Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Sonja, was weiß ich denn?«
»Sowas weiß man doch«, sagte Martin Klapp, aber er schien beruhigt zu sein und sackte wieder in sich zusammen.
Frank atmete auf und nahm erst einmal wieder einen tiefen Zug von der Zigarette. »Wo habt ihr denn das Popcorn her?« wechselte er das Thema. »Und die Fanta?«
»Die hat Martin heute morgen ganz früh gefunden«, sagte Ralf Müller.
»Wo hast du die gefunden?«
»Hehe …«, lachte Martin Klapp nur und kratzte sich an der Hüfte. Dabei kam er aus dem Gleichgewicht und kippte um.
»Mann, ist der besoffen«, sagte Ralf Müller. »Was machen wir denn jetzt mit Achim?«
»Keine Ahnung«, sagte Frank, »wo wohnst du denn jetzt, Achim?« rief er.
Achim sah auf und lächelte. »In meinem Zimmer«, sagte er, und es klang erstaunlich deutlich, wie er das sagte, wenn es um die Wurst geht, sind sie gleich wieder nüchtern, dachte Frank, der jetzt erst einmal selbst einen Schluck von dem Wodka nahm. »In meinem Zimmer«, wiederholte Achim.
Frank seufzte. »Ich habe aber keine Matratze für dich«, gab er zu bedenken.
»Ich habe eine Luftmatratze. Mußt du nur aufpusten«, sagte Ralf Müller. »Geb ich dir gleich.«
»Nächsten Donnerstag«, rief Achim. »Da geht’s ab. Ganz breites Bündnis. Volksmassen, das ganze Ding. Revolution!« brüllte er aus heiterem Himmel und schwenkte eine Flasche Fanta.
»Ich hab mal gehört, daß Fanta von den Nazis erfunden wurde«, sagte Ralf Müller.
»Hat Martin die auch gefunden?«
»Was?« »Die Fanta.«
»Hat er gesagt.«
»Wo findet man denn wohl einen Karton Popcorn und eine Kiste Fanta?«
»Weiß ich nicht, die hat er heute morgen gefunden, hat er gesagt, als er nach Hause gekommen ist. Unten im Kino.«
»Ach so«, sagte Frank. Er merkte, daß er Hunger hatte, und nahm eine Tüte Popcorn. »Irgendwann rächt sich das mal.«
»Ich glaube, er hat die Rechnung nicht bezahlt«, sagte Ralf Müller.
»Welche Rechnung denn jetzt?«
»Die Stromrechnung natürlich.«
»Soso«, sagte Frank, der keine Lust hatte, sich mit Ralf Müller zu verbünden.
»Ich glaube auch, daß er die Miete nicht bezahlt hat«, sagte Ralf Müller.
»Soso«, wiederholte Frank.
»Schon einige Monate nicht mehr.«
»Soso. Und was hat er denn dann mit dem Geld gemacht?«
»He«, rief Martin Klapp, der jetzt auf der Seite lag und mit einer Kerze spielte, »man redet nicht über Anwesende in der dritten Person!«
»Da muß man doch was machen«, sagte Ralf Müller.
»Ja, wahrscheinlich«, sagte Frank ohne Überzeugung.
»Ich zahle erstmal nicht mehr an Martin«, sagte Ralf Müller.
Martin Klapp lachte leise vor sich hin. Dann hielt er einen Finger in die Flamme der Kerze und sagte: »Aua, verdammt nochmal!«
»Sag mal, Ralf«, sagte Frank, dem jetzt irgendwie danach war, mal reinen Tisch zu machen, »wie kommt das eigentlich, daß ich dich auf den Tod nicht ausstehen kann?«
»Wenn das so weitergeht«, sagte Ralf Müller völlig unbeeindruckt, so als ob Frank gar nichts gesagt hätte, »dann fliegen wir hier demnächst raus. Was mein Onkel dann sagt, daran will ich lieber gar nicht denken, aber irgendwann fliegen wir hier raus, ich meine, der hat wahrscheinlich seit Monaten nicht bezahlt, würde mich wundern, wenn der überhaupt mal Miete bezahlt hat, der hat das wahrscheinlich alles eingesteckt, das ganze Geld. Wenn das so weitergeht, dann fliegen wir hier raus, dann sitzen wir auf der Straße, und dann werdet ihr ganz schön blöd aus der Wäsche schauen, das geht dann nämlich irgendwann mal ganz schnell.«
»Ja, ja«, sagte Frank. »Heul doch, Ralf!«
»Ganz breites Bündnis«, rief Achim.
»Du bist ein Arschloch, Frankie, und ich war immer dagegen, daß du hier wohnst.«
»Ich weiß, Ralf. Aber das kann doch nicht der Grund sein.«
»Was für ein Grund?«
»Daß ich dich immer schon auf den Tod nicht abkonnte, daß du mir so absolut widerlich bist, Ralf.«
»Ist mir doch scheißegal, Frankie. Aber eins sag ich dir: Demnächst fliegen wir hier alle raus, und dann werdet ihr euch umgucken, dann sitzen wir alle auf der Straße.«
»Du vielleicht«, sagte Frank zufrieden.
»Du auch, Frankie.«
»Nicht unbedingt«, sagte Frank. »Ich kann dann immer noch in der Kaserne wohnen!«
36. DER MAJOR
»So, Männer«, rief der Major aufmunternd und voller Spannkraft, »ich hoffe, Sie hatten alle ein schönes Wochenende, ich hoffe sogar sehr, daß Sie alle ein schönes Wochenende hatten, denn dies wird eine lange Woche, und es kommen einige
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