Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
Vom Netzwerk:
Tuch ihre Stirn betupfte. »Was machst du überhaupt hier?«, fragte sie unwillig, drehte den Kopf zur Seite und starrte die Tür an.
    Sie war nur angelehnt, und das Deckenlicht im Flur drang durch den schmalen Spalt und malte einen schnurgeraden Lichtkegel auf den Teppichboden in ihrem Zimmer.
    »Du hast geschrien«, sagte Paula. »Es war … markerschütternd. Dein Vater und ich saßen kerzengerade im Bett. Ich kann mich nicht erinnern, dass Gunnar jemals so schnell auf den Beinen war«, fuhr sie mit sanfter Stimme fort. »Unser erster Gedanke war natürlich, dass jemand in der Wohnung ist.«
    »Rouben?«
    »Nein.« Paula klang überrascht. »Ein Einbrecher. – Aber auch das war ziemlich absurd. Wir wohnen im vierten Stock ohne Balkon. Wie und warum sollte jemand ausgerechnet in unsere Wohnung eindringen?«
    »Ja«, sagte Jolin. Plötzlich konnte sie die Nähe ihrer Mutter nicht mehr ertragen. Paulas Wärme, ihr Schlafgeruch, das feine Kitzeln ihrer Locken auf Jolins nackter Schulter, all das löste ein Gefühl von heftiger Abwehr in ihr aus. »Warum lasst ihr mich nicht einfach in Ruhe?«, murrte sie und rückte noch ein Stück weiter auf die Bettkante zu.
    »Weil wir sehen, dass es dir nicht gutgeht, dass du dich uns gegenüber immer mehr verschließt.« Paula seufzte leise. »Und das ist ziemlich schwer auszuhalten.«
    »Das ist nicht mein Problem«, sagte Jolin.
    Sie hörte, wie ihre Mutter geräuschvoll Luft in ihre Nase zog.
    »Da hast du recht«, erwiderte Paula schließlich. »Aber du kannst uns auch nicht verbieten, uns um dich zu sorgen.«
    »Es gibt aber nichts, worüber ich mit euch reden will.« Beinahe hätte Jolin mit dir gesagt, im letzten Augenblick kriegte sie zum Glück noch die Kurve, sie wollte kein Porzellan zerschlagen, sie wollte auch nicht, dass sich die Situation zwischen Paula und ihr wieder zuspitzte, sie wollte einfach nur ihre Ruhe.
    »Das hab ich schon verstanden«, sagte ihre Mutter. »Dummerweise hatte ich keine Stöpsel im Ohr, als ich in dein Zimmer kam.«
    Jolin fuhr herum. »Was soll das heißen? Etwa, dass ich im Schlaf gesprochen habe?«
    Paula hob die Hände und sah ihre Tochter zerknirscht an. »Tut mir leid, aber diesmal bin ich wirklich unschuldig.«
    Jolin wandte sich wieder ab. »Okay«, sagte sie. »Okay.« Sie schob ihre Hand unter das Kopfkissen. »Und was hab ich gesagt?«, fragte sie gegen die Zimmertür.
    »Rouben«, war Paulas Antwort. »Es klang ziemlich verzweifelt. Offenbar wolltest du ihn von etwas abhalten.« Die Frage, die darin mitschwang, war nicht zu überhören.
    Jolin schloss die Augen. Sie konnte sich wirklich nicht mehr daran erinnern, irgendwas geträumt zu haben, und selbst wenn, mit ihrer Mutter würde sie ganz sicher nicht darüber sprechen. »Keine Ahnung«, sagte sie. »Es kann also nicht so wichtig gewesen sein.« Sie schlug die Decke zurück und setzte sich auf.
    »Hmm«, machte Paula hinter ihr. »Deshalb hast du wahrscheinlich auch so geschwitzt.«
    Jolins Wangen glühten, und ein feines, eiskaltes Rinnsal aus Schweiß perlte aus ihrer Halsgrube hervor, bahnte sich seinen Weg über ihr Brustbein und verschwand in ihrem Bauchnabel. Hastig drückte sie ihr Nachthemd dagegen; der Stoff war jedoch so feucht, dass er keine Nässe mehr aufnehmen konnte.
    »Du solltest dir lieber etwas Trockenes anziehen«, sagte Paula leise.
    Jolin krallte ihre Fingernägel in die Matratzenkante. Und du solltest endlich deine Klappe halten, dachte sie, holte tief Luft und nickte. Je weniger Widerstand sie leistete, desto eher würde sie ihre Mutter wieder los sein. »Mach ich … sobald du ….«
    »Gut.« Die Matratze wogte auf und ab. Aus dem Augenwinkel verfolgte Jolin Paulas Schemen, der langsam um das Fußende herumtappte und schließlich vor ihr stehen blieb.
    »Ich hoffe, du redest wenigstens mit Anna«, sagte sie. Ihre Füße ragten blass und knochig aus den Hosenbeinen ihres karierten Flanellschlafanzugs hervor. Das Tuch, mit dem sie ihrer Tochter den Schweiß von der Stirn getupft hatte, hielt sie noch immer in der Hand. Auf eine rührende Weise sah sie klein und hilflos aus.
    Jolin fühlte sich unbehaglich. Sie spürte, dass sie alles falsch machte, aber sie wusste auch nicht, wie sie es korrigieren könnte. Paula sollte nicht leiden. Sie nicht, Gunnar nicht und auch sonst niemand. Mit Anna war das einfacher. Die hatte sich längst ihr Bild gemacht, und inzwischen fand Jolin es nicht mehr sonderlich schwer, es für die Freundin aufrechtzuerhalten.

Weitere Kostenlose Bücher