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Neukölln ist überall (German Edition)

Neukölln ist überall (German Edition)

Titel: Neukölln ist überall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Buschkowsky
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tragen müssen.
    Ein Beleg dafür, wie sehr sich die Herausforderungen ähneln, ist ein Ausriss aus einer Rede des Botschafters der Niederlande vom 15. Oktober 2004:
»Beide Länder (Deutschland und die Niederlande) sehen sich mit ähnlich gelagerten Integrationsproblemen konfrontiert, beispielsweise mit der Gefahr der Ghettoisierung ganzer Stadtviertel, mit wachsender Kriminalität, hohen Sozialkosten, Problemen in den Schulen und einer zunehmenden Anzahl radikaler Islamisten. Die niederländische Regierung wird deshalb der Entwicklung von Parallelgesellschaften mit aller Kraft entgegenwirken. Die Lage in Rotterdam und die energische Art und Weise, wie die Rotterdamer unter der Leitung von Herrn Bürgermeister Opstelten ihre Probleme lösen, haben die niederländische Regierung veranlasst, diese Rotterdamer Politik zur nationalen Politik zu erklären.
Eine erfreuliche Entwicklung ist die interessante unternehmerische Perspektive für integrationsbereite Einwanderer. Migranten sind schon jetzt viel erfolgreicher in der Gründung eigener Firmen als die niederländische Bevölkerung. (…) Ausgebildete Migranten, die unsere Wertesysteme akzeptieren, sind durchaus sehr erfolgreich. Wer aber im eigenen Ghetto bleibt und sein Umfeld nicht verlassen möchte, hat kaum eine Chance, sich zu integrieren: Er wird auf Dauer von Sozialleistungen abhängig sein. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis die niederländische Bevölkerung den Solidaritätsgedanken aufgibt, weil die Last der Migranten einfach zu groß geworden ist.«
    Insbesondere der letzte Satz ist schon eine markante Aussage für einen Botschafter der Niederlande. Waren es doch gerade die Niederländer, die für uns Deutsche als eine Art Vorbild dafür fungierten, wie man durch eine liberale Politik unterschiedlichen Herausforderungen entspannt begegnen kann, ohne immer gleich den Weltuntergang zu beschwören, wie es uns Deutschen eigen ist. Als Begleittext zu dieser Rede des Botschafters wurde ein Aufsatz des renommierten Sozialforschers Prof. Dr. Paul Schnabel verteilt, der die Geschichte der Niederlande als Einwanderungsland von 1950 bis zum Jahre 2000 beschreibt. Die Einzelaussagen sind für dieses Buch ohne Belang, deswegen verzichte ich auf eine Wiedergabe. Mir scheint nur wichtig zu sein, dass einige Parameter mit den unsrigen übereinstimmen. So ist in den Niederlanden der Anteil an Menschen ohne Schulabschluss unter den Türken am höchsten. Damit liegen sie noch vor den Marokkanern. Der Sprachstand ist noch erschreckender. Während Menschen aus Suriname und von den Antillen zu 91   % bzw. 64   % mit ihren Kindern zu Hause Niederländisch sprechen, fällt diese Quote bei den Marokkanern bereits auf 26   % ab. Das Schlusslicht allerdings bilden die Türken mit 18   %. Weitere Zahlen möchte ich Ihnen ersparen und stattdessen die Schlusssequenz der Ausführungen von Prof. Dr. Paul Schnabel zitieren:
»Die Einstellung der niederländischen Bevölkerung ist vor allem gegenüber den jüngeren Marokkanern und Antillianern äußerst negativ. Sie werden – nicht zu Unrecht – als wichtige Verursacher der Kleinkriminalität gesehen. Die Konzentration von Ausländern in den alten und ersten Nachkriegsvierteln der Großstädte hat zu einer starken Entfremdung zwischen ihnen und der ursprünglichen Wohnbevölkerung geführt. Viele der alteingesessenen Bewohner sind weggezogen, die allmählich entstehende Mittelschicht der erfolgreichen Ausländer tut es ihnen jetzt gleich. Die meisten Ausländer wollen sicherlich die Niederlande nicht verlassen.
Die derzeitige Regierungspolitik richtet sich auf die Beschleunigung und Verstärkung der Integrationsbemühungen durch:
obligatorische Einbürgerungskurse (Sprache, Geschichte, Staatsbürgerkunde)
Einschränkung der Heiratsimmigration durch Alters-, Einkommens- und Wohnungsnachweise
Beschleunigung des Asylverfahrens, strengere Zulassungskriterien und Verschärfung der Abschiebepraxis
Einschränkungen beim (sofortigen) Zugang zu Sozialleistungen
Förderung der Emanzipation der ausländischen Frau.«
    Ich möchte den niederländischen Wissenschaftler nicht kommentieren. Das könnte durchaus zu Verhebeeffekten führen. Eine Anmerkung drängt sich mir jedoch auf. Ich glaube nicht an Zufälle. Es muss aus meiner Sicht einen Grund dafür geben, dass insbesondere die türkischen Auswanderer ein so auffälliges Defizit beim Erlernen der Sprache ihrer neuen Heimat aufweisen. Ich werde mich an dieser Stelle auch nicht zu

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