Neulandexpedition (German Edition)
Wahrscheinlich lief es auch ganz anders ab: Die Gans verbrannte, der Weihnachtsbaum fackelte ab und die Geschenke bestanden aus Socken. Zumindest tröstete ich mich immer mit dieser Vorstellung.
Denn meine Heiligabende sahen anders aus. Daher hatte ich mich auch dieses Jahr bereits wieder mit meiner eierlikörbeduselten Mutter und ihrem aktuellen Lover vor dem Fernseher sitzen sehen. Glücklicherweise machten mir Jos Eltern überraschend einen Strich durch die trübe Rechnung.
Ende November verkündeten diese nämlich, dass sie über die Weihnachtstage und bis Silvester verreisen würden.
Wahrscheinlich deswegen, weil sie keine Lust auf den Kriegszustand unterm Weihnachtsbaum hatten. Denn der herrschte immer noch zwischen ihren Söhnen. Annäherung in der nächsten Zeit ausgeschlossen. Sie redeten nicht einmal mehr miteinander.
Damit machten mir Jos Eltern indirekt ein Weihnachtsgeschenk – das schönste überhaupt. Ja, Kitsch, Kitsch, aber es entsprach nun mal der Wahrheit.
Zwar lud Elias mich alle Jahre wieder zu sich nach Hause ein, doch wäre ich mir da, wie das fünfte Rad am Wagen vorgekommen. Weihnachten war eben Familienzeit. Auch, wenn er stets behauptete, ich würde ihn mit meiner Anwesenheit vor einem tödlich langweiligen Abend retten. Lügner, den Beweis, dass dem nicht so war, erhielt ich stets am ersten Weihnachtsfeiertag, wenn er mir ein frohes Fest wünschte.
Unauffällig hielt ich nun nach einem passenden Wichtelgeschenk Ausschau. Letzte Woche hatten wir nämlich die Namen ausgelost. Jo hatte Rony erwischt, ich Larissa. Ob die sich wohl über dicke, superflauschige Socken freuen würde? Der große Lacher war jedoch gewesen, dass Cosmo Elias und der wiederum Cosmo gezogen hatten. Cosmo hatte von Karma gesprochen, Elias von einem Arschtritt des Schicksals.
Gerade versuchte Cosmo Elias davon zu überzeugen, dass ihm ein kunterbunter Schal hervorragend stehen würde. Kategorisch wehrte Elias dies ab, dabei hätte er sich das Teil ohne Cosmos Einmischung wahrscheinlich selbst ausgesucht und gekauft. Zuzugeben, dass sie den gleichen Geschmack hatten, kam für Elias allerdings überhaupt nicht infrage. Ich war jetzt schon gespannt, was sich die beiden gegenseitig schenken würden.
Cosmo Elias vielleicht ein Lebkuchenherz oder ein Romantikwochenende und Elias Cosmo eine Handgranate? Ich ließ mich überraschen und würde das Schauspiel zurückgelehnt sicherlich genießen.
„Ich weiß nicht, wer mir mehr leidtun soll“, murmelte Johan und sah zwischen den beiden hin und her.
„Er mag ihn“, meinte ich und verschränkte unsere Finger miteinander.
„Ist nicht zu übersehen“, gab Jo zurück.
„Ich meine, Elias mag Cosmo“, erklärte ich ihm und erntete dafür einen verblüfften Blick. „Er würde es niemals zugeben, aber er mag ihn. Dafür kenn ich ihn zu gut. Cosmo kann ihn viel zu gut ärgern.“
„Gott, da kann ich ja nur froh sein, dass du mir auf eine andere Art deine Zuneigung gezeigt hast. Ich wäre durchgedreht“, grinste Jo und auch ich musste schmunzeln.
„Ja, mit mir hast du schon 'nen verdammt tollen Fang gemacht“, stimmte ich zu. Er blieb stehen, schlang die Arme um meinen Hals und meinte: „Das weiß ich.“ Und dann küsste er mich, mitten auf dem Weihnachtsmarkt vor aller Augen.
„Mistelzweig“, grinste er, als er sich wieder von mir löste. Ich sah über uns, und tatsächlich hing er dort am Dach einer Bude. Das musste ich mir auf jeden Fall merken und nachher hier noch mal eine Extrarunde mit Jo drehen.
„Und natürlich hast du das nur deshalb gemacht, hm?“, meinte ich und hob skeptisch die Brauen.
„Natürlich, sonst würde mir das doch nicht im Traum einfallen. Komm, dahinten gibt es Zuckerwatte.“ Damit zog er mich mit sich.
„Hast du noch nicht genug?“
Er blieb stehen, sah sich zu mir um, seine Augen blitzten hellgrau. „Nein, ich bin ein Nimmersatt, weißt du doch.“
Ja, das wusste ich, und ich war verdammt froh darüber.
Ende
Weitere Bücher der Autorin:
Geheimnisse der Drachenjäger - Seelenband
von Nico Morleen
Gay Fantasy and Dragons
ISBN: 978-3-942539-08-1
Jedes Kind im Mittelland träumt davon ein Drachenjäger zu sein, denn dieser Beruf verspricht Abenteuer, Reisen, Ansehen und Geld. Doch Rho kann dem ganzen Rummel nichts abgewinnen, denn seit Kindesbeinen plagt ihn eine Aversion gegen jegliche Drachenprodukte. Nun erbt ausgerechnet er den Drachenorden seines Vaters und damit die Verpflichtung,
Weitere Kostenlose Bücher