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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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sagte Hartmann und nahm Leppert ein Glas weg. Leppert zuckte die Achseln und nahm ein anderes.
    »Und was hast du geschrieben?« fragte Hoppe.
    »Irgendwas mit Problemen«, sagte Frank behutsam und abwiegelnd. Er war noch recht nüchtern, und der rapide Verfall seiner Kameraden ernüchterte ihn noch mehr.
    Und jetzt, so von weitem besehen, kam ihm die ganze Geschichte ziemlich lächerlich vor.
    »Probleme habe ich auch«, sagte Schmidt und lachte. »Ich kann kaum noch stehen.«
    »Ich geh mal pissen«, sagte Hartmann. Er stand auf und fiel über Hoppes Beine.
    »Das ist echt okay vom Hauptmann«, sagte Hoppe, während Hartmann über seinen Beinen lag und zappelnd versuchte, wieder hochzukommen, »der hätte ja verweigern können.«
    »Ja«, sagte Frank. Er trank sein Bier aus und nahm selber einen Cola-Whisky. »Ich nehm mal einen«, sagte er zu Hoppe, »ich geb auch Geld.«
    »Ist genug da!« sagte Hoppe.
    »Kann er immer noch, verweigern«, lallte Hartmann. Er fiel auf den Boden und kroch auf allen vieren von Hoppe weg. »Kann er jederzeit.«
    »Ja«, sagte Frank und kippte den Cola-Whisky hinunter. Er schmeckte schauderhaft. Verweigern, dachte er, das war von Anfang an der Fehler gewesen, nicht zu verweigern. Aber irgendwie, dessen war er sich sicher, war da auch ein Haken, irgendwo war da etwas nicht ganz astrein an dieser Verweigerungssache. Wahrscheinlich muß man es mal ausprobieren, dachte er und nahm noch ein Glas vom Tisch. Dann merkte er, wie ihm schlecht wurde. Er stellte das Glas wieder zurück.
    Die Bedienung kam vorbei. »Wollt ihr noch was, Jungs? Das
    Klo ist da vorne«, sagte sie zu Hartmann, der noch nicht weit gekommen war. »Da gibt’s auch ein Kotzbecken. Das ist das Ding mit den beiden Haltegriffen.«
    »Kenn ich«, sagte Hartmann und zog sich an einem Holzpfosten hoch.
    »Ich nehm noch ein Bier«, sagte Frank in der Hoffnung, daß das irgendwie gegen die Übelkeit helfen würde.
    »Und ihr anderen habt noch?« sagte die Frau.
    Die anderen nickten. Sie hatten noch reichlich.
    Am nächsten Tag wurde Hartmann entlassen. Die zahnärztliche Untersuchung hatte ergeben, daß seine Zähne zu schlecht waren, und sie gaben ihm Tauglichkeitsstufe fünf.
    »Wieso Zähne?« fragte Hoppe Hartmann, während der sich die Zivilklamotten anzog und seine Ausrüstung in den großen Sack stopfte. »Was haben die Zähne damit zu tun? Du brauchst hier doch keinen zu beißen!«
    »Die haben gesagt, das lohnt sich nicht«, sagte Hartmann. »Ich könnte die alle umsonst machen lassen, hat der Spieß gesagt. Das wäre zu teuer, hat er gesagt.« Er grinste, wie um ihnen zu zeigen, was er meinte. Sie sahen die schwarzen Stümpfe in seinem Mund, und Frank verstand jetzt, warum Hartmann sich immer, wenn er lachte, die Hand vor den Mund hielt und warum er beim Essen immer so lange brauchte.
    »Der Spieß hat gesagt, von dem Geld könnte man einen halben Panzer kaufen, da lohnt sich das nicht.«
    »Mensch, Hartmann, das ist ja ekelig«, sagte Hoppe, und es klang ein bißchen wehmütig.
    »Ja«, sagte Hartmann fröhlich. Er schien schon nicht mehr richtig dazuzugehören. Er machte den Sack zu und drehte sich zu ihnen um. »Dann macht’s mal gut«, sagte er. Er gab jedem die Hand und ging, den Sack hinter sich herschleifend, hinaus. Es war kurz vor Mittag, und sie warteten auf das Antreten. Sie schauten aus dem Fenster auf den Kasernenhof, und bald sahen sie unten Hartmann mit dem Sack über der Schulter zur Bekleidungskammer gehen. Frank konnte es nicht fassen.
    »Wegen den Zähnen«, sagte er ungläubig. Eben noch war Hartmann einer von ihnen gewesen, und jetzt war er frei. Muß ein seltsames Gefühl sein, dachte er.
    »Ich weiß nicht«, sagte Schmidt nachdenklich, »habt ihr dem seine Zähne gesehen? Das ist aber auch echt eklig.«
    »Möchte ich nicht haben, so Zähne«, sagte Hoppe. »Dann lieber Bundeswehr.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Schmidt.
    Sie guckten immer noch aus dem Fenster, obwohl Hartmann längst verschwunden war.
    »Ich kannte mal einen, der hatte auch so Zähne«, sagte Hoppe. »Genau solche Zähne.«
    »Na und?« sagte Schmidt.
    »Der ist gestorben«, sagte Hoppe.
    »An den Zähnen?« fragte Frank.
    »Sowas gibt’s«, sagte Schmidt.
    »Nein«, sagte Hoppe, »an was anderem.«
    Nach dem Mittagessen mußten sie alle mit großer Kampftasche antreten, denn sie sollten einen längeren Marsch mit vollem Gepäck und Gewehr unternehmen. Sie standen in der brütenden Mittagshitze und hörten einer Rede des

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