Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
nervös. »Sehe ich komisch aus?«
»Nein, ganz und gar nicht. Warten Sie, ich binde Ihnen die Bänder zusammen.«
Sie ließ es bereitwillig über sich ergehen, und wir wanderten den gleichen Weg zurück, den wir gekommen waren. Die Straße lag so einsam wie zuvor, mit Ausnahme einer einsamen Zigeunerin, die einen Korb trug. Sie machte Anstalten, sich uns zu nähern, mit bereits zum Betteln ausgestreckter Hand, doch dann sah sie Lucys Gesicht und gab ihr Vorhaben wieder auf. Sie eilte an uns vorbei in Richtung Dorf, und dabei machte sie eine verstohlene Geste, als wollte sie irgendetwas Unsichtbares abwehren.
Sie denkt, wir bringen Pech , sinnierte ich ironisch. Doch ich fand keine Zeit, um über triviale Zwischenfälle wie diesen nachzudenken. Shore House kam wieder in Sicht, und mein brüchiger Waffenstillstand mit Lucy war zu Ende.
Dr. Lefebre stand vor dem Tor und blickte die Straße hinauf und hinunter, und mir kam der Verdacht, dass er nach uns suchte. Ich schätze, Lucy dachte das Gleiche.
»Was für ein furchtbarer, unmöglicher Kerl!«, rief sie so laut, dass er es hören musste .
»Nicht …« Ich packte erschrocken ihren Arm. Es würde ihr nicht weiterhelfen, wenn er in seinem Bericht schrieb, dass sie ihn auf offener Straße lautstark beschimpft hatte wie ein wütendes Londoner Gassenkind.
Sie wandte sich in einem weiteren jener leidenschaftlichen Ausbrüche, wie ich ihn auf dem Friedhof erlebt hatte, gegen mich. »Ah, ich verstehe! Sie ergreifen Partei für ihn! Niemand ergreift je Partei für mich! Aber das ist egal. Ich werde nicht mit ihm reden. Ich werde ihn nicht sehen. Ich werde ihm nicht begegnen!«
Zu meinem Entsetzen blieb sie stehen, bückte sich nach einem Stein, hob ihn auf und warf ihn nach Lefebre. »Verschwinden Sie!«, kreischte sie ihn an. »Hören Sie? Hauen Sie ab!«
Glücklicherweise war der Wurf schlecht gezielt. Der Stein flog nicht weit genug und sprang schlitternd über die Straße, um ein kleines Stück vor Lefebre liegen zu bleiben. Lefebre betrachtete ihn mit distanziertem Interesse und ohne jegliches Anzeichen von Überraschung.
Das wird er bestimmt in seinem Bericht festhalten! , dachte ich bei mir.
»Lucy!«, zischte ich sie an. »Sehen Sie denn nicht, dass Sie sich selbst schaden mit diesem Verhalten?«
Sie brach in Tränen aus. »Lassen Sie mich in Ruhe! Sie alle! Kommen Sie mir nicht hinterher, Lizzie, haben Sie verstanden?«
Sie raffte ihre Röcke und rannte los, an Dr. Lefebre vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, durch die Toreinfahrt und über einen Weg an der Seite des Hauses entlang.
»Du meine Güte!«, hörte ich ihn murmeln, als er ihr hinterherstarrte. Er drehte sich zu mir um, als ich mich ihm näherte, und musterte mich mit erhobenen Augenbrauen.
»Wir waren am Grab ihres Babys«, erklärte ich. »Also bitte entschuldigen Sie ihr Verhalten. Warum stehen Sie überhaupt hier? Haben Sie etwa nach uns gesucht? Falls ja, dann wünschte ich wirklich, Sie würden sich ein wenig mehr zurückhalten. Sie können doch sehen, wie sehr Ihr Anblick sie aus der Fassung bringt! Ist das vielleicht verwunderlich? Sie glaubt, dass Sie gekommen sind, um sie in Ihre Irrenanstalt mitzunehmen!«
»Klinik«, protestierte er schwach. »Nein. Ich habe nicht nach Ihnen und Mrs. Craven Ausschau gehalten. Rein zufällig warte ich hier draußen, während Greenaway mir ein Pferd sattelt. Ich beabsichtige einen Ausritt über die Heide zu unternehmen.«
Ich bemerkte, dass er Reithosen trug und hohe Stiefel, auch wenn er immer noch seinen schicken schwarzen Mantel und den glänzenden Zylinder dazu anhatte. Seine GlacŽhandschuhe hatte er gegen solche aus stabilem Schweinsleder getauscht.
Oh, Lizzie! , schalt ich mich reumütig. Vielleicht sollte ich mich entschuldigen, dass ich ihn grundlos angegriffen hatte, doch bevor ich etwas sagen konnte, meldete er sich erneut zu Wort.
»Ich bin ganz Ihrer Meinung; Mrs. Craven sah ein wenig fassungslos aus. Hat sie das Grab als das ihres Kindes erkannt?«
Ich hatte nicht die Absicht, ihm von Lucys Verhalten und von den Anschuldigungen zu erzählen, die sie auf dem Friedhof gegen ihre Familie erhoben hatte.
»Wie ich bereits sagte«, erinnerte ich ihn. »Ich bin nicht Ihre Spionin. Ich werde weder mit Ihnen noch mit sonst irgendjemandem über die Dinge sprechen, die Mrs. Craven mir bei unseren Unterhaltungen anvertraut. Sie braucht eine Person, die ihr das Gefühl gibt, ihres Vertrauens würdig zu sein. Jemanden, dem sie
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