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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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gedämpften Grün- und Brauntönen. Beide trugen das ergrauende Haar in der Mitte gescheitelt und gekrönt mit Konfektionsartikeln aus Bändern und Spitze, die Hauben darstellen sollten. Bei genauerem Hinsehen bemerkte ich, dass eine der beiden Frauen ein oder zwei Jahre älter wirkte als die andere, davon abgesehen unterschieden sie sich in ihren Gesichtszügen deutlich.
    Die ältere der beiden hatte rundlichere Wangen, ein zurückspringendes Kinn und eine gerade, weit vorstehende Nase, die ihr irgendwie das Aussehen einer Galionsfigur verlieh. Wie sich die Wellen vor dem schneidigen Bug eines Schiffes teilen und ihm ausweichen, so hatte man instinktiv das Gefühl, dass sich jegliche Opposition vor ihrem Willen beugen würde. Sie saß reglos da, die Hände im Schoß, und beobachtete uns mit abschätzenden Blicken. In ihrem Gesicht rührte sich nicht ein einziger Muskel. Doch trotz der beherrschten Art ihresAuftretens trat ein Glanz in ihre Augen, als sie auf mir ruhten – als könnte sie jetzt schon erkennen, dass wir irgendwann aneinandergeraten würden.
    Die jüngere der beiden besaß einen breiteren Kiefer und falsche Ringellöckchen rechts und links vor den Ohren, um den Eindruck abzuschwächen oder die Aufmerksamkeit ganz von diesem wenig femininen Attribut abzulenken. Sie trug außerdem eine Kamee-Brosche am Hals, wohingegen das Kleid ihrer Schwester oben mit einem hochgeschlossenen Rüschenkragen aus Spitze abschloss.
    Der Gesichtsausdruck der jüngeren Frau war sanft und beinahe zaghaft im Vergleich zu dem äußerst direkten, energischen Blick ihrer Schwester.
    Die beiden Frauen hatten ohne Zweifel ihr Leben miteinander verbracht. In meiner Heimatstadt hatte es ein solches Geschwisterpaar gegeben, das so vollkommen miteinander verwachsen war, dass man sich die eine ohne die andere kaum noch vorstellen konnte. Was das identische Material ihrer Kleider anging – vielleicht hatte ihr Bruder ihnen einen Ballen Stoff aus seinem Lagerhaus geschickt? Wie dem auch sei, es schien ihnen nicht merkwürdig vorzukommen, sich identisch zu kleiden. Vielleicht verstärkte es ihr Zusammengehörigkeitsgefühl noch. Ich für meinen Teil würde mich ganz gewiss nicht genauso anziehen wie eine andere Frau im gleichen Zimmer.
    Die beiden Schwestern hatten vor unserem Eintreten Schach gespielt. Ein kleines Tischchen mit einem eingelegten Schachbrett stand immer noch zwischen den beiden. Nun trat die furchterregende Haushälterin ungebeten hinzu, nahm den Tisch mitsamt den Spielfiguren und stellte alles in einer fließenden, kräftigen Bewegung an die Wand. Nicht eine einzige Figur verrutschte dabei von ihrem Spielfeld.
    Endlich brach die ältere der Schwestern das Schweigen. »Danke sehr, Williams«, sagte sie. »Wir nehmen jetzt den Tee. Fragen Sie Mrs. Craven, ob sie uns Gesellschaft leistet, würden Sie das tun?«
    »Ich bin Miss Roche«, informierte sie Dr. Lefebre und mich, nachdem die Haushälterin sich zurückgezogen hatte, und bestätigte auf diese etwas altmodische Weise ihren Status als die ältere der Schwestern. Sie deutete auf ihre Schwester. »Das ist meine Schwester Phoebe. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    »Ich bin sehr erfreut, die Damen kennen zu lernen«, sagte Dr. Lefebre mit einer höfischen Verneigung. Wenn er es als unhöflich oder eigenartig empfunden hatte, auf diese Weise warten zu müssen, während er gemustert worden war, dann zeigte er dies nicht.
    »Guten Tag«, sagte ich, entschlossen, diesem kühlen Empfang auf die gleiche Weise zu begegnen.
    »Ihre Reise war angenehm?«, erkundigte sich Miss Roche auf desinteressierte Weise.
    »Durchaus erträglich, Ma’am«, antwortete Dr. Lefebre. »Und keineswegs langweilig.«
    »Absolut nicht«, stimmte ich dem Doktor zu. Wenn sie glaubten, ich würde mich als graue Maus erweisen, die kaum ein Wort hervorbrachte, dann konnte ich ihnen gleich zu Anfang klarmachen, wie sehr sie damit auf dem Holzweg waren. »Ich habe die Überfahrt mit der Fähre sehr genossen. Ich war noch nie zuvor auf einem Boot.«
    »Tatsächlich?«, erkundigte sich Miss Roche mit einem schwachen Zucken einer Augenbraue.
    »Und Ihr Haus hier draußen auf dem Land …«, fügte der gute Doktor rasch hinzu und lenkte Miss Roches Aufmerksamkeit von mir weg, »… es ist wirklich höchst anziehend. Wild, und vielleicht ist nicht alles auf konventionelle Art und Weise hübsch, aber höchst interessant. Wir hatten eine eigenartige Begegnung, nicht weit von hier, in der Heide. Der

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