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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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explodierende Sterne. Rose schwebte an der Krümmung dahin, wendete, brach durch die Wölbung hinein in …
    Tiefere Schwärze. Hier sprühten die Lichter nicht mehr, sie strömten. Die Photonen flossen in konzentrischen Wellen, die einander durchtanzten, in Täler der Leere, Berge höchster Intensität aufgelöst. Blendendes Licht. Sie trat hinein.
    Das Licht hatte eine Beschaffenheit, die sie einhüllte und gleichzeitig ausfüllte, eine bewegte Beschaffenheit wie ein Summen, ein Klang des Leuchtens. Alles andere Licht war für sie im Stillstand, in der Zeit für ewig erstarrt, während der Raum ringsum in einer endlosen Folge verschlungener Tori, Helixformen, Knoten und Schalen vorbeistürzte. Sie war das Licht.
    Das Licht war ein Wind, sie war das Wind-Licht, das durch die Spiralbahnen des Raumes fegte, durch die hallende Zeit, wieder hinein in die Leere.
    Leere. Nichts. Kein Licht, keine Empfindung; nur das Nichts. Vollkommenheit, einen ewigen Augenblick lang. Wieder. Wieder. Wieder. Der Augenblick kehrte zurück, schwebte zwischen den beiden Bewusstheiten am Kabel, in den summenden Elektronen, den wirbelnden Energiebündeln; vibrierend, der Augenblick, summend, summendes Nichts, immer leiser, vergehend zu einem zarten, letzten Seufzen, wie eine Seele, die über tote Lippen hinausschwebte und in der Wildnis verschwand.
     
    So erlebten die Höhlen eine Orgie der Zügellosigkeit: Angestöpselte schlossen sich zusammen, Buchleute lasen einander vor, alte Freunde trafen zusammen, gingen auseinander, überlappten sich in mächtigen Wellen der Emotion. Die Höhlen wirkten nicht mehr so leer. Trotzdem fühlte Paula sich immer noch sehr allein.
    »Du wirkst einsam«, sagte eine Stimme am Nachmittag des zweiten Tages zu ihr.
    Sie drehte sich um. Ein junger, schmaler Vampir saß in ihrer Nähe, im Schatten. Trotz der düsteren Erscheinung verspürte Paula keine Angst.
    »Nicht einsam«, sagte sie. »Ich bin allein.«
    »Du bist allein und einsam«, sagte er.
    Sie richtete sich trotzig auf.
    »Ich bin ein Fels. Ich bin eine Insel.«
    Er lächelte sie im Dunkeln an, obwohl sie es nicht sehen konnte. Leise sagte er: »Ich habe meine Bücher und meine Gedichte als Schutz.«
    Sie hielt den Atem an.
    »Du … du kennst die alten Wörter?«
    Er zuckte bescheiden die Achseln.
    »Ich habe viele alte Bücher und Dokumente gelesen. Manche sind wunderschön.«
    »Aber du bist ein Vampir. Es gibt keine Vampir-Schreiber.«
    »Ich bin kein Schreiber, ich lese nur gern.«
    Sie trat näher an ihn heran.
    »Wie heißt du?«
    »Aba.«
    »Ich bin Paula.«
    Sie entblößten voreinander ein wenig die Hälse.
    »Woher kommt es, dass ein Vampir liest?« fragte sie unsicher.
    »Er liest, wie er blutet – aus dem Herzen.«
    »Beim Wort, für einen Wilden bist du sehr poetisch. Wir müssen einmal gemeinsam lesen.«
    Er verzog den Mund.
    »Wenn ich dir durch meine Flügel als Wilder erscheine, möchte ich lieber allein lesen.« Er wandte sich ab.
    Sie kam heran und berührte ihn am Arm.
    »Warte«, sagte sie leise. Er sah sie an. Sie studierte sein Gesicht. Er sah gütig aus. »Du bist einsam«, sagte sie.
    »Ich bin allein«, erwiderte er achselzuckend.
    »Ich habe die Geschichte gehört, wie du Ollie aus der Festung gerettet hast. Das war eine edle Tat.«
    »Es war eine unedle und lügenhafte Tat – für eine gute Sache.«
    Sie betrachtete ihn nachdenklich.
    »Du scheinst ein vielschichtiges Wesen zu sein.«
    »Wie ein Buch von vielen Seiten.« Er senkte den Kopf, um ihr das Kompliment zu Füßen zu legen. Ihm gefiel ihre ruhige Art, ihre ernste Aufrichtigkeit. Er dachte: Sie ist stolz, ohne arrogant zu sein.
    Sie dachte: Wie ähnlich er einem Buch ist und wie unähnlich einem Vampir – er gibt und nimmt nicht.
    Er dachte: Sie ist äußerlich hart, um einen Kern zu verbergen, der sehr leicht zerbricht.
    Beauty rief Abas Namen. Der Vampir entschuldigte sich und gab der Hoffnung Ausdruck, er und Paula würden sich bald wieder miteinander unterhalten können. Dann ging er hinüber zu dem Zentaur, der sich von D’Ursu verabschiedete. Der mächtige Bär war in den Höhlen wieder er selbst geworden, aber da der Winter sich dem Ende näherte, machte die Erschöpfung sich bei ihm doch bemerkbar. Er musste mindestens einige Wochen Winterschlaf halten, bevor er zu seinem König zurückkehrte.
    »Ich weiß selbst nicht recht, was ich auf dieser Reise gelernt habe«, sagte D’Ursu und kratzte sich am Kopf, »aber ich hoffe, ich bin eine Hilfe

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