Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
Stelle für eine Weile.
13. KAPITEL
Elizabeth Martin
Es gab ein paar Dinge, die ich Ben nicht erzählte, zum einen Teil, weil eine natürliche Pause in unserer Unterhaltung eingetreten war, zum anderen Teil, weil ich mir nervös bewusst wurde, dass meine Loyalität gespalten war. Ben würde sagen, dass bei einem so ernsten Verbrechen nichts vor der Polizei geheim gehalten werden sollte. Auf der anderen Seite war ich mir durchaus Lucys zerbrechlichen Geisteszustands bewusst. Sie brauchte eine Freundin und Vertraute, und ich hatte ihr versprochen, diese Freundin zu sein.
Ich dachte an jenes eigenartige Zusammentreffen mit Phoebe Roche. Doch war es wirklich so eigenartig? Sie war gekommen, um nach ihrer Nichte zu sehen. Das Natürlichste auf der Welt.
»Würdest du bitte weitererzählen?«, riss Ben mich aus meinen Gedanken.
»Was? Wie? Oh. Ja, natürlich. Wo war ich stehen geblieben?«
»Vor Mrs. Cravens Tür. Du hast dich mit ihrer Tante Phoebe unterhalten.«
Ich setzte meinen Bericht fort. Ich folgte Phoebe nach unten. Bis ich in der Eingangshalle ankam, schloss sich die Salontür hinter ihr. Ich band meinen Hut vor dem Spiegel, um sicher zu sein, dass er nicht schief saß, und ging nach draußen.
Meine Schritte führten mich wie von selbst zur Kirche, und ich fragte mich, ob ich sie am heutigen Tag offen vorfinden würde. Es war ein schöner Morgen, und ich spürte Bedauern, dass ich Lucy nicht hatte überreden können, mit mir zu kommen. Es war sicherlich nicht gut für sie, sich in ihrem Zustand allein in ihrem Zimmer einzuschließen.
Die Kirche stand verschlafen im Sonnenschein wie ein ruhender alter Riese. Ich zerrte an dem massiven Metallring der Eichentür – vergeblich. Der Küster war wohl zu träge, um herzukommen und aufzuschließen, wenn keine Messe gehalten wurde. Ich wandte mich ab und schlenderte über die schmalen Pfade zwischen den alten Gräbern. Von Zeit zu Zeit blieb ich stehen, um die eine oder andere Inschrift zu entziffern. Wie es auf ländlichen Friedhöfen üblich ist, tauchten immer und immer wieder die gleichen paar Namen auf. Die meisten Grabsteine waren bescheiden, doch es gab auch ein paar aufwändigere. Eine einzelne, recht prachtvolle Gruft, umgeben von einem schmiedeeisernen Geländer, gehörte der Familie Beresford. Ich fand heraus, dass sie seit wenigstens einhundert Jahren in diesem Distrikt ansässig war. Eine weitere, in der Form einer Pyramide errichtet, bildete ein Denkmal für einen Captain Meager RN, der in der Battle of the Nile gekämpft hatte und die Strapazen überlebt hatte, nur um anschließend dem Gelbfieber auf den Westindischen Inseln zu erliegen. Das waren die einheimischen Familien, der Landadel und die Farmarbeiter und Diener, die für sie gearbeitet hatten. Hier lag der Squire, dort der Dorfschmied, der Lebensmittelhändler, Bäcker, Schuster und die Hebamme, alle miteinander verwandt oder altbekannt oder durch Arbeitsverhältnisse aneinandergebunden. »Ein Platz für alles und alles an seinem Platz«, war nach Lucys Worten das Lieblingsmotto von Christina Roche. »Alles« ließ sich ganz leicht durch »Jedermann« ersetzen.
Die Schwestern Roche waren als Fremde in diese kleine Gemeinschaft gekommen – und sie waren Fremde geblieben. Ich wunderte mich erneut, welchen Zweck ihre selbst auferlegte Isolation hatte.
Ich wandte mich zur Seite und kehrte zu den einfacheren Grabstätten zurück, bis ich mich vor dem kleinen Stein wiederfand, der an Lucy und James Cravens Baby erinnerte. Ich hatte damit gerechnet, dass mich der Anblick mit Traurigkeit erfüllte, doch nicht, dass er mich überraschen könnte. Genau das jedoch war der Fall.
Zum zweiten Mal an diesem Morgen war ich ernsthaft verblüfft.
Auf dem kleinen Grabhügel lag ein kleiner Gruß aus Blumen und Feldgräsern. Ich konnte mir nicht vorstellen, wer den Strauß dortabgelegt haben mochte. Bestimmt nicht Lucy, die sich standhaft zu akzeptieren weigerte, dass ihr Baby dort ruhte. Ein Kind aus dem Dorf vielleicht? Die Einfachheit des Straußes hatte etwas Kindliches, Naives. Er war mit einem Stück schmuddeligen roten Bandes zusammengebunden. Jemand hatte sich große Mühe gegeben – jemand, der keinen Zugang zu Gartenblumen oder einem richtigen Treibhaus hatte.
Plötzlich hatte ich eine Idee, und ich wirbelte herum und starrte zu der ausladenden Eibe – doch heute bewegte sich nichts in den dunklen Schatten unter dem Baum. Ich drehte mich wieder zum Grab und überlegte, was ich wegen
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