Neumond: Kriminalroman (German Edition)
lauten Hustenanfall über. »Und Sie sind?«, fragte sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte.
»Otto Morell, Mordermittlung«, stellte er sich vor.
»Mord?« Frau Gruber klopfte sich auf die Schenkel. »Das ist ja mal was!«
»Das war taktlos«, sagte die Elfe leise. »Mord ist …«
»Geh, Kindchen, nun stell dich nicht so an«, fiel Gruber ihr ins Wort. »Ich hatte schon Angst, dass die Langeweile mich umbringt, bevor es meine Lunge tun kann. Da kommen mir eine Mordermittlung und ein fescher Mann grade recht. Kommen Sie, Herr Morell, setzen Sie sich.« Sie zeigte auf einen freien Stuhl links von ihr.
Morell tat wie ihm geheißen. Es konnte nicht schaden, sich mit den drei Frauen zu unterhalten. Wenn ihnen öfters mal langweilig war, hatten sie ja vielleicht etwas beobachtet.
»Wunderbar.« Frau Gruber tätschelte seinen Oberschenkel. »Dann lassen Sie mal hören – und bitte sparen Sie nicht an den Details. Ich teile derweil die Karten aus. Sie spielen doch Bridge?«
»Ich kenne zwar die Regeln, bin aber kein guter Spieler.«
»Das macht nichts«, warf Frau Hanauer ein. »Hauptsache, wir können endlich wieder Bridge spielen. Seit unsere vierte Spielerin, Frau Hölzel, vor einigen Tagen gestorben ist, müssen wir Poker spielen. Und dabei ist Poker doch so ein vulgäres Spiel. Finden Sie nicht auch?«
Morell zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht … Ich bin kein großer Kartenspieler. Meine Freizeit verbringe ich lieber im Garten.«
»Tja«, sagte Frau Hanauer. »Der Tag wird kommen, an dem Ihr Rücken und Ihre Gelenke der harten Gartenarbeit nicht mehr gewachsen sind, dann müssen Sie sich auch ein anderes Hobby suchen.«
»Ach Adelheid, jetzt sei nicht so ein Grantscherben!« Frau Gruber wedelte mit der Hand in der Luft herum, als könne sie so Frau Hanauers Worte verscheuchen. »Hören Sie nicht auf sie«, wandte sie sich an Morell. »Sie will ja nicht sagen, warum sie hier ist, aber ich bin mir sicher, dass es wegen chronischen Humorversagens ist.«
»Kannten Sie Schwester Sabine Weigl?«, versuchte Morell, die Situation zu entschärfen, bevor ein Hühnerkampf ausbrach.
»Aber natürlich.« Gruber teilte Karten aus. »Für meinen Geschmack etwas zu zart, aber ansonsten eine nette Person. Sie wollen doch nicht etwa sagen, dass SIE …?« Sie riss den Mund auf, konnte aber nicht mehr weitersprechen, da sie von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt wurde, der sich anhörte, als würden sich gleich Stückchen ihrer Lunge über den ganzen Tisch verteilen.
Der akute Ekel, der Morell angesichts dessen befiel, wich schnell dem Gefühl von Besorgnis, als Grubers Gesichtsfarbe von rot zu hellviolett und schließlich ins leicht Bläuliche wechselte. »Sollen wir nicht Hilfe holen?«, fragte er und überlegte, wie lange sein letzter Erste-Hilfe-Kurs schon her war. Wie war das nochmal gleich mit der stabilen Seitenlage?
»Das kommt davon, wenn man jeden Tag mindestens zwei Schachteln raucht.« Hanauer streckte völlig ungerührt ihren Zeige- und Mittelfinger in die Luft und tat so, als würde sie an einer Zigarette ziehen. »Eine scheußliche Angewohnheit. Aber keine Sorge – das legt sich wieder«, fügte sie hinzu, als sie Morells bestürztes Gesicht sah. »Bitteschön!« Sie schob ihm seine Karten hin.
»Sie hat recht«, hauchte Frau Salm. »Es klingt schlimmer als es ist. Am besten, Sie hören einfach nicht hin.«
Wie konnte man es einfach ignorieren, wenn sich jemand die Seele aus dem Leib hustete? »Ist Ihnen in letzter Zeit irgendetwas an Schwester Sabine aufgefallen? Wirkte sie vielleicht nervös oder ängstlich?«, versuchte er es.
»Das hier ist eine sehr exklusive Einrichtung«, erklärte Hanauer in einem Tonfall, der jedem Oberlehrer zur Ehre gereicht hätte. »Das Personal muss sich dementsprechend verhalten und darf den Patienten nicht mit seinen Befindlichkeiten zur Last fallen.«
»Teuer genug ist die Bude ja.« Grubers Hustenanfall hatte endlich aufgehört, und sie fasste sich atemlos an die Brust. »Aber reden Sie doch mal mit Dr. Bertoni, der weiß sicher mehr.« Sie machte ein Geräusch, das so klang, als würde Kater Fred einen Haarball hochwürgen. Morell, der sich schon auf einen erneuten Hustenanfall gefasst machte, war erleichtert, als er merkte, dass sie nur dreckig lachte.
»Hör auf, böse Gerüchte zu verbreiten«, rügte Frau Hanauer und sortierte ihre Karten.
»Nein, schon gut. Ich bin für jede Information dankbar.«
Frau Gruber, deren Gesichtsfarbe
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