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Neuland

Neuland

Titel: Neuland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskhol Nevo
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Meni sei einverstanden gewesen, unter der Bedingung, dass er zuschauen dürfe, wie Edgar das mache, und Edgar habe ihm gesagt, er arbeite lieber alleine, ganz in der Stille, und sei zu alt, seine Gewohnheiten noch zu ändern, doch wenn der Señor möchte, würde er ihn gerne zum Abendessen einladen, genau um halb sieben. So hätten sie begonnen, jeden Tag zweimal zusammen zu essen, abends und morgens, und Edgar habe dem Señor Meni, gerade weil er ein Fremder war, Dinge erzählt, die er noch nicht einmal seinen Kindern erzählt habe. Dass seine Brieftasche in letzter Zeit leer sei, denn der Stand von Felicia en Modesto Jaramillo sei nun geschlossen, und das Hostel sei nur in der Nacht vor dem Markttag voll belegt, er überlege sich schon, es ganz zu schließen, denn die Instandhaltung und das Putzen koste auch Geld, und Señor Meni habe gesagt, was er ihm beschreibe, sei eine typische geschäftliche Krise, und in geschäftlichen Krisen müsse man kreativ sein und neue Richtungen einschlagen. Edgar habe nicht verstanden, was er von ihm wollte, und dann habe Señor Meni gesagt: Morgen früh komme ich mit einem Plan zu Ihnen, wenn Sie mir jetzt das ganze Material, das Sie über diese Gegend hier haben, geben möchten, das wäre sehr hilfreich.
    Am nächsten Morgen habe Señor Meni ihm erklärt: Ihr Hotel läuft ganz okay, Ihr Problem ist, dass die Leute nur für den Markthierherkommen und nichts von den wunderbaren Dingen wissen, die man hier in der Gegend noch machen kann. Sie müssen jedem, der hierherkommt, erzählen, dass er mindestens eine Woche bei Ihnen bleiben sollte, um Otavalo wirklich zu erleben. Und Sie müssen Touren anbieten, gegen Bezahlung natürlich. Ach ja, und außerdem brauchen Sie eine Seite im Internet. So suchen nämlich ältere Touristen heute einen Ort zum Übernachten. Und genau diese Touristen brauchen Sie, denn die bringen Geld mit, zum Verschwenden. Aber wie soll ich das denn machen … Touren … Internet?, habe Edgar sich gefragt. Ihre Söhne, habe Señor Meni gesagt, ist einer von ihnen frei? Und Edgar habe erzählt, sein jüngerer Sohn sei jetzt mit der Schule fertig und tue gar nichts, fahre nur mit seinem Pick-up herum und belästige Touristinnen. Dann sorgen Sie dafür, dass er Ihnen ab nächster Woche zur Verfügung steht, habe Señor Meni gesagt. Und ich kümmere mich um die Sache mit dem Internet. Es gibt ein paar Leute in Israel, die mir noch einen Gefallen schuldig sind. Die machen das für Sie. Und auch eine schöne Liste mit Aktivitäten, die Sie an ihre Gäste verteilen können. Was für eine Vermittlungsgebühr nehmen Sie dafür?, habe Edgar gefragt, denn er hat mit den Jahren schon gelernt, dass ihm niemand etwas für umsonst gab. Nada , habe Señor Meni gesagt, und erklärt, dass er all die Jahre reichen Leuten geholfen habe, wirtschaftliche Krisen zu meistern, damit sie weiterhin den armen Leuten das Geld abnehmen können. Nun wolle er es einmal andersherum machen.
    Sogar die Rechnung für das Zimmer wollte Ihr Vater unbedingt bezahlen, sagt Edgar. Aber ich hab das nicht zugelassen. Er hat mir die Scheine in die Hemdtasche gesteckt, und ich habe sie ihm hinterhergeworfen und so ein furchterregendes Gesicht gemacht, als beleidigte er mich, da ist Ihr Vater … wirklich erschrocken … Edgar lacht laut, sein ganzer Körper vibriert beim Lachen, das langsam zu einem tief sitzenden Husten wird. Alfredo reicht ihm die Flasche chicha , und Edgar trinkt davon, bis sich der Husten beruhigt.
    Es klopft an der Tür, ein Pärchen blonder Wikinger zieht den Kopf ein und tritt ein. Sie fahren heute ab und wollen die Rechnung bezahlen. Edgar reißt ein Zettelchen vom Block, sie bezahlen und gehen. Fünf Nächte, sagt er und wedelt stolz mit den Scheinen. Die sind über das Internet gekommen. Sind mit Manuel auf dem Lastwagen in die Lagunas de Mojanda und nach Cotacachi gefahren. Genau wie ihr Vater das gesagt hat.
    Frag ihn … ob mein Vater erzählt hat, wohin er von hier aus weiterfahren wollte, bittet Dori, und Alfredo übersetzt.
    Edgar kneift die Augen zusammen, als versuche er, sich zu erinnern, doch nach ein paar Sekunden geht statt dessen sein Mund etwas auf, und ein leichtes Schnarchen ist zu hören. Alfredo berührt vorsichtig seinen Ellenbogen, schüttelt ihn dann etwas fester an der Schulter, und Edgar wacht auf. Sofort fängt er an zu reden. Seine Stimme ist etwas verändert, in seinen Augen – ein Traum, und Dori ist sich nicht sicher, ob er ganz wach ist.
    Ihr Vater –

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