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Neugier und Übermut (German Edition)

Neugier und Übermut (German Edition)

Titel: Neugier und Übermut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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Autorität entsprach, der nun den Augiasstall säubern würde, sondern mit kubanischen Zigarren und feinem italienischen Tuch nur lifestyle ausstrahlte. Das habe ich während des Weltwirtschaftsgipfels in Köln im Juni 1999 selbst erlebt.
    Die Tagesthemen hatten äußerst kurzfristig entschieden, am Samstag des Gipfeltreffens live aus Köln zu senden. Denn genau zur Sendezeit würden die Staats- und Regierungschefs, die an dem Gipfel teilnahmen, begleitet von ihren Frauen vom Konzerthaus die wenigen hundert Meter weit in ein kölsches Lokal zum Dîner schreiten.
    Ich hatte in diesen Tagen eigentlich keine Moderation und am Donnerstag in Ludwigsburg während eines Abendessens ein kleines Paket als Geschenk erhalten: zwei Knollen französische Trüffeln. Nun sollte ich schnell nach Köln. Am Flughafen nahm ich mir einen Leihwagen und machte mich auf den Weg. Da die Tagesthemen die Live-Sendung so kurzfristig entschieden hatten, waren alle Hotels ausgebucht. Ich hatte nach einigen Bedenken von den Sicherheitsbehörden doch noch im Domhotel ein Zimmer bekommen. Es war eigentlich für Publikumsverkehr gesperrt, weil der britische Premier Tony Blair mit seiner Delegation dort wohnte. Ein Portier nahm mir den Wagen ab, um ihn zu parken. Das Paket mit den Trüffeln ließ ich darin liegen.
    Am frühen Samstagnachmittag bereiteten wir die Sendung für den Abend vor. Der Bundeskanzler hatte zugesagt, vor unserer Kamera stehen zu bleiben und mit mir ein Gespräch zu führen. Aus der Delegation von Bill Clinton kam die ultimative Antwort: An den US-Präsidenten darf keine Frage gerichtet werden.
    Das Wetter war sommerlich heiß.
    Die Sonne schien, als wir die Kamerapositionen bestimmten. Wir befanden uns gute hundert Meter in der abgesperrten Si- cherheitszone. Da schlenderte Bundeskanzler Gerhard Schröder mit Regierungssprecher Bela Anda vorbei und sagte zu mir: »Was machst du denn da?«
    »Ich denke du regierst die Welt«, antwortete ich ihm erstaunt.
    »Nee«, sagte er, »ich habe denen erklärt, sie wollten doch sicherlich noch einige Vieraugengespräche untereinander führen und habe den Gipfel für beendet erklärt.«
    Und dann fragte er: »Hast du Zeit?«
    Ich hatte Zeit, und wir setzten uns an einen Holztisch vor einer leeren Kölschkneipe. Rundherum war der Zugang einige Hundert Meter entfernt abgesperrt. Schröder ließ sich ein Weißbier kommen. Und dann haben wir uns eine Stunde lang unterhalten. Für mich war es eine großartige Gelegenheit, ihn all das aus der Politik zu fragen, was mich beschäftigte. Zum Beispiel: Scharping. Der stichelte hinter dem Rücken von Schröder, und man hatte den Eindruck, er strebe selber das Amt des Regierungschefs an. Ich fragte Schröder: »Warum hältst du zu dem?«
    »Ach Gott, der tut mir leid«, antwortete Schröder, »wir haben dem 1995 den Parteivorsitz weggenommen, und da habe ich immer noch ein schlechtes Gewissen.«
    Am Ende des Gesprächs fragte mich Schröder: »Was machst du Sonntagabend?«
    »Da fliege ich nach Berlin, ich habe da schon früh einen Termin.«
    »Schade, ich hätte dich sonst mit den Clintons zu einem privaten Abendessen eingeladen.«
    Er meinte das ernst. Und ich habe sofort umgebucht. Das Essen sollte im Restaurant Rolandsbogen hoch über dem Rhein und der Insel Nonnenwerth gegenüber dem Drachenfelsen stattfinden.

    An jenem Samstagabend begann unsere Tagesthemen-Sendung wie das halt so manchmal kommt, ohne Ton, ich sah nur im Bild, dass ich plötzlich auf Sendung war. Also fing ich einfach an zu sprechen. Dann kamen die Präsidenten und Regierungschefs aus dem Konzertsaal. Gerhard Schröder hielt mit Doris vor mir an, ich stellte ein paar Fragen, als hinter uns der französische Staatspräsident Jacques Chirac vorbeilief. Ich unterbrach ziemlich unhöflich das Gespräch mit Gerhard Schröder und rief: »Monsieur le Président, Monsieur le Président!« Aber Monsieur le Président lief ungerührt weiter, und Gerhard Schröder sagte feixend in die Kamera: »Sie müssen wohl noch besser Französisch lernen.« Dann kam Bill Clinton mit riesiger Entourage. Er musste direkt vor mir vorbei. Also dachte ich, von den Leuten vom Weißen Haus lasse ich mir doch das Fragen nicht verbieten und stellte eine – ich weiß nicht mehr welche – banale Frage. Clinton antwortete drei Worte, während mich zwei seiner Gorillas unsanft an den Ellenbogen packten, mit Kraft hochhoben und zur Seite stellten. Pech. Aber am nächsten Abend würde ich Clinton beim privaten

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