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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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nicht müssen, dachte er, es ist nicht richtig, daß sie zu mir hochgucken muß, das hat sie nicht verdient, dachte er und wäre fast ein bißchen in die Hocke gegangen, damit sie auf gleicher Höhe miteinander reden konnten, aber dann fiel ihm noch rechtzeitig ein, daß man sowas auch falsch verstehen konnte, wenn nicht gar falsch verstehen mußte.
    »Du hast es ja ganz schön eilig gehabt«, sagte sie unterdessen, »ist einer hinter dir her?«
    »Nein, ich dachte, ich lauf mal eben um die Aula rum, du warst ja auf der anderen Seite.«
    »Ja, das stimmt«, sagte sie.
    Sie schwiegen einen Moment, wie wenn jeder seinen eigenen Gedanken nachhing.
    »Was machst du hier überhaupt«, sagte er schließlich, als er das nicht mehr aushielt, »willst du auch Anträge zur Geschäftsordnung stellen?«
    »Ja«, sagte sie lachend und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, »ich hatte auch schon ganz vergessen, wie bescheuert diese Art von Vollversammlungen immer sind.«
    »Zumal sich noch die Frage stellt, ob das Wort Vollversammlung in diesem Fall überhaupt das richtige Wort ist«, sagte Frank.
    »Ja, ja«, sagte sie und tippte ganz leicht mit einem Zeigefinger gegen seine Brust.
    »Ja«, sagte Frank, »wie geht’s denn sonst so?«
    »Gut«, sagte sie.
    »Vielleicht sollte man sich mal treffen, vielleicht sollte man mal zusammen essen gehen«, sagte Frank.
    »Ja«, sagte sie. Nur ein simples, einfaches »Ja«. Frank hätte nicht gedacht, daß es so einfach sein könnte.
    »Warum nicht jetzt gleich?« sagte er, mutig geworden, »das ist doch sowieso alles totaler Quatsch da drin.«
    »Würde ich so nicht sagen«, sagte sie ernsthaft, »das ist schon wichtig. Immerhin geht es um die Vereidigung.«
    »Ich weiß, daß es um die Vereidigung geht«, sagte Frank, »und das mag ja auch wichtig sein. Es gibt aber Wichtigeres!«
    »Was denn?«
    »Naja, zum Beispiel … zum Beispiel …« Sie sah ihn neugierig an, und Frank dachte, daß das jetzt der Moment war, an dem man die richtigen Worte finden müßte, man muß nur die richtigen Worte finden, dachte er, es ist alles nur eine Frage, wie man es sagt, die Sache selbst ist ja klar, dachte er, was soll’s, sie weiß doch Bescheid, aber irgendwas muß man auch sagen, dachte er, und er wurde ein bißchen sauer, weil er die richtigen Worte nicht fand, man kann es nicht einfach nur so sagen, dachte er, ohne die richtigen Worte macht man sich bloß lächerlich, dann stottert man nur herum und macht alles kaputt, dachte er, aber andererseits, dachte er, stellt sich auch die Frage, wieso gerade ich die richtigen Worte finden soll, warum versucht sie nicht auch irgendwas zu sagen, obwohl, dachte er, vielleicht sucht sie ja auch noch nach den richtigen Worten, und dann fiel ihm auf, das er jetzt schon ziemlich lange nichts mehr gesagt hatte, das wird dann langsam auch mal peinlich, dachte er, und deshalb sagte er »Essen«, und das klang ungewollt um einiges patziger, als es gemeint war, und es war ja eigentlich gar nicht gemeint, es ist ja nur eine dumme Verlegenheitsantwort, dachte er und bekräftigte: »Essen ist wichtiger.«
    »Findest du?« sagte sie nachdenklich.
    »Nein«, sagte Frank, »oder doch, egal, laß uns was essen gehen und die Scheiße hier gut sein lassen. Wir können ja dabei einen Antrag zur Geschäftsordnung formulieren.«
    »Naja«, sagte sie zögernd und schüttelte dann den Kopf. »Geht nicht, ich bin nicht alleine hier, ich bin noch mit anderen Leuten hier, ich meine … «
    »Ich auch«, sagte Frank. Er wollte nicht hören, was es mit den anderen Leuten auf sich hatte.
    »Vielleicht morgen?« sagte sie und tippte wieder mit dem Finger auf seine Brust. »Wie wär’s denn morgen?«
    »Morgen ist gut, aber nicht so gut wie jetzt.«
    »Aber jetzt geht es nicht«, sagte sie.
    »Okay, dann morgen«, sagte Frank.
    »Wo denn?« sagte sie.
    »Dubrovnik«, sagte Frank, denn das war das einzige Restaurant, das ihm auf die Schnelle einfiel, »das ist ganz okay, das ist jugoslawisch.«
    »Jugoslawisch«, sagte sie. »Das paßt ja, erst serbisches Reisfleisch und jetzt Dubrovnik.«
    »Was für serbisches Reisfleisch?« fragte Frank.
    »Das weißt du nicht mehr?« sagte sie. »Komisch, ich weiß das noch.«
    »Ja, stimmt, die Mensa, aber da ging es, glaube ich, nicht so sehr um Jugoslawien«, sagte Frank, »das hatte mehr was mit Reis zu tun, ich glaube, die hatten damals mehr so den Reistag in der Mensa, mit Milchreis auch und so. Im Dubrov-nik gibt’s nicht viel Reis. Da

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