Neumond: Kriminalroman (German Edition)
sehen.«
Nina stimmte ihr zu. »Das macht so keinen Spaß, und gefährlich ist es noch dazu. Fahren wir lieber zurück ins Hotel.«
Morell atmete erleichtert auf. »Schade. Jetzt hatte ich mich gerade warmgefahren.« Er hoffte, dass keiner von den anderen den Zynismus in seinen Worten erkannte.
»Otto hat recht«, sagte Leander. »Ich bin auch gerade erst warm geworden. Wir können ja nochmal zurück in den Hexenkessel und dort was trinken«, schlug er vor. »Vielleicht wird das Wetter in der nächsten Stunde ja wieder besser, und wir können weiterfahren.«
Morell verfluchte sich innerlich, ließ sich aber nichts anmerken.
»Ich glaube nicht, dass es so schnell besser wird.« Nina musterte den Himmel, der mit dicken grauen Wolken verhangen war. »Im Gegenteil.«
Morell hätte sie küssen wollen. »Schade, aber ich glaube, Nina hat recht. Da kann man wohl nichts machen.« Er war heilfroh, dass in dem dichten Gestöber niemand sehen konnte, wie sehr er sich bemühen musste, ein fettes Grinsen zu unterdrücken.
Zurück in der Pension gönnte Morell sich eine heiße Dusche und kuschelte sich dann ins Bett. »Ein perfekter Nachmittag«, sagte er zu Valerie, klopfte sein Kopfkissen zurecht und griff nach dem Buch über Molekularküche, das auf seinem Nachttischkästchen lag.
»Ich hätte da so eine Idee, wie wir den Nachmittag noch perfekter machen können.« Valerie schenkte ihm ein vielsagendes Lächeln.
Er legte das Buch beiseite und brummte ein zufriedenes »Na, da bin ich ja mal gespannt«, als die lauschige Atmosphäre durch ein energisches Klopfen an der Tür gestört wurde.
»Wir tun einfach so, als wären wir nicht da«, flüsterte er und grinste.
Das Grinsen verging ihm jedoch schnell wieder, da der lästige Störenfried einfach nicht aufgeben wollte und die Tür weiterhin als Klopfbrett missbrauchte.
»Wir sollten aufmachen«, sagte Valerie. »Vielleicht ist es ja wichtig.«
Morell rollte mit den Augen, wälzte sich aus dem Bett und schlüpfte in eine bequeme Hose. »Wehe, es ist nicht wichtig.« Er riss die Tür auf.
»Wie siehst du denn aus?«, fragte eine überraschte Nina Capelli. »Zieh dir was Anständiges an. Wir haben zu tun.«
»Zu tun?«
»Hast du es schon vergessen?« Sie zeigte auf ihre Beule. »Wir wollten herausfinden, wer der Kerl im Wald war.«
»Ich muss mich um Valerie kümmern – immerhin ist es unser Urlaub«, zischte Morell. »Ich kann sie doch nicht ständig allein lassen.«
»Hey Valerie«, ergriff Nina die Flucht nach vorn und zwängte sich an Morell vorbei ins Zimmer. »Ist es okay, wenn ich Otto kurz entführe? Ich bringe ihn auch bald wieder zurück.«
Valerie zog einen Schmollmund. »Muss das wirklich sein?«
Nina nickte. »Spätestens zum Abendessen kriegst du ihn wieder.« Sie zwinkerte ihrer Freundin verschwörerisch zu. »Und so ein bisschen männerfreie Zeit tut doch auch ganz gut, nicht?«
»Von mir aus«, gab Valerie nach. »Ich habe ein paar spannende Bücher dabei, da kann ich ausnahmsweise auf Otto verzichten – aber morgen gehen wir dafür zum Rodeln!«
»Versprochen.« Nina streckte drei Finger in die Höhe, wandte sich dann an Morell und klatschte in die Hände: »Auf geht’s!«
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Morell draußen auf dem Parkplatz.
Nina ging zu ihrem Auto und öffnete die Tür. »Steig ein, ich erklär dir alles auf dem Weg.«
»Auf dem Weg wohin?«
»Das erzähl ich dir im Auto, oder willst du dir hier in der Kälte lieber den Hintern abfrieren?«
Obwohl es ihm nicht gefiel, einfach so verschleppt zu werden, ließ sich diesem Argument im eiskalten Schneetreiben nicht viel entgegensetzen. »Na gut, aber wenn mir dein Plan nicht zusagt, werde ich mich weigern.« Er setzte sich ins Auto und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich habe nachgedacht«, fing Nina an, nachdem sie den Wagen gestartet hatte. »Sabine Weigl wurde kurz nach dem Fund der Knochen getötet – vielleicht hängen die beiden Fälle ja zusammen.«
»Könnte sein, aber …«
Nina bog, ohne groß abzubremsen, nach rechts ab, und Morell wurde unsaft gegen die Autotür gepresst.
»Könntest du bitte vorsichtiger fahren?« Er starrte auf die Serpentinen, die sich vor ihnen den Berg hochschlängelten, und führte sich Ninas generellen Fahrstil vor Augen. »Ich möchte noch ein bisschen länger leben.«
Sie ignorierte ihn und bretterte weiter durch die Schneeflocken, die zum Glück etwas weniger wurden. »Da unser Freund Danzer
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