird einem hier nicht gelassen, dachte er, wenn erst einmal der eigene Bruder mit ausgebreiteten Armen vor einem steht, dann erwartet er auch irgend etwas, wahrscheinlich eine Umarmung, dachte Frank, da sollte man sich jetzt nicht lumpen lassen, es ist ja auch schließlich der eigene Bruder.
    »Manni«, rief er und schloß seinen Bruder in die Arme.
    »Frankie«, sagte sein Bruder und klopfte ihm dabei auf den Rücken.
    »Manni? Frankie? Toll!« sagte der Fremde neben ihnen.
    »Mann, ohne das Auto hätte ich dich nie erkannt«, sagte Franks Bruder und hielt Frank mit ausgestreckten Armen von sich weg. »Schau mal einer an, schau dir den an«, sagte er zu dem anderen, »der ist wirklich beim Bund. Das war mal mein Auto, wenn er da nicht ausgestiegen wäre, hätte ich den nie erkannt, dabei ist er mein eigener Bruder. «
    »Man redet nicht über Anwesende in der dritten Person«, sagte Frank. »Wer ist das überhaupt?« fragte er und machte mit dem Kopf eine Bewegung zu dem Fremden hin.
    »Hoho«, sagte der Fremde.
    »Das ist Karl«, sagte Franks Bruder. »Der ist mit mir zusammen hergekommen. Aus Berlin.«
    »Soso«, sagte Frank.
    »Man redet nicht über Anwesende in der dritten Person«, sagte Karl und lachte. Er lachte ziemlich affektiert, wenn nicht gar verklemmt, fand Frank. Er konnte ihn nicht leiden.
    »Und das ist Frank«, fuhr sein Bruder fort.
    »Und du bist Manni«, sagte Karl und lachte. »Mein Gott, Manni, wenn ich das einem erzähle, daß man dich hier Manni nennt, Freddie, das glaubt mir ja kein Schwein.«
    Franks Bruder achtete nicht auf ihn. »Mein Gott, Frankie«, sagte er, und es klang ehrlich gerührt. »Wie siehst du bloß aus? Was haben die bloß mit dir gemacht?«
    »Ja nun …«, sagte Frank, »die Frage wollte ich eigentlich dir stellen«, aber etwas verlegen war er doch, und er bereute, daß er sich nach dem Dienst nicht in der Kaserne noch umgezogen hatte, aber das tat er eigentlich seit Wochen nicht mehr, er hätte auch gar keine Zivilklamotten zum Anziehen gehabt, er zog ja auch morgens zu Hause immer schon gleich das Grünzeug an, bevor er in die Kaserne fuhr.
    »Aber Frankie, das ist schon ziemlich hartes Zeug, was du da anhast!«
    »Ja nun«, sagte Frank und schaute an sich hinunter, »das ist halt das Grünzeug, was soll man machen … «
    »Grünzeug? Mann, und du riechst auch irgendwie so komisch, irgendwie nach … keine Ahnung wonach, aber irgendwie nach … «
    »Diesel«, sagte Frank.
    »Genau«, sagte sein Bruder. »Diesel, jetzt hab ich’s.«
    »Einen Moment mal«, kam eine Stimme von der Seite. Zwei Männer in Zivil standen plötzlich rechts und links von Frank und hielten ihm Ausweise vor die Nase. »Feldjäger. Können wir mal eben Ihren Dienstausweis sehen?«
    Frank schaute nach links und nach rechts in die Gesichter der Männer und sah, daß das kein Scherz war.
    »Und wenn Sie schon mal dabei sind: Ihre Heimschlaferlaubnis hätten wir dann auch mal gerne gesehen.«
    Frank zog sein Portemonnaie heraus und fummelte dort so lange herum, bis er endlich den Soldatenausweis gefunden hatte. Seine Grünzeugkarte ließ er lieber drin, es war eine Fälschung, er hatte sie für zwanzig Mark von Baumann gekauft. Den Namen hatte er mit einer Rasierklinge und der Schreibmaschine von der Munitionsgruppe geändert. Seine echte Heimschlaferlaubnis war vor einer Woche für einen
    Monat eingezogen worden, wegen Zuspätkommens zum Dienst. Für das Kasernentor reichte die Fälschung, aber bei diesen beiden hier wollte Frank damit lieber nicht sein Glück versuchen.
    »Soso«, sagte einer von den Feldjägern und nahm den Soldatenausweis. »Den hätten wir schon mal. Und die Heimschlaferlaubnis.«
    »Hab ich nicht«, sagte Frank.
    »Alles klar. Haben wir uns schon gedacht«, sagte der andere Feldjäger, während sein Kollege eifrig alles Wissenswerte von Franks

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