Neuland
zurückgehen, und dort neulanden, neu landen.
Oh, sprichst du jetzt auch schon wie sie?
Sie möchte etwas verändern, ist doch egal, wie man das nennt. Sie will zurück ins Land und dort eine Gemeinschaft gründen, die das umsetzt, was sie hier gelernt hat.
Hat sie dir gesagt, wann sie zurückfahren will?
Nein.
Das war ja klar. Sie wartet bestimmt auf die Erlaubnis des Visionärs. Er ist es doch, der für sie die Zukunft sieht.
Das stimmt nicht ganz … aber du hast Recht, es gibt in Neuland schon ein paar merkwürdige Dinge, Dori. Die Art, wie sie über deinen Vater reden, ihre geheimen Heilungsrituale, und außerdem laufen hier ein paar komische Typen rum. Mit einem von ihnen hab ich gerade gesprochen … aber das ist jetzt egal … Ich hab jedenfalls den Eindruck, dass ich ein bisschen zu skeptisch bin, um hier richtig Mitglied zu werden. Aber ich würde schon ein, zwei Wochen bleiben, um das mal zu erleben. Denn die Leute hier sind gut. Und es schadet nie, seine Axiome ein bisschen zu ventilieren, sich eine andere Geschichte vorzustellen, ein bisschen auf the road not taken zu gehen, weißt du.
Inbar
blieb letztlich nicht ein, zwei Wochen in Neuland. Noch nicht einmal zwei Tage. Denn als sie ans Tor kamen, wartete dort schon Victorcito mit dem Pick-up. Gut, dass ihr kommt, dieser hijo de puta , sagte er und zeigte auf David, lässt mich schon seit ein paar Stunden nicht hinein. Und ich habe eine wichtige Nachricht von Alfredo für Mister Dori.
Eine Nachricht?
Man sucht ihn dringend, in Israel.
Dori erschrak beim Anblick von Victorcitos erschrecktem Blick.
Sag ihm, dass ich ihm ein Telefon mitgebracht habe, damit er anrufen kann.
Sie suchen dich zu Hause, sagte Inbar, und Dori nahm das Telefon und versuchte anzurufen. Es war besetzt, er wartete.
Sara zog an den Zügeln, hielt mit einem schönen, muskulösen Pferd neben ihnen und fragte, ob sie auf sie warten solle, und das schöne, muskulöse Pferd schaute Inbar mit dem rechten Auge an, als erwartete es auch selbst eine Antwort.
Nein, sagte Inbar, geht schon mal. Wir kommen später nach.
Zehn nervenaufreibende Minuten vergingen, dann antwortete Dori jemand am anderen Ende. Inbar hörte nur ihn und versuchte, das Gespräch selbst zu ergänzen –
Was wollten sie? Was?! Wann? Hast du ihnen gesagt, dass ich im Ausland bin? Gibt es viele Leute, die …? Sag mal, war Neta wach, als sie gekommen sind? Shit! Shit! Ist er jetzt zu Hause? Ist der Kindergarten geschützt? Sag ihm, dass ich ihn lieb hab und dass ich morgen komme, spätestens übermorgen. Ja und nein. Ja, ich hab meinen Vater gefunden. Lange Geschichte. Aber er ist hier. Und er lebt. Okay. Okay. Klar. Mit dem ersten Flugzeug. Bye.
Was ist?, fragte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter.
Krieg, sagte er, und reichte ihr das Telefon weiter.
*
Inbar rief Großmutter Lili an. Doch statt deren tiefem, heiseren »Hallo«, hörte sie das hohe, näselnde »Hallo« ihrer Mutter.
Inbari, wo bist du? Wir suchen dich überall. Gerade eben habe ich mit der Hotline der Botschaft in Buenos Aires telefoniert. Eine Rakete ist in Großmutters Haus eingeschlagen. Da hab ich das erste Flugzeug genommen und bin gekommen. Ihr Zustand ist nicht so gut. Ich packe ein paar Sachen von ihr zusammen, und wir fahren zu Ejtan. Zu deinem Ejtan, Inbar. Er hat angerufen und angeboten, dass wir zu euch in eure Wohnung kommen. Da kämen keine Raketen hin. Nein. Körperlich ist Großmutter in Ordnung, aber sie ist ziemlich schockiert. Egal, Inbari, komm so schnell wie möglich zurück. Wir haben auch so schon genug Sorgen.
Dori, Inbar und Meni
Wir müssen meinem Vater Bescheid geben, sagte Dori.
Inbar erklärte Victorcito die Situation und bat ihn, noch ein paar Minuten zu warten.
Was ist denn passiert, Brüder?, fragte David sie am Eingang. Warum seid ihr nicht mit in die Dörfer gefahren? Inbar sagte, im Land ist Krieg ausgebrochen, und David erklärte mit leiser, gefasster Stimme, als hätte man ihm mitgeteilt, dass die Sonne am Morgen aufgegangen sei: Ach ja, das war vorauszusehen; Señor Neuland hat uns mitgeteilt, dass es diese Woche passieren würde, oder spätestens nächste Woche. Wie bitte?, schrie Dori auf, und David, der sich ein bisschen vor ihm fürchtete, wich einen Schritt zurück und bekräftigte, ja Bruder, er hat den Krieg vorausgesehen und gesagt, dass unser Engagement dort nicht erforderlich sei; was wir hier in Neuland tun, sei nicht weniger wichtig. Na toll, und jetzt lass uns durch, du
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