NeuGier
es übertrieben hatte.
Bis zum Abend hielt sie durch.
Erzähl ihn mir schon, deinen verflixten Traum!
, forderte sie ihn auf.
Jackson ließ seinen Zeichenstift für den Tag fallen. In der Küche öffnete er sich eine Flasche Wein, schenkte sich ein Glas ein und nahm es mit auf die Terrasse. Er setzte sich in einen der beiden Sessel, rückte ihn so, dass er über die Bucht schauen konnte und antwortete Kate:
Wie Träume so sind, war er verworren und bestand aus mehreren eigentlich zusammenhangslosen Sequenzen. Die einzige Gemeinsamkeit, die all die Ausschnitte hatten, waren du und ich. In der ersten Sequenz hattest du einen Catsuit an und ich war an ein Andreaskreuz gebunden. Du hast mich gequält, hast mir wehgetan, doch die Schmerzen waren süß und haben mich angemacht. So sehr wollte ich dich nehmen, meine Lust an dir austoben, aber du hast dich und mich auf eigensinnige Weise und ohne mein Zutun befriedigt. In der folgenden Sequenz trugst du den Catsuit noch immer. Wir waren auf meiner Terrasse – wo ich in diesem Moment sitze. Ich habe dich gegen das Geländer gedrängt und umgedreht, deine Angst vor der Höhe durch meine Berührungen verschwinden lassen und den Reißverschluss geöffnet, deinen Po freigelegt, um es dir von hinten zu besorgen. Du hast deine Lust über die Stadt hinausgeschrien und deine Hände haben sich um das Geländer verkrampft, während mir das Beben deines Beckens verraten hat, wie sehr du jeden meiner Stöße herbeisehnst.
Kurz schloss Jackson die Augen und machte sich bewusst, dass es nur ein Traum gewesen war und seine in der Jeans anschwellende Gier heute Nacht nicht die erwünschte Befriedigung erfahren würde. Die durch seinen Kopf geisternden Bilder erschienen ihm jedoch so real, dass dies nur schwer zu akzeptieren war.
Nach dem nächsten Cut standen wir unter der Dusche. Du warst hinter mir, hast die Arme um mich geschlungen und die herabprasselnden Tropfen auf meiner Haut verstrichen … und dann bin ich leider aufgewacht.
Einen solchen Traum hätte ich auch gern einmal
, las er bald von Kate.
Ich träume immer nur absolut unsexy Dinge. Nicht weniger verworren, aber in keiner Hinsicht erotisch.
Wie sehen deine Träume denn aus?
Kate schickte ihm einen zwinkernden Smiley und schrieb:
Details erspare ich dir. Manche von denen sind so skurril und zuweilen auch gruselig, dass du mich vielleicht für verrückt erklärst.
Dann erzähl mir einen solch skurril-gruseligen Traum, wenn wir uns wiedersehen. Vielleicht gelingt es mir, dir einen meiner Träume in den Kopf zu setzten und dafür zu sorgen, dass er dort über Nacht bleibt.
Das wäre schön. Und nun bonne nuit!
Jackson war überrascht, dass sie es war, die das Gespräch beendete. Ein bisschen angekratzt war sie offenbar immer noch. Zudem hatte sie ihn nicht gefragt, wo sie sich am nächsten Freitag sehen würden, und das war immerhin schon übermorgen. Heute hätte er es ihr sogar schon verraten, denn seine Idee gefiel ihm so gut, dass er sie kaum für sich behalten konnte und die Vorfreude so gern mit ihr teilen wollte.
Mit einem lautlosen Seufzen legte er das Telefon beiseite. Einen Schluck vom Wein nehmend, sah er zu den Lichtern der Golden Gate Bridge hinüber, die sich im schwarzen Wasser spiegelten. Irgendwann stand er auf und schlenderte zum entgegengesetzten Ende der Terrasse, das in Richtung Süden führte. Er suchte und fand den zu jeder Tages- und Nachtzeit vielbefahrenen, nun von Scheinwerfern und Rücklichtern erleuchteten Freeway 101 und folgte ihm mit dem Blick soweit es möglich war.
Nur eine Stunde würde er auf ihm fahren müssen, um bei Kate zu sein, die jetzt am anderen Ende der San Francisco Bay schlafen ging. Er hatte vergessen, ihr süße Träume zu wünschen – ausgerechnet heute, wo sie ihm erzählt hatte, wie wenig süß ihre Träume waren. Also ließ er seinen Wunsch den Freeway entlang fliegen und hoffte, dass er sie erreichte.
Sein zweitägiges Schweigen, das stellte er jetzt für sich klar, war definitiv eine Nummer zu viel gewesen.
***
Am Donnerstag schien Kate jeden Groll überwunden zu haben und plauderte so unbeschwert, wie er es von ihr kannte.
Mal zog sie ihn auf, mal spickte sie ihre Worte mit winzigen, aber nicht gewichtigen Details ihres Alltags, mal fantasierte sie sich und ihn zusammen an irgendeinen Ort, an dem es nur sie beide gab. Dabei waren ihre Worte immer so formuliert, dass es ihm leicht fiel, sich ihre Miene vorzustellen, ihr Lachen, ihre hochgezogene Braue oder
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