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Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Neumond: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Motiv genug …«
    Hölzel schlug mit beiden Händen so fest auf den Schreibtisch, dass einige Dokumente hinunterfielen. »In was für einem Staat leben wir hier eigentlich? Nur weil man seine völlig horrenden Steuern einmal nicht bezahlen kann, wird einem gleich die Polizei mit verrückten Anschuldigungen auf den Hals gehetzt. Aber ich schwöre Ihnen, ich lasse mich nicht einschüchtern.« Er griff zu seinem Handy. »Ich rufe jetzt meinen Anwalt an.«
    »Wo waren Sie, als Ihre Mutter starb?«, fragte Morell todesmutig.
    » RAUS !«, war alles, was Hölzel noch herausbrachte. »Auf der Stelle. Sonst lasse ich Sie rauswerfen! Und zwar hochkant!«
    Morell sah ein, dass es wohl besser war, zu verschwinden. Nur ungern wuchtete er sich aus dem Wolkensessel und verließ das Büro.
    Unten in der Lobby stieß er beinahe mit der Nerzlady zusammen. Sie hatte sich in der Zwischenzeit umgezogen und trug nun einen kurzen Rock, noch höhere Schuhe und dazu ein Jäckchen aus Kaninchenfell. Als sie ihn sah, nahm sie ihre Sonnenbrille ab und zwinkerte ihm zu. »Dazu habe ich auch noch die passende Haube und einen Muff.« Mit einem dicken Grinsen im Gesicht stöckelte sie auf die Straße hinaus und ließ den verdatterten Morell einfach stehen.

26
    Die Frau, die sich als Gudrun vorgestellt hatte, hängte ein ›Bin-kurz-weg-Schild‹ in die Tür und zog sich ein dünnes Jäckchen aus blauem Plüsch über.
    »Sie müssen nicht extra …«, setzte Leander an.
    »Kein Problem. Ist eh nichts los. Bevor ich Ihnen lange den Weg beschreibe, ist es einfacher, wenn ich Sie schnell hinbringe.« Sie schloss die Tür ab, verließ mit Leander im Schlepptau die Einkaufsmeile und stapfte in ihren leichten Pumps durch den Schnee.
    Leander wurde allein bei ihrem Anblick schon kalt.
    Gudrun, der die Kälte nichts auszumachen schien, lotste ihn von der Hauptstraße weg und führte ihn durch ein Gewirr von kleinen verwinkelten Gassen. Dieser Teil des Dorfs, der etwas abseits vom touristischen Zentrum lag, bestand zum größten Teil aus alten Fachwerk- und Schieferhäusern, die ohne aufdringliche Beleuchtung oder übermäßiges Dekor auskamen. Keine blinkenden Reklameschilder verursachten Lichtverschmutzung, und keine bunten Plakate entstellten die traditionellen Fassaden.
    »Das ist aber schön hier«, sagte Leander und genoss den Spaziergang über das holprige Kopfsteinpflaster.
    Gudrun zeigte auf ein charmantes kleines Häuschen am Ende einer Gasse. »Da wären wir. Bei Irmgards Tüchern werden wir sicher fündig. Sie batikt sie selbst.«
    Als Leander das Wort ›Batik‹ vernahm, schwante ihm Schlimmes, und als er Irmgards Laden betrat, wurden seine Erwartungen auch nicht enttäuscht, sondern weitaus übertroffen: Alles war so bunt, als hätte eine Horde Regenbogenponys auf LSD hier drinnen eine Orgie gefeiert. Er würde seine Augen mit Chlor auswaschen müssen, um die grellen Farben wieder von seiner Netzhaut zu kriegen.
    »Gudi, was für eine nette Überraschung. Was führt dich denn um diese Zeit hierher?« Irmgard entsprach so ziemlich jedem Vorurteil, das Leander jemals über batikende Frauen gehabt hatte: Ihr Haar war mit Henna getönt, um ihren massigen Körper wallte ein sariartiges Gewand aus violettem Samt, und um ihren Hals baumelte ein großes indianisches Amulett.
    »Der arme Herr sucht ganz verzweifelt nach einem Geburtstagsgeschenk für seine Freundin. Bei mir hat er nichts gefunden, darum dachte ich, wir schauen mal bei dir vorbei.« Sie schenkte Leander ein aufmunterndes Lächeln. »Keine Sorge, ich werde nicht eher ruhen, bis wir das perfekte Geschenk gefunden haben.«
    Leander wusste nicht, ob er das als nettes Versprechen oder Drohung sehen sollte.
    »Was ist mit diesem?« Irmgard griff zielsicher nach einem pinken Tuch, das mit blauen Kreisen übersät war.
    Leander schüttelte den Kopf. »Eher nicht.«
    »Vielleicht etwas in der Richtung?« Sie hielt ihm einen gelben Schal mit giftgrünen Sprenkeln vor die Nase.
    »Weniger. Gibt es vielleicht auch andere Farben. Irgendetwas dezenteres?«
    Irmgard und Gudrun starrten ihn an, als hätten sie dieses Wort noch nie in ihrem Leben gehört.
    »Schwarz-weiß vielleicht?«, versuchte er, sich klarer auszudrücken.
    »Schwarz und weiß sind gar keine Farben, Schätzchen.« Irmgard tätschelte seinen Oberarm. »Und um es gleich vorwegzunehmen: so traurige Dinge wie beige und grau gibt es bei mir auch nicht.«
    »Grau steht für Langeweile und Lebensangst«, erklärte Gudrun. »Und bei

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