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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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außergewöhnliche Aufgaben auf die Kompanie zu, da brauchen wir jeden Mann, und wir brauchen ihn frisch, motiviert und ausgeruht, und wie ich sehe, haben Sie sich alle übers Wochenende prächtig erholt!«
    Es war für Frank wie immer nicht auszumachen, ob der Major bei seiner ebenso unvermeidlichen wie von allen gefürchteten Montagmorgenansprache vor der Nachschubkompanie 210 eher ironisch vorging oder ob er wirklich meinte, was er sagte. Letzteres war eigentlich kaum vorstellbar angesichts einer Kompanie, die müde und verkatert, teils im Sportanzug und teils im Grünzeug vor ihm stand und dumpf ins Nichts starrte. Wahrscheinlich weiß er es selbst nicht, dachte er, wahrscheinlich möchte er meinen, was er sagt, meint es aber trotzdem ironisch, dachte er. Der Mann war ihm ein Rätsel, er machte ganz den Eindruck eines schneidigen, eleganten, alles im Griff habenden Offiziers, war aber andererseits in Franks Augen auch ein Versager vor dem Herrn, denn so sehr der Major in seinem wie maßgeschneidert sitzenden Dienstanzug auch aussah wie frisch aus dem Ei gepellt, und er sah immer aus wie frisch aus dem Ei gepellt, so sehr er darüber hinaus auch Sportsmann war, und er war ein großer Sportsmann, vor allem im Langstreckenlauf, und so sehr er auch in seinen Ansprachen Tugenden wie Pünktlichkeit, Pflichtbewußtsein, Höflichkeit, Gehorsam, Disziplin und Kameradschaftlichkeit zu preisen pflegte, so sehr war andererseits die von ihm geführte Kompanie ein einziger verlotterter Sauhaufen, sogar nach Franks Maßstäben, und das waren die Maßstäbe von einem, der nach
    Dienstschluß in der wahrscheinlich verlottertsten WG des Ostertorviertels wohnte, also nicht gerade die strengsten.
    »Ich sehe«, fuhr der Major unterdessen fort, »auch an diesem Montag wieder viele Kameraden im Sportzeug vor mir stehen, und ich weiß natürlich nicht, wer von Ihnen jetzt das Sportzeug trägt, weil er meint, krank zu sein und in den San-Bereich gehen will, und wer das Sportzeug trägt, weil er davon ausgeht, daß wir gleich wie immer die Woche mit dem Fünftausend-Meter-Standortrundlauf beginnen. Das Problem besteht meines Erachtens darin, daß die Kameraden, die Montag morgens in den San-Bereich gehen, um sich behandeln zu lassen, auf diese Weise immer den Standortrundlauf verpassen, und das empfinde ich als ungemein schade für diese Kameraden. Deshalb habe ich beschlossen, daß der Standortrundlauf ab sofort immer erst am Montagnachmittag stattfindet. Er beginnt jetzt immer direkt vor Dienstschluß, das wird jedem von Ihnen ein kleiner, zusätzlicher Ansporn sein, dabei sein Bestes zu geben.«
    Der Major machte eine kleine Pause und schaute in die Runde.
    »Ich sehe, das trifft auf allgemeine Zustimmung. Dann noch eine andere Bemerkung zum Thema San-Bereich: Ich habe verfügt, daß ab sofort diejenigen Kameraden, die dauerhaft krank geschrieben werden, über ihre gesamte Krankenzeit im San-Bereich versorgt werden sollen. Jawohl, auch die Heimschläfer«, rief der Major in die entstehende Unruhe hinein, »gerade auch die Heimschläfer, die werden ja besonders oft krank, ist mir aufgefallen, und je intensiver ihre medizinische Versorgung im Krankheitsfall ist, umso schneller sind sie wieder auf dem Posten und können Ihren Pflichten nachkommen. So, das war das, ich fasse noch einmal zusammen: Der Füntausendmeterlauf ist erst heute nachmittag vor Feierabend, und kranke Kameraden bleiben ab jetzt im San-Bereich liegen. Das wollte ich Ihnen sagen. Deshalb können sich jetzt auch gleich alle Kameraden, die noch den
    Sportanzug tragen, wieder umziehen und auf die Dienststellen gehen, bis auf die natürlich, die trotzdem noch in den San-Bereich gehen wollen, denen wünsche ich jetzt schon einmal gute Besserung.«
    Der Major schaute auf einen kleinen Spickzettel, den er in der Hand hielt.
    »Und nun etwas Besonderes: Sie haben alle von dem am Donnerstag dieser Woche bevorstehenden Feierlichen Gelöbnis im Weserstadion gehört, es wird ja viel darüber gesprochen und diskutiert und was weiß ich nicht alles, vielleicht ja auch unter Ihnen. Naja, vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich eher nicht. Mir egal. Ist mir egal, ob Sie darüber diskutieren. Im Grunde genommen wäre es mir natürlich schon lieber, Männer, wenn Sie sich für diese Dinge interessieren und dabei auch mal einen Standpunkt einnehmen würden, über den Sie nicht nur unter sich diskutierten, sondern der auch dazu führte, daß die Angehörigen der Bundeswehr nach außen hin

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