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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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gewöhnt ist, Leichen aufzuschneiden und zu untersuchen, gewinnt man eine gewisse Distanz. Nichtsdestotrotz missfiel mir sein unbekümmerter Ton. Ich schob das Messer in den Umschlag zurück.
    »Wir sind Ihnen sehr verbunden«, sagte ich zu Frazer.
    »Mein lieber Freund«, antwortete er schwungvoll. »Es war mir ein Vergnügen! Und höchst interessant überdies. Keine Mühe … Übrigens, wenn das hier vorbei ist und Sie Ihren Mörder haben …« Er räusperte sich, und zum ersten Mal zeigte er so etwas wie Verlegenheit. »Ich weiß ja nicht, was Sie mit Beweisstücken wie diesem Messer machen. Wenn es seinem ursprünglichen Besitzer zurückgegeben wird und er es nicht mehr haben will oder wenn die Polizei es nicht behalten will … nun ja, ich hätte nichts dagegen, es meiner Sammlung einzuverleiben.«
    »Alistair Frazer ist ein ganz ausgezeichneter Pathologe«, sagte Lefebre zu mir, als wir das Hospital verlassen hatten. Es klang entschuldigend.
    Er mochte ein ausgezeichneter Pathologe sein, doch er hatte in meinen Augen auch einen eindeutigen Hang zum Makabren. Leute gibt es …
    »Ich dachte zuerst, es wäre ein indisches Messer«, sagte Lefebre, als wir davonfuhren. »Aber ich bin kein Fachmann, wie man gesehen hat.«
    »Gibt es viel orientalischen Schnickschnack im Haus?«, fragte ich.
    »Nein, nicht besonders viel. Ganz und gar nicht für eine Familie mit so starken Handelsbeziehungen in jenen Teil der Welt.«
    Ich dachte über seine Worte nach. Lizzie hatte das Messer als das identifiziert, das zuvor in der Eingangshalle auf dem Tisch gelegen hatte und jetzt verschwunden war. Doch sie hatte lediglich den Griff gesehen, der aus Brennans Hals geragt hatte. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihr das Ding erneut zu zeigen – keine angenehme Aufgabe. Abgesehen davon musste ich es auch den Schwestern Roche zeigen, die nach Lefebres Worten noch nichts von dem verschwundenen Messer wussten. Zumindest wusste ich nun eines: Es gab keinen zweiten identischen Kris irgendwo in der Gegend. Doch dieses Wissen war von beschränktem Wert, denn für einen Laien ohne den Sammlerblick eines Dr. Frazer sah ein Kris aus wie der andere. Lizzie mochte felsenfest überzeugt sein, dass es die gleiche Waffe war – und sich dennoch irren. Das Gleiche galt für die Schwestern Roche, und das, obwohl sie die Besitzerinnen der Waffe waren. Die Haushälterin und die Dienstmägde mussten den Kris ebenfalls in Augenschein nehmen. Wer einen Gegenstand regelmäßig abstaubt, kennt ihn meist besser als jeder andere.
    Doch konnte es derartige Messer in anderen Häusern in der Nachbarschaft geben? Es war nicht unmöglich. Orientalische Artefakte strömten auf den unterschiedlichsten Wegen in das Land, oftmals durch heimkehrende Seeleute oder Soldaten mitgebracht. Frazer besaß eine ganze Sammlung davon. Sie waren zwar ungewöhnlich, doch sie waren nicht gerade das, was man als selten bezeichnet. Es schien mir sehr wahrscheinlich zu sein, dass dieses Messer die verschwundene Waffe aus dem Empfangszimmer war – doch ich sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen.
    Es war von größter Bedeutung, die Waffe eindeutig zu identifizieren. Sie konnte auf den Mörder hindeuten. Wenn es die Waffe aus der Eingangshalle war, dann musste der Mörder an jenem Morgen im Haus gewesen sein. Falls das Messer von woanders stammte, dann galt dies möglicherweise auch für den Mörder.
    »Die Frau des Toten«, sagte ich. »Mrs. Brennan. Wo steckt sie? Was hat sie zu Protokoll gegeben?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Lefebre. »Da werden Sie wohl mit Constable Gosling drüber sprechen müssen. Er hat ihr die schlechten Neuigkeiten überbracht, wenn ich recht informiert bin.«
    Constable Gosling. Möglicherweise konnte ich eine ganze Menge von dem Einheimischen erfahren. Ich konnte es kaum erwarten, ihn zu treffen.

11. KAPITEL
    Inspector Benjamin Ross
    Wir setzten Dr. Lefebre vor Shore House ab. Es wurde inzwischen bereits spät, und das Tageslicht verblasste. In der Dämmerung wirkte das Anwesen düster. Im Erdgeschoss waren die Vorhänge noch nicht zugezogen, und in einigen Räumen brannte Licht. Allerdings nicht hell genug für eine Gasbeleuchtung. Es war ein dunkleres Licht; ich vermutete Petroleumlampen. Hier draußen gab es wahrscheinlich kein Gas. Ich hoffte, dass Lizzie das Rumpeln der Räder gehört hatte und sich an einem der Fenster zeigte, doch niemand besaß die Neugier, nach draußen zu blicken – oder vielleicht war unsere Ankunft im

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