Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Kompaniechefs zu, die von eher allgemeinpolitischen Dingen handelte, erst von den Russen in Afghanistan und dann von der zahlenmäßigen Unterlegenheit der Nato im Bereich der konventionellen Streitkräfte, die durch überlegene Technik ausgeglichen werden mußte, wobei der Kompaniechef insbesondere auf die neuesten Entwicklungen bei den Pionieren zu sprechen kam und da vor allem auf das Pionierbataillon 8 und die neuen Faltschwimmbrücken der 5. Kompanie, in der, wie er sie aufklärte, die Brückenpioniere des Bataillons zu finden waren, die mit den neuen Faltschwimmbrücken das modernste und schlagkräftigste Gerät ihr eigen nannten, das die Nato im Augenblick zur Überwindung von Flüssen zur Verfügung hatte, und so ging das noch eine ganze Weile unter sengender Sonne weiter, es war ein großes Schnaufen und Schwitzen und Stöhnen um Frank herum, er konnte geradezu hören, wie alle mürbe wurden und innerlich beteten, daß der Kompaniechef bald mal zum Ende käme. Und dann erscholl von hinten ein Ruf in die Rede des Kompaniechefs hinein: »Herr Hauptmann, hier ist einer umgefallen«, und Frank schaute sich um, was dort los war, und plötzlich erklangen noch andere Stimmen, die Dinge riefen wie »Mir ist auch schlecht« und »Mir ist schwindelig«, und für einen kurzen Moment sah es so aus, als würde sich die ganze Kompanie selber hitzefrei geben, aber da war der Hauptmann vor.
»Ich dulde hier keine Unordnung«, brüllte er, »der Kamerad wird in den San-Bereich gebracht, die ihm nächststehenden Kameraden machen das, ein Unteroffizier geht mit, machen Sie das, Wagner«, rief der Hauptmann, »und wer sich sonst nicht wohl fühlt, kann auch gleich mitgehen, der Rest reißt sich zusammen, ich will hier Soldaten sehen und keine Hühner bei Gewitter!«
Hinter Frank gab es noch ein kurzes Gemurmel, dann trugen einige Soldaten den Umgefallenen davon. Frank hatte ihn erkannt. Es war Pionier Reinboth.
»Es kann doch wohl nicht angehen, daß Sie gleich umfallen, wenn Sie mal ein bißchen stillstehen sollen«, rief der Hauptmann unterdessen, »Sie sind doch noch jung, Himmelherr-gottnochmal. Und wenn Sie sehr lange stehen müssen und merken, daß Sie ein bißchen Bewegung brauchen, dann wackeln Sie einfach mit den Zehen, ja genau, mit den Zehen wackeln, das kann man auch im Stillgestanden machen, das sieht keiner, und das hilft dem Kreislauf auf die Beine, ich weiß, wovon ich spreche. Und das sieht keiner!«
Er blickte sich aufmunternd um.
»Aber mehr ist nicht erlaubt, damit das gleich mal klar ist. Herrgottnochmal, Männer, sol lucet omnibus, wie der Lateiner sagt, die Sonne scheint für alle, und wenn Ihre Offiziere und Unteroffiziere das aushalten, dann können Sie das erst recht, jung, wie Sie sind.«
Dann ließ er sie schnell ins Gelände abmarschieren, bevor sie noch die Sache mit dem Zehenwackeln ausprobieren konnten.
Am Abend, noch vor dem letzten Antreten, war die Sache schon in aller Munde.
»Selbstmordversuch«, erzählte ihnen Fahnenjunker Tietz, »mit Schlaftabletten. Mein Gott, das muß doch nicht sein!« Er stand bei Frank und seinen Kameraden in der Stube herum, während sie sich von ihrer Ausrüstung befreiten.
»Warum denn?« fragte der POA Neuhaus. »Was wollte der denn damit?«
»Na sich umbringen«, sagte Schmidt launig. »Ist doch nicht schwer zu kapieren, Neuhaus.«
»Machen Sie keine Witze, Schmidt«, sagte Fahnenjunker Tietz, »das ist nicht zum Scherzen. Ich meine, egal was für Probleme Sie haben, das ist doch noch lange kein Grund, sich gleich umzubringen. Da können Sie doch auch zu mir kommen und sich aussprechen.«
Frank, der gerade sein Koppeltragegestell in den Spind hängte, hielt dabei inne und schaute Fahnenjunker Tietz an.
»Ist was, Lehmann?«
»Nein, nein«, sagte Frank.
»Haben Sie irgendein Problem, oder was?«
»Nein«, sagte Frank, »zum Glück nicht.«
»Dann ist ja gut«, sagte Fahnenjunker Tietz.
Beim darauffolgenden Antreten ging auch der Hauptmann auf die Sache ein.
»Was immer auch passiert, Sie sind doch noch jung«, rief er ihnen zu. »Kann ja sein, daß Ihnen das hier nicht gefällt. Kann ja sein, daß Sie Schwierigkeiten mit Ihrer Freundin haben oder was immer da so möglich ist. Aber deswegen macht man doch nichts Unüberlegtes. Werfen Sie doch Ihr junges Leben nicht weg, Sie haben doch Ihr ganzes Leben noch vor sich. Diese fünfzehn Monate, das geht doch auch vorbei.« Und so ging das noch eine Zeitlang weiter, während die Kompanie dazu eifrig
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