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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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ich mehr Zeit in ihrer Gesellschaft verbracht hatte.
    »Früher mochte ich Onkel Charles sehr gern«, sagte Lucy unvermittelt. »Ich dachte, er mag mich auch, aber sie haben so lange auf ihn eingeredet, bis er Angst vor mir bekam. Außerdem war er furchtbar zu dem armen James, und das kann und will ich ihm nicht verzeihen.«
    Das war das erste Mal, dass irgendjemand den abwesenden James Craven erwähnte. Ich wollte Lucy fragen, inwiefern ihr Onkel »furchtbar« gewesen war und auch, wo und wie sie ihren Ehemann kennen gelernt hatte und noch eine ganze Menge weiterer Dinge. Doch ich wusste bereits, dass sie unwillig auf unverblümte Fragen reagierte. Ich musste Geduld bewahren; zu gegebener Zeit würde sie wahrscheinlich von sich aus reden.
    Wie es sich ergab, näherten wir uns unterdessen der Kirche. Es war ein standfestes altes Bauwerk mit einem untersetzten Turm. Dohlen kreisten um ihn und stießen ihre misstönenden Schreie aus.
    Die Kirche war von einem ungepflegten Friedhof umgeben. Wir blieben vor dem antiken Friedhofstor mit den moosbewachsenen Dachschindeln stehen. Rechts und links im Durchgang waren zwei Holzbänke aufgestellt. Hier fanden Beerdigungsgesellschaften und Prozessionen bei widrigen Wetterverhältnissen dicht zusammengedrängt Unterstand und Schutz.
    »Das ist unsere Gemeindekirche.« Lucy deutete auf das Gebäude. »Es soll angeblich interessant sein für Leute, die sich mit so was auskennen. Möchten Sie einen Blick hineinwerfen? Falls nicht abgesperrt ist, heißt das. Das Dorf liegt noch einen drei viertel Kilometer weiter. Nicht besonders praktisch – für die Dorfbewohner, meine ich.«
    Ich sagte, dass ich gerne einen Blick ins Innere der Kirche werfen würde, und wir passierten das Friedhofstor und gingen über den gepflasterten Weg zur Veranda. Die Tür war verschlossen.
    »Wir könnten den Schlüssel beim Küster holen«, schlug Lucy auf ihre unbekümmerte Art vor. »Andererseits sehen Sie ja spätestens am Sonntag, wie sie innen aussieht.«
    Wir machten kehrt, doch anstatt geradewegs zum Tor zu marschieren, wanderten wir über einen schmalen Pfad zwischen Grabsteinen. Einige standen bedrohlich schief und waren sehr alt, und ihre Beschriftung war kaum noch zu entziffern unter dicken Flechten und durch den Einfluss der Elemente. Insekten summten uns um die Köpfe, und die Stille des Friedhofs und seine Atmosphäre übten einen beinahe einschläfernden Effekt aus.
    Ich nutzte die Gelegenheit zu einer Frage. »Haben Sie in letzter Zeit Nachricht von Mr. Craven bekommen?«
    »Ich warte auf einen Brief, der bald eintreffen müsste«, sagte Lucymürrisch. »Ein Brief von China nach England dauert sehr lange, wissen Sie? Na ja, ich schätze außerdem, dass sie ihn so auf Trab halten, dass er nicht zum Schreiben kommt.«
    Nicht einmal eine hastig gekritzelte Note an seine junge Frau? Bens Worte waren in meinen Ohren. »Diese ganze Geschichte ist wie eine gesprungene Tasse. Sie klingt einfach nicht richtig.« So neugierig mich ihre Antwort auch gemacht hatte, es erschien mir im Moment nicht als schicklich, das Thema weiterzuverfolgen.
    Unvermittelt wurde ich abgelenkt. Eine Bewegung im Augenwinkel weckte meine Aufmerksamkeit. In einiger Entfernung von der Stelle, wo wir standen, ragte eine mächtige alte Eibe in die Höhe und warf ihren weiten Schatten. Ich hatte das Gefühl, als bewegte sich in diesem dunklen Schatten etwas. Ich hielt inne und starrte angestrengt in die fragliche Richtung, doch zuerst war nichts zu erkennen. Dann bewegte sich ein weiterer Schatten im Raum zwischen den Ästen. Es war kein Vogel – dazu war der Umriss zu groß. Dort war jemand. Jemand, der uns beobachtete.
    Ein Kirchhof ist ein öffentlicher Platz, und wahrscheinlich war jemand gekommen, um ein Grab zu besuchen: Das war die wahrscheinlichste Erklärung. Möglicherweise trauerte die Person noch und wollte allein sein.
    Lucy war ein wenig vorausgegangen, während ich zu der Eibe gestarrt hatte, und so eilte ich hastig hinter ihr her. Sie war stehen geblieben, und im ersten Moment dachte ich, dass sie auf mich wartete. Doch wie ich bald sah, gab es einen anderen Grund. Wir standen vor einem kleinen Grab und einem winzigen Grabstein mit einem aus Stein gehauenen betenden Engel darüber.
    Louisa, neugeborene Tochter von James Craven und seiner Gemahlin Lucy , lautete die Inschrift.
    Ich streckte den Arm aus und ergriff Lucys Hand. »Es tut mir ja so unendlich leid, meine Liebe«, sagte ich leise.
    Sie schüttelte

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